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Steuerbescheide ergehen vorläufig : Finanzverwaltung kommt Rentnern entgegen

Nach den Grundsatzurteilen des Bundesfinanzhofs zur verbotenen Doppelbesteuerung reagiert das Finanzministerium nun. Für Rentner ist das eine große Hilfe.

Steuerbescheide ergehen vorläufig : Finanzverwaltung kommt Rentnern entgegen

Grund zur Freude: Viele Rentnerinnen und Rentner kommen um Einsprüche herum.Foto: Jenny Sturm – stock.adobe.com

Gute Nachricht für Rentner: Wegen ungeklärter Fragen bezüglich der Doppelbesteuerung von Alterseinkünften werden viele Steuerbescheide schon bald vorläufig ergehen. Ein entsprechendes Schreiben des Bundesfinanzministeriums, das mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt ist, soll „zeitnah veröffentlicht werden“, teilte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums dem Tagesspiegel mit. Für betroffene Bürgerinnen und Bürger ist das eine große Erleichterung: Sie müssen keinen Einspruch mehr einlegen, um zu verhindern, dass ihr Steuerbescheid bestandskräftig wird. In der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen rechnet man damit, dass die Regelung Ende des Monats in Kraft tritt. 

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Betroffen sind alle Menschen, die seit 2005 Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, von einem berufsständischen Versorgungswerk oder eine Rürup-Rente beziehen und deren Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Die Besteuerung dieser Alterseinkünfte erfolgt jetzt zunächst nur vorläufig.  

Verfassungsbeschwerden sind anhängig

Hintergrund sind zwei Verfassungsbeschwerden von Steuerzahlern gegen die Besteuerung ihrer Alterseinkünfte. Die Kläger, der Zahnarzt Gert Zimmermann und der Steuerberater Horst W. Bangert, hatten vor wenigen Wochen Grundsatzurteile des Bundesfinanzhofs erstritten zu der Frage, ob der Staat bei der Besteuerung der Renten über Gebühr zulangt. Die höchsten Finanzrichter hatten Ende Mai zwei wegweisende Urteile gefällt, in denen sie die bestehende Besteuerung in wichtigen Teilen für rechtswidrig erklärt hatten (Az.: X R 33/19 und Az.: X R 20/19).

In den konkreten Fällen hatte der X. Senat die Klagen aber zurückgewiesen. Dagegen haben die Kläger Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Finanzverwaltung reagiert nun, indem sie gesetzliche Renten, Rürup-Renten und Renten von Versorgungswerken (etwa für Ärzte) bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur vorläufig besteuert. „Eines Einspruchs bedarf es in diesen Fällen nicht“, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums dem Tagesspiegel. Bereits bestandskräftige Steuerbescheide sind davon jedoch unberührt. Betroffene Steuerzahler können hier nichts mehr tun. 

Steuerzahler müssen keinen Einspruch mehr einlegen

Die Frage, ob die geltenden Steuerregeln für Alterseinkünfte rechtmäßig sind, betrifft Millionen Menschen. Das Problem stellt sich, weil das System der Rentenbesteuerung vor vielen Jahren grundlegend umgestellt worden ist. Früher mussten Rentner nur für den geringen Ertragsanteil ihrer Renten Steuern zahlen, während Beamte ihre Pensionen voll versteuern mussten. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Ungleichbehandlung 2002 für verfassungswidrig erklärt und einen Systemwechsel gefordert.

Der ist seit 2005 im Gange – mit langen Übergangsfristen. Rentner müssen seitdem einen immer größeren Teil ihrer Rente versteuern. Je später man in Rente geht, desto größer ist dieser Anteil. Nach geltendem Recht soll der Übergang 2040 abgeschlossen sein. Als Ausgleich steigt der Anteil der Vorsorgeaufwendungen, die man von der Steuer absetzen kann. 2005 waren es 60 Prozent, in diesem Jahr sind es 92 Prozent, 2025 sollen es 100 Prozent sein. Allerdings gibt es einen Deckel: In diesem Jahr liegt er bei 25.787 Euro. 

Der Bundesfinanzhof befürchtet aber, dass in vielen Fällen die Entlastung der Beitragszahler im Erwerbsleben geringer ist als die Belastung der Steuerzahler im Ruhestand. Um Klarheit zu schaffen, hatten die Richter erstmals eine Berechnungsformel vorgelegt.

Wer zu viel zahlt

Für jeden Neurentner wird danach künftig anhand der beim Renteneintritt gültigen Sterbetafeln überprüft, wie hoch die durchschnittliche Lebenserwartung ist, wie lange jemand also wahrscheinlich Rente bezieht. Bei Ehegatten wird die längere Lebenserwartung der Frau zu Grunde gelegt, weil diese nach dem Tode des Mannes Hinterbliebenenrente erhält. Bei der Berechnung des steuerfreien Anteils der Rente dürfen – anders als es die Finanzverwaltung bis dahin getan hat – weder der Grundfreibetrag noch die Werbungskostenpauschale oder die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einfließen, hatten die Richter entschieden. Eine verbotene Doppelbesteuerung befürchtet der Bundesfinanzhof angesichts der geltenden Rechtslage vor allem bei Menschen, die jetzt noch im Erwerbsleben stehen, Selbstständigen, die ihre Beiträge zur Alterssicherung aus eigener Tasche gezahlt haben, und unverheirateten männlichen Rentnern. 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat als Konsequenz aus den Urteilen aber bereits Reformen angekündigt, falls er nach der Bundestagswahl noch in der Regierung sein sollte. Der Kanzlerkandidat der SPD will die volle Besteuerung der Renten nach hinten schieben – von 2040 auf 2060. Zudem sollen die Beiträge zur Rentenversicherung nicht erst 2025 voll absetzbar sein, sondern schon früher. All das helfe den Beitragszahlern und den Rentnern, sagte Scholz kürzlich. 

Steuerexperten begrüßen den Schritt

Dass die Steuerbescheide mit Blick auf die Rentensteuer vorläufig ergehen, ist nun ein erster Schritt auf die Steuerzahler zu. Der Bund der Steuerzahler fordert das schon seit langem. Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, ist erleichtert. „Von Anfang an war im Parlament klar, dass es keine doppelte Besteuerung geben soll“, sagte Binding dem Tagesspiegel.  

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Wer sich gegen eine mögliche Doppelbesteuerung wehren wollte, musste bislang Einspruch gegen seinen Steuerbescheid einlegen. Möglich ist das nur Menschen, die bereits Alterseinkünfte beziehen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können das nicht tun.

Bis April hatten 142.000 Steuerzahler Einspruch erhoben, in einigen tausend Fällen hatte sich das als schwierig erwiesen, weil die Finanzämter von den Steuerzahlern umfangreiche Berechnungen und Unterlagen gefordert hatte. 

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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