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Immer mehr Länder heben Impfpriorisierung auf : „So dürfen wir mit dem knappen Gut nicht umgehen“

Dass in einigen Ländern nun jeder einen Impftermin erhalten kann, sieht die Chefin des Ärzteverbandes Marburger Bund kritisch. Dies bevorteile Drängler.

Immer mehr Länder heben Impfpriorisierung auf : „So dürfen wir mit dem knappen Gut nicht umgehen“

In einigen Ländern ist die Impfpriorisierung beim Hausarzt bereits aufgehoben worden.Foto: dpa/Christoph Schmidt

Bayern, Baden-Würrtemberg haben die Impfpriorisierung in den Arztpraxen bereits aufgehoben, andere Länder kündigten es für die kommende Woche an. „In dem Moment, wo in den Hausarztpraxen ausreichend Impfmaterial da ist, kann der Hausarzt das entscheiden“, erklärte beispielsweise der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“.

Schon jetzt gebe es Hausärzte, die in der Entscheidung freier sind. Die Impfpriorität der Ständigen Impfkommission diene aber als Orientierung.
„In Impfzentren, die wir auch dauerhaft aufrechterhalten für die nächsten Monate, wird entlang der Impfpriorisierung weitergeimpft, bis genügend Impfstoff da ist“, sagte Ramelow weiter. Außerdem würden auch die Impfungen in Betrieben vorbereitet.

Zahlreiche Mediziner sind nicht glücklich mit der Entscheidung, die Impfpriorisierung fallen zu lassen. So warnte unter anderem die Chefin des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, davor. Dadurch gebe es nicht mehr Impfstoff, „sondern einfach noch mehr Menschen, die um ein knappes Gut konkurrieren“, sagte Johna am Montag im Deutschlandfunk.

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Wer besonders drängele komme dadurch möglicherweise früher zum Zug, als Menschen, die besonders geschützt werden müssen. Schon jetzt fühlten sich viele niedergelassene Ärzte „wie die letzte Mauer“ bei der Impfstoffvergabe.

Ähnliches zeichnet sich gerade in Tschechien ab: Dort können sich seit Montag alle Menschen ab 40 Jahren für einen Corona-Impftermin registrieren. Zu Beginn in der Nacht führte der große Andrang für knapp eine Stunde zum Kollaps des Online-Anmeldesystems. Inzwischen laufe wieder alles normal, teilten die Betreiber mit. Ministerpräsident Andrej Babis hatte die Nachfrage mit einem Tweet selbst angeheizt: „Ihr seid eine starke Altersgruppe und ich hoffe, dass ihr die Registrierung im Sturm nehmt“, schrieb er kurz vor Mitternacht bei Twitter.

Zugleich warten mehr als 100 000 Senioren immer noch auf einen Impftermin bei ihrem Hausarzt. Die Impfzentren befinden sich fast ausschließlich in großen Städten

Die Impfpriorisierung habe nicht nur die Menschen vorgezogen, die ein Risiko hatten schwer zu erkranken – sondern habe auch Menschen mit einem geringeren Risiko eine Vorstellung davon gegeben, wann sie drankommen, sagte Johna.

Freigabe der Impfstoffe schüre falsche Hoffnungen

„Wenn ich jetzt gleichzeitig allen Menschen die Vorstellung gebe, sie könnten drankommen, gleichzeitig aber das Gut so knapp ist, dass das gar nicht möglich ist, führt das doch zu Frustration.“ Mit Blick auf möglicherweise verkürzte Impfabstände, um etwa früher in den Urlaub zu kommen, sagte Johna: „Das ist einfach medizinisch nicht sinnvoll und so dürfen wir mit dem knappen Gut nicht umgehen.“

Ethikratsmitglied Andreas Lob-Hüdepohl vertritt eine ähnliche Auffassung: Es verstoße gegen das Prinzip der Gerechtigkeit, „die noch nicht durchgeimpften Personen mit höherer Dringlichkeit dem Windhund- und Ellenbogenprinzip auszusetzen“, sagte der Berliner Theologe im Interview mit „Welt“.

Auch der Berliner Allgemeinmediziner Wolfgang Kreische äußerte sich am Montag kritisch im Deutschlandfunk. Seit etwa vier Wochen klingele das Telefon in seiner Praxis so häufig, dass er die Terminvergabe für Impfungen an einen externen Dienstleister ausgelagert habe. Anders gehe es nicht mehr.

Die Impftermine für die kommenden sechs Wochen seien ausgebucht, betont er. In dieser Situation die Priorisierung aufzuheben, hält er für falsch.

„Man hat zu uns keinerlei Kontakt aufgenommen und es gab keinerlei Absprachen – insofern sind wir von der Politik mehr als enttäuscht im Moment. Ich habe manchmal den Gedanken, es geht hier schon um Wahlkämpfe, sodass wir als Hausärzte jetzt den Schwarzen Peter haben und das ganze Problem managen müssen “ (tsp)

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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