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Ein Ohr für die Einsamen : Berliner Landespolitiker nehmen Anrufe bei der Hotline „Silbertelefon“ entgegen

Die Hotline will älteren Menschen in der Coronakrise beistehen. In dieser Woche setzen sich Franziska Giffey, Kai Wegner und andere Landespolitiker an die Hörer.

Ein Ohr für die Einsamen : Berliner Landespolitiker nehmen Anrufe bei der Hotline „Silbertelefon“ entgegen

Franziska Giffey hörte sich am Mittwoch die Sorgen der Anrufer an.Foto: Schärf/Silbernetz

„Das war schon heftig, meine Güte!“ Kai Wegner sitzt am Mittwochvormittag in der Weddinger Silbernetz-Zentrale und hat gerade aufgelegt. Einige Male hätte er überlegt, ob er das Gespräch abgeben solle, erzählt der Berliner CDU-Fraktionschef in der kurzen Pause danach. Weinend habe ihm eine ältere Frau aus ihrem Leben berichtet, von Einsamkeit und Depressionen. Fast nur zugehört habe er, nach den Kindern gefragt, aufgemuntert. Am Schluss hatte er den Eindruck, dass der Dame das Reden gutgetan habe.

Einsamkeit ist das Hauptthema der kostenlosen Hotline für Menschen über 60 Jahre. Und vor der schützen auch Kinder nicht, wie Celeste Copes, Leiterin des Netzwerks, mit Blick auf den Anruf kommentiert. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit wird das Problem akut. Darum setzt sich in dieser Woche das Spitzenpersonal der Berliner Politik an den Hörer.

Jeweils für eine Stunde waren am Mittwoch neben Wegner Berlins designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion, am Hörer. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch will am Freitag kommen. Journalist:innen dürfen live dabei sein, doch die Stimmen der Anrufenden hören sie nicht, sie sollen anonym bleiben.

Gegen 12.30 Uhr setzt Franziska Giffey das Headset auf: „Hier ist Katharina Löwenstein, was kann ich für Sie tun?“ Alle Mitarbeitenden würden Pseudonyme benutzen, das hatte man ihr vorher erklärt. Man müsse die Distanz wahren, sagt die Gründerin Elke Schilling. Danach hört man lange nichts mehr – wie üblich an einem Sorgentelefon. Man ahnt die Problemlage an Giffeys Nachfragen. Es dreht sich um die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten in der Corona-Zeit. „Ach je, das tut mir leid!“

„Man hat richtig gemerkt, wie sehr er das Gespräch braucht.“

Danach habe sich jemand mit einem unglaublichen Redefluss gemeldet, berichtet Giffey später. „Man hat richtig gemerkt, wie sehr er das Gespräch braucht.“ Am Ende habe er sich bedankt und gesagt, dass er sich besser fühle. Was sie von ihrer Stunde am Sorgentelefon mitnimmt, fasst die Politikerin in einem Satz zusammen: „Wenn alle mehr miteinander reden und zuhören, das hilft in den meisten Fällen.“

Als dritter Politiker kam am Nachmittag Sebastian Czaja in die Silbernetz-Zentrale. Die Menschen seien miteinander so vernetzt wie nie und litten dennoch unter Einsamkeit, schreibt er in einer Mitteilung. Besonders die Älteren. Man dürfe die Menschen in der Pandemie nicht länger vernachlässigen. Deshalb unterstützt Czaja Angebote wie das Silbertelefon.

Gründerin Schilling ist am Mittwoch ebenfalls vor Ort: „Wir erwarten demnächst den 300 000. Anruf“, sagt sie. Schilling freut sich über den Erfolg ihres Projekts, das sich nach langen Bemühungen im September 2018 formierte. Großes Vorbild ist die britische „Silver Line“, die rund um die Uhr für die Probleme älterer Inselbewohner:innen besetzt ist. So weit sei man hierzulande noch nicht, sagt Schilling.

Durch die hohe Auslastung ist das Projekt bundesweit gewachsen

Täglich ist die Hotline von 8 bis 22 Uhr besetzt, nur das Feiertagstelefon von Weihnachten bis Silvester nimmt Anrufe rund um die Uhr an. Die hohe Auslastung habe das Projekt bundesweit wachsen lassen. Durch viele Spenden konnte die Hotline personell besser aufgestellt werden. Den Rekord von 4800 Anrufen zählte Schilling in einer Novemberwoche.

Auf einer Deutschlandkarte im Büro hat sie das Wachstum ihres gemeinnützigen Netzwerkes mit farbigen Punkten dokumentiert. Obwohl das Projekt in Berlin geboren ist, rufen mittlerweile fast genauso viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen an. Viele Anrufer freuten sich, „wenn sie Gesprächspartner aus der Region haben“.

Das Silbertelefon beschäftigt 20 hauptamtliche Mitarbeiter:innen und bundesweit rund 40 Ehrenamtliche. Zusätzlich pflegen 220 Freiwillige die sogenannten Silbernetz-Freundschaften. Dabei kontaktieren Aktive einmal in der Woche eine bestimmte Person, die eine stärkere Fürsorge nötig hat.

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„Ein Anruf kostet im Schnitt 1,27 Euro“, rechnet Elke Schilling vor. Wegen dieser und vieler anderer Kosten bleibe man auf Spenden angewiesen – das Land Berlin trage ungefähr 15 Prozent der Kosten. Um allen Anrufenden ein Ohr zu schenken, wurde die Gesprächsdauer pro Tag auf 20 Minuten begrenzt.

Doch nicht immer wird es so schwierig, sagt Schilling: Manche Menschen würden einfach nur anrufen, um die beruhigende männliche Stimme in der Warteschleife zu hören.

Das Silbertelefon für Menschen ab 60 Jahre ist erreichbar von 8 bis 22 Uhr unter: 0800 4708090

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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