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Streit um ökologische Vorrangflächen : Cem Özdemir setzt sich durch

Ökoflächen werden nur für Tierfutter frei gegeben. Milchbauern warnen: Wegen fehlender Rohstoffe könnte gentechnikfreie Milch knapp werden.

Streit um ökologische Vorrangflächen : Cem Özdemir setzt sich durch

Tierfutter wird knapp und teuer. Die Preise haben sich verdreifacht.Foto: Patrick Pleul/dpa

Bundesagrarminister Cem Özdemir verknüpft politische Forderungen gern mit persönlichen Erlebnissen. Bei Urlaubsreisen mit den Eltern Richtung Süden sei er als Kind beim Boxenstopp an der Autobahn stets dafür zuständig gewesen, die Windschutzscheibe des Familienautos von Insektenresten zu säubern. „Das war alles verklebt“, erinnert sich der Grünen-Politiker. „Heute ist das nicht mehr so“, sagt Özdemir mit Blick auf das Artensterben.

Umso erleichterter ist der Agrarminister daher, dass er sich im Streit mit den Bundesländern über die Nutzung der sogenannten ökologischen Vorrangflächen durchgesetzt hat. Diese dienen dem Naturschutz. Es geht um Brachen mit einer Gesamtfläche von 0,17 Millionen Hektar und um 1,06 Millionen Hektar, auf denen Zwischenfrüchte angebaut werden dürfen. Diese dürfen aber im Normalfall nicht geerntet werden, sondern müssen untergepflügt werden, um so den Boden zu verbessern.

Streit um ökologische Vorrangflächen : Cem Özdemir setzt sich durch

Mehr Fläche für Tierfutter: Ökologische Vorrangflächen dürfen dazu genutzt werden.Foto: picture alliance / Andreas Frank

Angesichts des Kriegs in der Ukraine, den drohenden Ernteausfällen und der sich in vielen Teilen der Welt abzeichnenden Versorgungsengpässe mit Getreide hatte die EU-Kommission den Mitgliedsländern ausnahmsweise erlaubt, die ökologischen Vorrangflächen zu bebauen und dort auch Dünger und Pestizide zu verwenden. Die Agrarminister der SPD- und der unionsgeführten Bundesländer hatten gefordert, dass Deutschland diese Vorlage aus Brüssel nutzt. Doch Özdemir hatte sich dagegen entschieden und hatte einen Kompromiss angestrebt. Er will ausschließlich den Anbau von Tierfutter auf den ökologischen Vorrangflächen ermöglichen, eine weitergehende Nutzung lehnt er ab.

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Am Freitag stimmte der Bundesrat seinem Vorschlag zu – aus Angst davor, dass sonst keinerlei Nutzung möglich wäre. Kein Anbau auf den Brachflächen wäre die schlechteste Lösung gewesen, heißt es etwa im Agrarministerium in Baden-Württemberg. Agrarminister Peter Hauk (CDU) hatte sich zuvor vehement für eine Bewirtschaftung der Flächen als Beitrag gegen eine globale Hungerkrise eingesetzt, konnte sich damit aber im eigenen Land innerhalb der grün-schwarzen Koalition nicht durchsetzen. Die Länder mit einer grünen Regierungsbeteiligung lehnen nämlich mit Blick auf den Klima- und Artenschutz eine völlige Freigabe der Ökoflächen ab. Baden-Württemberg enthielt sich am Freitag der Stimme.

Kanzler Scholz: Landwirtschaft hat strategische Bedeutung für Welternährung

Am Donnerstagabend hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten der Länder ausgetauscht und sich zur globalen Ernährungssicherung bekannt. Deutschland treffe eine humanitäre Verpflichtung, einen Beitrag zur weltweiten Versorgungssicherheit zu leisten, hieß es im Beschluss nach den Beratungen, dabei komme der heimischen Ernährungs- und Landwirtschaft „eine strategische Bedeutung“ zu. Die Freigabe der ökologischen Vorrangflächen schaffte es jedoch nur in eine Protokollerklärung von sieben Bundesländern.

Streit um ökologische Vorrangflächen : Cem Özdemir setzt sich durch

Harte Verhandlungen: Viele Bundesländer hätten gern weitergehende Lösungen gesehen.Foto: dpa/Christoph Soeder

Özdemir und sein Parteifreund, Sachsens Agrarminister Wolfram Günther, zeigten sich am Freitag erleichtert. Günther verwies auf eine Untersuchung des staatlichen Thünen-Instituts, wonach auf den ökologischen Vorrangflächen selbst bei vollem Einsatz von Dünger und Pestiziden höchstens 600.000 Tonnen zusätzliches Getreide geerntet werden könnten. Angesichts einer Erntemenge von 45 Millionen Tonnen in Deutschland und drei Milliarden Tonnen weltweit im Jahr sei das „eine homöopathische, nicht wahrnehmbare Menge“, betonte Günther.

Özdemir: Unsere Vorrangflächen lösen nicht das Hungerproblem

„Das löst das Hungerproblem in Afrika nicht, aber richtet hier Schaden an“, meint auch Özdemir. Und es sei das falsche Signal an die deutschen Landwirte, die sich bereits auf den Weg machen würden hin zu einer klimafreundlicheren Landwirtschaft. Özdemir will die deutschen Bauern unterstützen, indem er die Krisenhilfe der EU in Höhe von 60 Millionen Euro um 120 Millionen Euro aufstockt. Zudem will er den Anbau von Eiweißpflanzen in Deutschland fördern, um Tierhaltern heimische Alternativen für das Tierfutter zu bieten. Zudem würden die Landwirte auch von dem Energie-Entlastungspaket der Regierung profitieren. Sollte die Unterstützung nicht reichen, denkt Özdemir über ein weiteres Hilfsprogramm für die Landwirte in Deutschland nach.

Streit um ökologische Vorrangflächen : Cem Özdemir setzt sich durch

Raps ohne Gentechnik ist das wichtigste Futter für die Kühe, die gentechnikfreie Milch geben.Foto: dpa/Patrick Pleul

Milchbauern klagen über zu niedrige Preise

Die Milchbauern klagen über zu niedrige Preise. Seit Montag kostet das Stück Butter bei Aldi über zwei Euro. Doch bei den Milchbauern sind die Preiserhöhungen noch nicht angekommen, kritisiert Karsten Schmal, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands. Im Schnitt bekämen die Landwirte 42 Cent für den Liter Milch, nötig seien jedoch angesichts der steigenden Kosten für Futter, Dünger und Energie 55 Cent. Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbands, rechnet zwar mit Preissteigerungen zugunsten der Erzeuger, die „große Welle“ komme aber wahrscheinlich erst im Sommer. Für die Verbraucher dürfte das wahrscheinlich weitere Preiserhöhungen bedeuten.

Probleme kommen auch auf die Kunden zu, die Wert auf gentechnikfreie Milch legen. Denn das dafür nötige vor allem von der Ukraine produzierte gentechnikfreie Rapsschrot wird knapp, der Nachschub schwierig. Selbst bestehende Lieferverträge würden storniert, klagt der Bauernverband.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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