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Streit um Gebühren : Kunden können jetzt die Berliner Sparkasse verklagen

In einem Musterverfahren wollen Verbraucherschützer klären, ob die Sparkasse auch Gebühren für die Zeit vor 2018 erstatten muss. Betroffene können mitmachen.

Streit um Gebühren : Kunden können jetzt die Berliner Sparkasse verklagen

Wenn’s ums Geld geht: Die Berliner Sparkasse schränkt das Grundsatzurteil des BGH vom vergangenen April ein und meint, das…Foto: picture alliance / Oliver Berg/dpa

Es war ein großer Sieg für die Verbraucher: Am 27. April vergangenen Jahres entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass eine weit verbreitete Praxis von Banken und Sparkassen, ihren Kunden neue Gebühren unterzujubeln, rechtswidrig ist. Bloßes Schweigen, so stellten die Bundesrichter klar, könne nicht als Zustimmung gewertet werden.

Wenn die Institute Preise erhöhen oder neue Bedingungen für die Kontoführung aufstellen, werden diese nur dann wirksam, wenn die Kunden und Kundinnen ihre Zustimmung erteilen. Bloßes Schweigen reicht nicht. Damals war das eine Revolution, denn fast alle Geldhäuser hatten bis dahin mit Klauseln gearbeitet, nach denen ein zweimonatiges Schweigen als Zustimmung gilt.

Doch viele Berliner und Berlinerinnen warten bis heute vergeblich auf eine Rückzahlung. Das betrifft alle, die ihr Girokonto bei der Berliner Sparkasse haben. Nach Meinung der Sparkasse können Verbraucher nämlich dann keine Rückforderungen stellen, wenn sie die Preise in den vergangenen drei Jahren nicht beanstandet haben.

Das Institut beruft sich dabei auf ein entsprechendes Urteil des BGH zu Energieverträgen aus dem Jahr 2016 (Az: VIII ZR 241/15) und sieht sich entlastet. “Bereits seit fünf Jahren hat die Berliner Sparkasse bei Girokonten keine Preiserhöhungen vorgenommen”, sagte ein Sprecher der Sparkasse dem Tagesspiegel.

Musterklage gegen die Sparkasse

Kundinnen und Kunden, die das nicht auf sich sitzen lassen wollen, können sich nun gerichtlich wehren. Im Dezember hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse beim Kammergericht Berlin eingereicht. “Durch die Klage soll geklärt werden, ob die Berliner Sparkasse zu Unrecht erhobene Gebühren erstatten muss”, sagte VZBV-Chef Klaus Müller dem Tagesspiegel.

Eineinhalb Monate hat das Gericht die Klage geprüft, nun hat das Kammergericht sie zugelassen. Das heißt: Betroffene können sich nun beim Bundesamt für Justiz ins Klageregister eintragen und mitmachen. “Betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher haben jetzt die Chance, sich an der Musterfeststellungsklage zu beteiligen (www.musterfeststellungsklagen.de), ohne Kosten und Risiken zu tragen”, betont Müller. Der VZBV geht davon aus, dass die Sparkasse bei einem Erfolg der Klage Gebühren zurückzahlt.

Streit um Gebühren : Kunden können jetzt die Berliner Sparkasse verklagen

Postbank: Der Fall der BGH-Richter betraf die Postbank, es ist aber auf alle Banken, Sparkassen und Volksbanken anwendbar.Foto: dpa/Georg Werth

Nach Meinung der Verbraucherschützer muss die Sparkasse sämtliche Entgelte erstatten, die ohne aktive Zustimmung der Verbraucher neu eingeführt oder erhöht worden sind, unabhängig vom Zeitpunkt der Erhöhung. Verjährt seien die Ansprüche erst nach zehn Jahren. Die Rechtsprechung zu Stromverträgen sei auf Finanzdienstleistungen nicht übertragbar, weil die Regelungen zu Energiepreisen komplizierter sind und sich die Beschaffungspreise der Anbieter – wie derzeit wieder der Fall – schnell ändern.

“Das Urteil aus dem Beispiel ist nicht auf Girokontoverträge anwendbar”, meint auch Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, und verweist darauf, dass auch zwei Schlichtungsstellen das bereits so beurteilt hätten. Doch der Finanzbranche scheint das nicht zu reichen. Nun sollen zwei Musterverfahren gegen die Sparkasse Köln/Bonn und die Berliner Sparkasse die Frage grundsätzlich klären.

Die Teilnahme am Musterverfahren ist für Verbraucher kostenlos. Mitmachen können allerdings nur Privatkunden, die ein Konto bei der Sparkasse haben. Ob Sie sich der Musterfeststellungsklage anschließen können, können Sie hier checken.

Wie Banken und Sparkassen tricksen

Dass man nur für die vergangenen drei Jahre haften will, ist ein Instrument von vielen, mit denen Banken, Volksbanken und Sparkassen versuchen, eine Rückzahlung von Gebühren zu vermeiden. Unstrittig ist nur, dass das Urteil, obwohl es gegen die Postbank ergangen war, grundsätzlich für alle Kreditinstitute gilt. Doch viele mauern. Fast fünf Milliarden Euro koste das Urteil die Geldhäuser, hatte Horst Biallo, Chef des gleichnamigen Internetverbraucherportals, einst geschätzt, doch bislang halten sich die Summen in Grenzen. “Die wirtschaftlichen Auswirkungen des BGH-Gebührenurteils waren für uns beherrschbar”, sagt etwa ein Sprecher der Direktbank ING. Das liegt aber wohl auch am Preismodell der Bank. “Wir haben Gebühren immer nur sehr behutsam eingeführt, unser Angebot ist in großen Teilen kostenlos.”

Streit um Gebühren : Kunden können jetzt die Berliner Sparkasse verklagen

Nur kleine Summen? Die Institute versuchen, die Erstattungsansprüche klein zu halten.Foto: Kitty Kleist-Heinrich

Viele Institute haben Mittel und Wege gefunden, die Kunden unter Druck zu setzen. Praktisch alle holen sich die nun nötige Zustimmung zu den aktuellen Konditionen, indem sie damit drohen, das Konto zu kündigen, wenn die Kunden die Zustimmung verweigern. Das Problem: Grundsätzlich können sie das tun. Private Banken haben es hier leichter als Sparkassen. Die brauchen als Anstalten des öffentlichen Rechts nämlich einen sachlichen Grund für eine Kündigung. “Das wäre bei einer Rückforderung zu Unrecht gezahlter Entgelte nicht der Fall”, meint die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Kündigungsdrohungen sind ein “dreister und unseres Erachtens rechtswidriger Versuch, Sie davon abzuhalten, Ihre Rechte durchzusetzen”, ärgert sich Nauhauser. Anhand der Sparda-Bank will die Verbraucherzentrale gerichtlich klären lassen, dass Kündigungsandrohungen unzulässig sind.

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Manche Geldinstitute spielen auf Zeit: Sie reagieren nicht auf die Erstattungsforderung oder teilen mit, sie würden die Rückzahlung in Kürze leisten, was dann aber nicht passiert. Oder sie reagieren erst, wenn Verbraucher die Schlichtungsstelle entweder bei der Bafin oder bei einem der Bankenverbände einschalten. Die Deutsche Bank-Gruppe hat ihren Kunden einige Euro von sich aus zurückgezahlt. Doch was viele nicht wissen: Dabei handelt es sich nur um Gebühren, die seit dem BGH-Urteil angefallen sind.

Zustimmung auch für die Vergangenheit

Andere wollen sich die Zustimmung nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit holen. “Darauf müssen Sie sich nicht einlassen”, meint Nauhauser. Kunden sollten auf dem Formular einfach die Formulierung „und für die Vergangenheit“, streichen. Einige Banken bieten ihren Kundinnen und Kunden die Erstattung eines pauschalen Betrages an. Wer die Zahlung annimmt, muss aber auf alle weiteren Ansprüche verzichten. Das Problem: Kunden können in aller Regel nicht einschätzen, was das Angebot taut.

Durch Befristung von Abfindungsangeboten erhöhen manche Banken den Druck auf ihre Kundinnen und Kunden. Damit wollen sie verhindern, dass diese höhere Rückerstattungsansprüche geltend machen, vermutet Nauhauser.

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Mit zahlreichen Gerichtsverfahren versucht die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Klarheit im Gebührenhickhack zu bekommen. Am Dienstag verhandelte das Landgericht Stuttgart über eine Klage der Verbraucherschützer gegen die kleine Volksbank Welzheim. Diese hatte einem Kunden gekündigt, weil er nicht auf Rückforderungen verzichten wollte. Die Volksbank hatte ihm angeboten, das Konto zum alten Preis von fünf Euro statt jetzt 7,50 Euro weiterzuführen, falls er auf eine Erstattung für die Vergangenheit verzichtet. Ein Urteil gibt es am 15. Februar.

Was vor Gericht geklärt werden soll

Gleich zwei Verfahre richten sich gegen die Volksbank Ludwigsburg. Die Verbraucherschützer wollen klären lassen, ob die Volksbank das einmalige Abheben von Geld als Zustimmung zu den Kontokonditionen werten darf. Zudem erschwert das Institut den Kunden die Rückforderung, indem es diese auffordert, die Summe selbst zu berechnen – was vielen nicht gelingt.

Hilfe finden Verbraucher bei der Stiftung Warentest und bei den Verbraucherzentralen. Dort gibt es Musterbriefe. Auch Finanzdienstleister und Rechtsanwälte haben das Thema erkannt und treiben – gegen Gebühr – Gebühren für ihre Mandanten ein.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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