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Warum wir unsere Hände genauso trainieren sollten wie Bauch, Beine und Po

Warum wir unsere Hände genauso trainieren sollten wie Bauch, Beine und Po

Mit den Händen können wir nicht nur fühlen, sondern auch Gefühle ausdrücken, z. B. Zusammenhalt
Foto: Stefano Garau – stock.adobe.com

Die Bettdecke zurückschlagen, den Schlafanzug ausziehen. Gesicht waschen, Haare kämmen. Radio anmachen, das Frühstücksbrot bestreichen, Orangensaft auspressen. Ganz banale Tätigkeiten, die wir ohne nachzudenken ausführen. Vorausgesetzt, die Alleskönner unseres Körpers funktionieren: die Hände.

„Die Hände sind unser wichtigstes Körperteil, weil sie so viele unterschiedliche Funktionen haben“, sagt Dr. Michael Lehnert (54). Nehmen und geben, greifen und halten, ziehen und werfen und vieles mehr machen sie uns möglich.

Hinzu kommt das Tasten und Fühlen: „In keiner anderen Region des Körpers findet sich auch nur annähernd diese Dichte an Nervenzellen“, erklärt der Berliner Orthopäde und Handspezialist. Dadurch können Hände zum Beispiel die Augen ersetzen, indem sie Gegenstände ertasten. „Sie helfen uns auch dabei, uns mitzuteilen, durch schreiben, tippen und Gesten.“

Nicht zu vergessen die breite Palette an Gefühlen, die wir mit den Händen ausdrücken können, vom liebevollen Streicheln bis zum wütenden Stinkefinger.

Damit die Hand diese Funktionen einwandfrei ausführen kann, müssen ihre verschiedenen Strukturen perfekt zusammenarbeiten: „Die Hand ist ein komplexes Gebilde aus 27 Knochen, rund 30 kleinen Muskeln, ca. 20 Sehnen und drei Hauptnerven, die sich in eine Vielzahl kleinerer Nerven verästeln“, erklärt Lehnert. Hinzu kommt noch die Haut mit ihren Berührungs- und Druckrezeptoren. Sobald ein Teil dieses Systems nicht richtig funktioniert, gerät alles aus der Balance – und plötzlich ruft jeder Handgriff Schmerzen hervor.

Soweit muss bzw. sollte es aber gar nicht kommen, betont der Mediziner. „Wir quälen uns in Fitnessstudios oder laufen endlos lange Runden durch den Park, um Bauch, Beine und Po in Form zu halten – aber an unsere Hände denken wir nicht. Dabei brauchen sie genauso viel Training!“

Warum muss ich meine Hände trainieren?

„Um die Funktionsfähigkeit unserer Hände zu erhalten, müssen wir sie in vollem Umfang nutzen und Gelenkigkeit und Muskulatur durch Handgymnastik trainieren“, erklärt Lehnert. „Wer schon mal einen Gips hatte, der weiß: Muskeln, Bänder und Sehnen können verkümmern, wenn sie nicht regelmäßig genutzt werden.“ Was zu Fehlbelastungen führen kann, die früher oder später Schmerzen hervorrufen.

Dieses Phänomen wird durch unser technologisiertes Leben verstärkt: „Uns geht zum Beispiel der klassische Schließgriff verloren: Autotür oder Garagentor öffnen wir per Knopfdruck, für die Bürotür gibt es meist Chipkarten. Immer seltener wird ein Schlüssel benötigt – und plötzlich kann das Herumdrehen eines Schlüssels im Schloss zu einer schmerzhaften Herausforderung werden.“

Warum wir unsere Hände genauso trainieren sollten wie Bauch, Beine und Po

Dr. Michael Lehnert (54) (Foto: © Christian M. Weiss/Südwest V)

Deshalb gilt: Nicht jede technische Erleichterung muss zwangsläufig immer genutzt werden! Das Telefon mal wieder eine Weile ans Ohr halten, statt sofort auf Lautsprecher zu stellen. Keinen elektrischen Dosenöffner kaufen, sondern weiter den mechanischen nutzen.

Ein weiteres Problem: „Wir kommen mit ca. 30 Prozent der Funktionen unserer Hände wunderbar durchs Leben. Das bedeutet aber, dass 70 Prozent ungenutzt sind, gerade im Bereich der Beweglichkeit, deren Grenzbereiche wir kaum noch nutzen.“

Wir machen zum Beispiel kaum noch eine kleine Faust, für die wir nur die oberen Hälften der Finger ballen. Eigentlich kein Problem, weil wir sie nicht mehr brauchen, aber: „Wenn ein Gelenk wenig beweglich ist, dann wird es noch weniger beweglich, wenn es erkrankt oder abgenutzt wird.“

Den natürlichen Abnutzungsprozess der Gelenke kann man nicht verhindern, aber: „Ein gut muskulär geführtes Gelenk ist weniger anfällig für Fehlstellungen und somit weniger anfällig für Abnutzungen. Deswegen ist es wichtig, schon im Vorfeld etwas für die Hände zu tun.“ Prophylaxe statt Therapie!

Welche Hand-Gefahren gibt es im Alltag?

Neben der Abnutzung sind die Hände zusätzlichen Gefahren ausgeliefert: „Sie sind besonders gefährdet, weil sie ungeschützt sind: Ein brennendes Stück Grillkohle auf der Hose tut nicht so weh wie auf der Hand.“

Außerdem verrichten wir mit den Händen oft Tätigkeiten, denen wir nicht regelmäßig nachgehen und daher wenig Übung darin haben, z. B. hämmern oder sägen. Geht dabei etwas schief, tut es richtig weh. Genauso wie bei alltäglichen Dingen wie Türen schließen, Brot schneiden, usw.

Die drei größten Verletzungsgefahren im Alltag aus der Praxiserfahrung des Mediziners:

► Avocado schneiden: Wer die Frucht beim Schneiden in der Hand hält, kann bei weichem Fruchtfleisch mit dem Messer zu schnell durchgleiten oder aber am harten Kern abrutschen und sich dabei am Handballen verletzen.

► Bett beziehen: Wenn man das Laken an der Seite unter die Matratze schiebt, kann das Fingerendglied beim Rausziehen hängen bleiben. In dem Moment wirkt eine so starke Kraft auf das Endgelenk, an das die Strecksehne angehängt ist, dass sie in sich reißt oder ganz abreißt und dabei ein Stück Knochen mitnimmt.

► Katzenbiss: Bei einem Katzenbiss blutet die Wunde nicht, weil die Katze sehr kleine, dafür aber sehr spitze Zähne hat. Die sind übersät mit Bakterien, die sich dann sofort im Gewebe verteilen. Eine massive Entzündung kann entstehen und auf die ganze Hand übergehen. In diesem Fall gilt: sofort zum Arzt!

Gibt es den Handy-Daumen wirklich?

„Ja! Wenn wir das Handy mit einer Hand halten und mit einem Daumen schreiben, dann ist der Daumen ständig in einer Position, die nur aus dem Daumensattelgelenk gesteuert werden kann“, erklärt Lehnert. „Das führt zu einer Überlastung des Daumensattelgelenks, weil es sich ständig in Regionen bewegt, die nicht zur natürlichen Bewegungsachse passen.“

Warum wir unsere Hände genauso trainieren sollten wie Bauch, Beine und Po

Mehr Tipps und Übungen finden Sie in Lehnerts Buch „Hände gut, alles gut“ (Südwest Verlag, 20 Euro) (Foto: © Christian M. Weiss/Südwest V)

Die Zahl der Menschen, die darunter leiden, hat sich in der Pandemie verstärkt, sagt der Mediziner, weil viele über Messengerdienste miteinander kommunizieren. Womit Sie natürlich nicht aufhören sollen, aber: „Machen Sie es lieber wie die Jugendlichen und halten Sie Ihr Handy in beiden Händen! Dann tippen die Daumen gerade direkt auf das Handy, das ist eine natürliche Bewegung.“

Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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