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Verbannung aus dem Zentrum : Joachim Löw und sein riskantes Spiel mit Joshua Kimmich

Immer deutlicher schält sich heraus, mit welcher Startelf Joachim Löw in die EM gehen will. Aber ist es eine gute Idee, Joshua Kimmich nach rechts zu versetzen?

Verbannung aus dem Zentrum : Joachim Löw und sein riskantes Spiel mit Joshua Kimmich

Ein Mann für viele Rollen. Joshua Kimmich (r.) war schon Innen- und Außenverteidiger, spielt aber am liebsten im zentralen…Foto: dpa

In den vergangenen Wochen und Monaten ist oft darüber diskutiert worden, warum die Stadionsprecher in leeren Stadien eigentlich immer noch so tun, als ob alles so wäre wie früher. Warum sie Auswechslungen und Nachspielzeiten ansagen und bei Toren ausflippen, wo doch niemand da ist, der sie hört.

Am Montagabend in Düsseldorf war das anders. Tausend ausgewählte Beobachter durften dem Testspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Lettland beiwohnen, und weil man bei Länderspielen nie wissen kann, ob die Zuschauer wirklich wegen des Sports da sind und nicht wegen des Events, lieferte der Stadionsprecher nach dem Abpfiff noch einen besonderen Service: Er erklärte dem Publikum, was jetzt von dem Spiel zu halten sei. „Es geht darum, sich Rückenwind zu holen für die EM“, erklärte er. Um konkrete Erkenntnisse sei es eher weniger gegangen.

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Nur: Stimmte das überhaupt?

Natürlich ist bei Joachim Löw, dem Bundestrainer, grundsätzlich nie etwas auszuschließen. Vielleicht kommt er über Nacht noch auf die Idee, beim EM-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich am kommenden Dienstag Bernd Leno ins Tor zu stellen. Oder Marcel Halstenberg, der es gegen die Letten nicht mal in den 23-Mann-Kader geschafft hatte, in der Innenverteidigung aufzubieten. Wahrscheinlich ist das nicht. Wahrscheinlich ist, dass die Elf, mit der Löw in sein letztes Turnier als Bundestrainer starten wird, ziemlich genauso aussieht wie die beim 7:1-Sieg gegen Lettland.

„Das kann ich jetzt nicht bestätigen“, sagte er. Es sei schließlich wichtig, den Konkurrenzkampf weiterhin aufrechtzuerhalten. „Aber natürlich weiß man, dass die meisten Spieler auch gegen Frankreich auf dem Platz sein werden.“

Kai Havertz übertrifft Leroy Sané

Ein kleineres Gerangel gibt es noch um die dritte Stelle in der Offensive neben Rückkehrer Thomas Müller und Serge Gnabry. Aussichtsreichste Bewerber sind Kai Havertz und Leroy Sané. Nach den Eindrücken aus den beiden Testspielen gegen Dänemark und Lettland ist Havertz im Moment der Favorit. Gegen Lettland bereitete er den Führungstreffer vor und erzielte später das 4:0, das offiziell und aus unerfindlichen Gründen als Eigentor des lettischen Torhüters Roberts Ozols gewertet wurde.

Sané kam zur zweiten Hälfte, fiel erst einmal durch eine spektakulär verbaselte Torchance auf, erzielte dann aber noch den Treffer zum 7:1-Endstand. „Vorne war’s, was die Harmonie betrifft, gut“, sagte Löw über die ursprüngliche Besetzung des Angriffs mit Müller, Gnabry und Havertz. „Die drei waren gut abgestimmt, obwohl sie die Positionen viel gewechselt haben. Dadurch gab es viele gute Aktionen Richtung Tor.“

Auch bei der taktischen Grundaufstellung scheint sich Löw – gegen einige Widerstände – inzwischen auf ein System mit Dreierkette festgelegt zu haben. In beiden Testspielen während der EM-Vorbereitung ließ der Bundestrainer seine Mannschaft in dieser Ordnung auflaufen. Die Vorzüge hat er zudem vor der Abreise aus dem Trainingslager in Seefeld noch einmal eindrücklich erklärt.

Löw meint es ernst mit der Dreierkette

Zumindest in taktischer Hinsicht dürften damit alle Zweifel beseitigt sein. Löw meint es ernst. Auch personell brachte das Spiel weitere Klarheit. Für die beiden Außenpositionen vor der Dreierkette scheint Löw mit Robin Gosens links und Joshua Kimmich rechts seine erste Besetzung gefunden zu haben. Gosens erzielte mit dem 1:0 gegen die Letten sein erstes Länderspieltor, Müllers 3:0 bereitete er vor.

Der 26-Jährige ist von seiner Spielweise mehr Außen als Verteidiger, gegen einen minderbemittelten Widersacher wie die Letten konnte er diese Veranlagung offen ausleben. Aber auch gegen die deutlich stärkeren Dänen hatte er einen guten Eindruck hinterlassen. „Ich habe zwei gute Länderspiele hinter dem Rücken“, sagte Gosens zu seiner EM-Chance. „Ich hatte mir vorgenommen, dass ich mich empfehle. Das habe ich einigermaßen gut geschafft.“

Dass er mit Kimmich die Flügelzange bilden könnte, das hatte sich in den vergangenen Tagen zwar schon angedeutet, kam so kurz vor dem Turnier und in dieser Konsequenz trotzdem etwas überraschend. „Bei Joshua weiß man, dass er einfach keine Anlaufzeit braucht. Das macht seine Klasse aus“, sagte Löw. „Über rechts haben wir viele gute Angriffe inszeniert. Jo hat es sehr gut gemacht.“

Dass Kimmich diese Position ausfüllen kann, steht außer Frage. Ob er sie auch ausfüllen will, das ist ein ganz anderes Thema. Der Münchner ist aktuell nicht nur Deutschlands bester Sechser; er ist auch der zentrale Mittelfeldspieler, der dem klassischen Rollenverständnis mit seiner Interpretation am nächsten kommt. Durch Kimmichs Rückversetzung an die Außenlinie schuf Löw in der Zentrale Platz für Toni Kroos und Ilkay Gündogan, die deutlich stärker offensiv denken.

Gegen eine Mannschaft wie Lettland mit ihren beschränkten offensiven Möglichkeiten stellt eine solche Aufstellung kein Risiko dar. Aber wie sieht es bei der EM aus? „Mit Frankreich kommt ein ganz anderer Gegner auf uns zu“, sagte Löw. „Was Offensive, Variabilität und Individualität betrifft, ist das ein völlig anderes Kaliber.“ Die defensive Kompaktheit, die er immer wieder von seiner Mannschaft fordert, entsteht auch aus dem Zusammenspiel von Dreierkette und defensivem Mittelfeld. Als Kimmich zuletzt nicht dabei war und Kroos und Gündogan die Doppelsechs bildeten, hat das nicht ganz so gut funktioniert. Im November war das, beim 0:6 gegen Spanien.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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