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„Was ist los mit Jaron?“ : Video soll Pädagogen für Signale auf Missbrauch sensibilisieren

Viele Lehrer erkennen nicht, dass Schüler Missbrauchs-Opfer sind. Um das zu ändern und den Umgang mit dem Thema zu schulen, bietet ein neues Video Hilfe.

„Was ist los mit Jaron?“ : Video soll Pädagogen für Signale auf Missbrauch sensibilisieren

Die Fallzahlen bei Kindesmissbrauch sind sehr hoch.dpa

Jaron ist ungefähr elf Jahre alt, missmutig sitzt er über seinem Schulheft. Er beteiligt sich seit einiger Zeit kaum noch am Unterricht, ärgerte jüngere Schüler und hat einen roten Fleck am Hals. Eine Lehrerin hat das alles bemerkt, sie setzt sich neben Jaron und fragt vorsichtig, was los sei, ob er Probleme habe. Es ist der feinfühlige Beginn eines Gesprächs, das irgendwann zur entscheidenden Antwort führt: Jaron wurde sexuell missbraucht.

Jaron ist ebenso eine digitale Kunstfigur wie seine Lehrerin. Aber der Name Jaron steht für eine Fortbildung, die Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, als „Riesenprojekt“ bezeichnet.

Aufklärung für Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter

Das vierstündige Video mit dem Titel „Was ist los mit Jaron?“ ist eine umfassende Aufklärung für Lehrer, Erzieher, Sozialarbeiter – also für alle Menschen, die an Schulen arbeiten. Das Projekt soll diese Mitarbeiter ans Thema „Schutz vor sexuellem Missbrauch“ heranführen. Geschützt werden sollen die Schüler durch viel Aufmerksamkeit und einfühlsames Verhalten und Nachfragen. Ein Art menschliches Frühwarnsystem.

Das Projekt ist eine Gemeinschaftsarbeit, beteiligt sind neben Rörig alle Kultusminister aus den 16 Bundesländern. Am Donnerstag hat Rörig „Was ist los mit Jaron?“ mit Britta Ernst, der Bildungsministerin von Brandenburg und Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, vorgestellt. Rörig hofft, „dass alle Lehrer und Lehrerinnen in Deutschland“, insgesamt rund eine Million Pädagogen, sich die digitale Aufklärung anschauen. Ein simpler Klick auf den Link genügt.

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Statistisch gesehen sitzt ein Opfer sexueller Gewalt in jeder Schulklasse

In jeder Schulklasse in Deutschland sitzt statistisch gesehen ein Opfer sexueller Gewalt. “Schulen sind Ort der Prävention gegen sexuelle Gewalt”, sagte Rörig. „Dort kann man alle Kinder und Jugendlichen erreichen, dort erhalten sie Schutz, dort kann man sie an die entsprechenden Experten weiterleiten.“ Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter seien täglich in Kontakt mit ihren Schülern, sie könnten jede Veränderung wahrnehmen.
Aber erstmal müssen die Mitarbeiter überhaupt erkennen, dass diese Veränderungen auch Reaktionen auf sexuellen Missbrauch sein können. Und dann? Wie spricht man die Schüler einfühlsam an? Wie tastet man sich an das Thema heran? Wie reagiert man auf Schüler, die aus Scham, aus Angst, aus absoluter Verunsicherung schweigen?

Wo endet die Verantwortung der Pädagogen?

Vor allem aber: Wo endet die Grenze des Verantwortungsbereichs der Pädagogen? Wann müssen sie einen Fall an die Experten in Jugendämtern und Beratungsstellen übergeben? Die Antworten liefert der vierstündige Aufklärungsfilm. Für Rörig sind es „vier goldene Stunden für die betroffenen Mädchen und Jungen, denen man dadurch helfen kann“.

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Unter den Videos gibt insgesamt zwei Kurse: einen für Grundschulen, einen für weiterführende Schulen. Beide sind jeweils vier Stunden lang. Die Kurse gehen auf die altersspezifischen Fragen und Probleme der Schüler ein. „Wenn ältere Schüler rebellieren, erzeugt das eher Abwehr- als Hilfsreflexe“, sagte Rörig.

Missbrauch kann der Grund für Rebellion sein

Mitunter könnte Missbrauch der Grund für eine Rebellion sein. Sollten Lehrer oder Erzieher emotional überfordert sein mit dem Thema, weil sie sich vorwerfen, Anzeichen von Missbrauch nicht früher erkannt zu haben, können sie sich an Schulpsychologen wenden. Die bieten Hilfe.

Für Britta Ernst ist das Projekt enorm wichtig. „Ich bin froh, dass wir dieses Konzept haben“, sagt sie. „Da es digital vorliegt, ist es auch leicht zu nutzen.“ Auch Maria Brinkmann, Leiterin einer Förderschule in Göttingen, war bei der Präsentation anwesend. Sie hat sich das Video bereits angesehen. „Ich bin begeistert“, sagte sie. „Es bietet unheimlich viel Hilfe.“

Hilfe, vor allem frühzeitige, hätten auch einige Kinder und Jugendliche an Brinkmanns Schule nötig gehabt. „Ich kann sofort zehn Namen von Kindern und Jugendlichen nennen, die Opfer schwerer sexueller Gewalt wurden“, sagte die Pädagogin. „Die wären froh gewesen, wenn sie sensibilisierte Lehrer gehabt hätten.“

„Was ist los mit Jaron?“ bietet also eine wichtige Grundlage, um nicht nur Pädagogen über sexuellen Missbrauch aufzuklären, sondern die Gesellschaft allgemein. Falls Sie sich genauer über das Thema informieren wollen, finden Sie hier das Link zum Video.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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