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Stefan Dettl von La Brass Banda über Yoga und Blech : „Kühe san in Indien und Bayern heilig“

Sonst spielen Stefan Dettl und die Band La Brass Banda Blasmusikpop. Jetzt werden sie meditativ. Was haben Yoga und Brass gemeinsam?

Stefan Dettl, Jahrgang 1981, ist studierter Trompeter. Die 2007 gegründete, siebenköpfige Band La Brass Banda ist die populärste Blasmusikpop-Formation Deutschlands.

Die Auftritte in der Münchner Olympiahalle vor 12 000 Leuten, in der Berliner Columbiahalle und überall auf der Welt sind wilde Tanzfeste.
Musikalisch bedienen sich die Bayern bei der neuen Volksmusik, Techno, Balkanbrass und Dancefloor.

Ihr Pandemie-Projekt “Yoga Symphony No. 1” erscheint am 30.4. bei Love Records. Es zeigt sie erstmals von der kontemplativen Seite. Die breit dahin fließenden, melodiösen Bläsersätze, mit Percussion, Drums, Bass rhythmisiert, klingen erdig und meditativ. Stefan Dettl lebt auf einem Bauernhof in Truchtlaching an der Alz, nahe des Chiemsees, und spricht Mundart, was sonst.

Stefan Dettl von La Brass Banda über Yoga und Blech : „Kühe san in Indien und Bayern heilig“

Unten ohne. Nackte Füße sind das Markenzeichen von Stefan Dettl (Mitte, mit Trompete) und den Lederhosenjungs.Foto: Sonja Herpich

Herr Dettl, mit La Brass Banda machen Sie seit 2007 Blasmusikpop. Jetzt bringen Sie die „Yoga Symphony No. 1“ raus. Krachledernes Bayern und spirituelles Indien lassen sich aber schwer zusammendenken.
Dabei liegt es so nahe. Kühe beispielsweise, die san in Indien und in Bayern heilig. Das ist ganz wichtig für uns. Selbst der Klischee-Bayer, der im Biergarten mit seinem Weißbier sitzt, hat meditative Momente.

Sie meinen, besoffene Momente?
Überhaupt nicht. Bei der Beschäftigung mit dem Yoga-Thema bin ich immer wieder auf Bier und andere stimulierende Substanzen gestoßen, um den Geist zu erweitern. Da ist in den Urformen vom Yoga drin, dass man Bier trinkt, was raucht oder irgendein Kraut knabbert. Das gehört zusammen.

Ich denke bei Bayern eher an Religiösität als an Spiritualität. Allerdings schwört der Katholizismus auf Wein und Weihrauch.
Die Kirche erträgt man eh nur mit Alkohol. Deswegen wird in Klöstern auch so viel Bier gebraut. Sonst halten die das dort nicht aus.

Und was haben Blasmusik und Yoga gemeinsam?
Den Atem. Wenn wir als Band mit unseren Instrumenten Tuba, Trompete, Posaune in den Tag starten, ist das Körpergefühl das Allerwichtigste, ob der Luftfluss funktioniert, die Lunge Volumen kriegt. Wenn das nicht stimmt, brauche ich die Trompete gar nicht in die Hand zu nehmen. Als Bläser muss man die Luft jeden Tag in Schwingungen bringen, gemeinsam mit Körper und Geist. Und auf den Einklang von Körper und Geist kommt es ja auch beim Yoga an.

Ihr Markenzeichen, das Barfußspielen, dient sicher auch dem Körpergefühl?
Absolut, vor allem auf der Bühne. Man steht ja jeden Tag woanders und anders als in Schuhen fühlt sich barfuß jeder Ort speziell an, das ist schon super wichtig. Auch da kommt wieder Bier ins Spiel. Wir haben die Bühnenanweisung, dass wir immer gern von Ortsansässigen gebrautes Bier trinken, weil man dann die unterschiedlichen Landschaften und Menschen schmeckt. Überall dasselbe Bier zu trinken wäre eine Katastrophe, wenn man an wunderschönen Orten auf der ganzen Welt spielt.

Stefan Dettl von La Brass Banda über Yoga und Blech : „Kühe san in Indien und Bayern heilig“

Stefan Dettl, Trompeter, geboren 1981.Foto: David Königsmann

Sind Sie selber ein Yogi, der jeden Morgen den Sonnengruß macht?
Ich habe eigene Übungen. Aber auf Tour machen wir gemeinsam Übungen, um die zwei Stunden Konzert mit voller Power durchzustehen. Da spielen der Schlagzeuger und Bassist auch oft nach der ersten Hälfte ein paar ruhige Klänge, weil die Menschen vom Mittanzen völlig fertig sind. Für uns und das Publikum ist es wichtig, einmal in Ruhe durchzuschnaufen.

Herr Dettl, die Verbindung klingt, als stünden Sie mit dem Handy direkt am windigen Chiemsee. Ich verstehe nur die Hälfte.
Tschuldigung, ist es jetzt besser? Ich muss immer Spazierengehen, damit ich Handyempfang habe. Wir sind in Bayern technisch noch nicht so weit, dass das auch zu Hause geht.

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Erst 2020 haben Sie das Dancefloor-Album „Danzn“ rausgebracht. Nun spielen Sie kontemplative Bläsersätze: Hat die Pandemie Ihnen den Spaß ausgetrieben?
Wieso? Yoga macht auch Spaß. Aber klar hat es mit dem Corona-Scheiß zu tun. Die Lieder vom „Danzn“-Album haben wir noch kein einziges Mal live spielen können. Das einzige, was im Oktober möglich war, war eine Sportveranstaltung mit Hintergrundmusik. So hieß das offiziell. Da kamen 150 Leute ins Festspielhaus Füssen, ein riesiges Theater. Alle saßen auf ihren Matten und wir haben dazu meditative Musik gespielt. Hinterher sagten die Yogalehrer, die dabei waren, dass sie die Musik unbedingt für ihre Stunden brauchen. Wir hatten durch Corona eh nichts zu tun und haben dann einfach ein Album gemacht.

Wie haben die Leute auf die Kombi Yoga und Brass reagiert?
Unsere Konzerte sind sonst sehr energiegeladen. In Füssen waren dagegen die Emotionen krass. Manche haben nur geweint, andere gelacht, einer hat die ganze Zeit Handstand gemacht. In einer so von Angst besetzen Zeit, war das für viele die totale Erlösung. Das hat uns als Band richtig krass getroffen, noch Tage hinterher.

Ist die für Ihre Verhältnisse ernste Musik eine Reaktion auf die Coronakrise?
So tief denken wir nicht. Wir sind nicht total verzweifelt oder in uns gekehrt und müssen auf spirituelle Reise nach Indien gehen. Bei uns geht’s ums Musik spielen, für Menschen, da sind ruhige Stücke auch okay. Wir haben auf jedem Album welche. Live funktionieren sie in unserem Partymodus meist nicht, weil die Leute da weniger aufmerksam sind. Aber die Leidenschaft, ruhige Klänge zu spielen, war schon immer da.

Die „Yoga Symphony“ gleicht einem fließenden, auf- und abschwellenden, mehrstimmigen Bläsersatz: Warum ist sie trotzdem in Tracks unterteilt?
In der Spotify-Playlist brauchst du heute viele kleine Stücke, die im Idealfall durchlaufen, das habe ich mir erklären lassen. Viel besser ist es aber, das beim Grillen mit den Spezeln in Endlosscheife zu hören oder als Vinyl-Album aufzulegen.

Die Tuba hat schon immer eine wichtige Rolle in Ihren Arrangements gespielt. Auch hier klingt sie immer wieder wie der grollende Grund der Erde: Woran liegt es, dass Blasmusik den Menschen so unmittelbar in den Bauch fährt?
Weil Bläser nie perfekt klingen. Besonders die Tuba ist krass temperaturabhängig. Die klingt bei 17 Grad ganz anders als bei 21 Grad, ganz zu schweigen von dem, der reinbläst. Wir werden ja sonst immer mit perfekt produzierter Musik beschallt, die sich in den Kopf fräst. Die Tuba ist das genaue Gegenteil, die hat eigene Schwingungen, eigene Gesetze.

Stefan Dettl von La Brass Banda über Yoga und Blech : „Kühe san in Indien und Bayern heilig“

Banz mit Benz. La Brass Banda, wenn sie keine Yogamusik spielen.Foto: David Königsmann

Sie setzen aber nicht allein auf die Kraft des Blechs, sondern rhythmisieren mit Percussion.
Damit kann man wahnsinnig schöne, farbige Bilder malen. Normalerweise haben wir mehr Groove, da sind Schlagzeug und Bass wichtig. Diesmal bildet eine alte Schafsglocke das Zentrum. Die ist nur zwölf Zentimeter groß und bei jedem Stück dabei.

Im Mai wollten Sie eigentlich Konzerte im Münchner Hofbräuhaus spielen: Schlagen da nicht die Schuhplattel-Traditionalisten Alarm, wenn Yogis kommen?
Hoffentlich! Aber im Ernst, das Hofbräuhaus ist einer der supercoolsten Orte in ganz Bayern. Ich habe in meiner Studienzeit am Konservatorium fünf Jahre dort als Musiker arbeiten dürfen und dabei Leute aus der ganzen Welt kennengelernt. Das ist alles andere als ein Biertempel, wo nur Bayern hingehen. Da spielen in normalen Zeiten täglich in vier Locations bis zu acht Musikgruppen. Das ist eine super Livemusikplattform auch für junge Bands.

Trotzdem werden die Konzerte wohl ausfallen.
Wir haben aufgehört, zu spekulieren. Für jedes der Mai-Konzerte gibt’s Ersatztermine im Oktober. Zumindest Openair könnte im Sommer ja noch was gehen. Eigentlich sind wir das ganze Jahr durchgebucht. Aber sich auf bestimmte Daten zu fixieren, ist ein totaler Energieverschwender. Wir schauen einfach von Woche zu Woche und sind bereit, wenn’s wieder losgeht.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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