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Spahn sagt schwierige Wochen voraus : Warum sich an der Impfkampagne so schnell nichts ändert

Gesundheitsminister Spahn räumt einen schwierigen Impfstart ein. Es hakt an einigen Stellen – doch es keimt auch Hoffnung. Ein Überblick.

Spahn sagt schwierige Wochen voraus : Warum sich an der Impfkampagne so schnell nichts ändert

Jens Spahn will lieber nicht mit Fingern zeigenFoto: Florian Gärtner / imago images/photothek

Jens Spahn klang schon einmal frohgemuter. „Der Start der Impfkampagne war schwierig“, räumt der Bundesgesundheitsminister am Freitag ein.

Weniger Impfstoff als geplant, Hotlines für Impftermine schwer erreichbar – und rasche Besserung ist nicht in Sicht. „Es liegen noch einige harte Wochen der Knappheit des Impfstoffs vor uns“, sagt Spahn. An Forderungen, die Geduldsprobe gefälligst abzukürzen, fehlt es nicht. Doch das ist leichter eingefordert als getan.

Wo es hakt und wo trotzdem Hoffnung keimt – ein Überblick.

Warum läuft das Impfen so schleppend an?

Das Grundproblem ist und bleibt banal: Ausgerechnet in der psychologisch wichtigen Anfangsphase steht weniger Impfstoff zur Verfügung als geplant. Ob es an technischen Problemen bei der komplexen Produktion oder Umbauten in einzelnen Werken liegt wie bei Biontech/Pfizer, an Transportpannen wie jüngst wieder in Bayern oder an einer Auslegung der Verträge wie im Streit des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca (AZ) mit der EU, das Ergebnis ist immer das gleiche: Zu wenig Material.

Verschärft wird der Eindruck durch überforderte Hotlines, aber auch durch eine politische Kommunikation, in der kaum noch zwischen berechtigter Beschwerde und Wahlkampf zu unterscheiden ist.

Wenn die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer über Impfzentren „im Leerlauf“ schimpft, hat die SPD-Frau zumindest auch ihren Wahltermin in sieben Wochen im Blick. Und wenn der Bayer Markus Söder (CSU) die EU anklagt, heißt das übersetzt: An mir liegt‘s nicht.

Doch die Rückschau schafft auch nicht mehr Impfstoff herbei.

Wann kommt mehr Impfstoff?

Spahn rechnet im ersten Quartal mit zwölf Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer und Moderna. Nach letzten Stand kämen für Deutschland ab Februar drei Millionen Dosen von Astrazeneca dazu, die in den Impfplänen aber erst berücksichtigt würden, wenn die Lieferung sichergestelt sei.

Spahn bekräftigte das Ziel, alle Menschen in Alten- und Pflegeheimen bis Mitte Februar zu impfen und den Großteil der übrigen Menschen in der Risikogruppe 1 im ersten Quartal.

Als nächste Kandidaten für eine Zulassung gelten die Mittel von Johnson&Johnson und des US-Herstellers Novavax, der diese Woche ermutigende Studienergebnisse meldete. Die EU hat mit Novavax aber noch keine Verträge geschlossen; Verhandlungen laufen.

Unklar ist allerdings, bis wann diese Vakzine verfügbar sind. Geht es schnell, könnte Deutschland nach Angaben von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bis Ende März auf insgesamt etwas über 16,9 Millionen Dosen hoffen. Andere Präparate wie das des deutschen Herstellers Curevac dürften allerdings erst im zweiten Quartal auf den Markt kommen.

Ist der Astrazeneca-Impfstoff nur eingeschränkt verwendbar?

Spahn und die Ständige Impfkommission (StIKo) des Bundes hatten damit gerechnet, dass das in Großbritannien entwickelte Vakzin eingeschränkt, nämlich nur für Jüngere verwendet werden kann.

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA kam am Freitag zu einem anderen Schluss: Zwar gebe es bisher noch wenige statistische Erkenntnisse darüber, wie wirksam das AZ-Präparat in der Altersklasse über 65 Jahre sei. Doch die Reaktion des Immunsystems sei auch bei den Älteren stark. Dies bedeutet, dass nach einer Impfung im Blut genügend von jenen Antikörpern nachgewiesen wurden, die zur Bekämpfung des Virus nötig sind.

Deshalb und aufgrund vergleichbarer Erfahrungen mit anderen Impfpräparaten halte die EMA den Impfstoff auch bei den Ältestens für wirksam.

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Trotzdem bleiben die StIKo-Experten bei ihrer Empfehlung, den neuen Impfstoff vorläufig nur für Menschen bis 64 Jahre zu verwenden.

Das ist keine gute Nachricht für Ältere, die nicht in Heimen leben und jetzt nicht einfach zum Hausarzt gehen können, um sich impfen zu lassen. Denn anders als die tiefstgekühlten Hightech-Vakzine von Biontech und Moderna hält sich das AZ-Mittel wochenlang in normalen Kühlschränken.

Spahn sieht in der Einschränkung allerdings kein großes Problem: Selbst in der Gruppe 1 der Impf-Prioritäten seien genügend Jüngere, etwa Pfleger oder medizinisches Personal, für die das AZ-Präparat in Frage komme.

Was soll der Impfgipfel bringen?

Die Bundesregierung stuft die Beratungen von Bund, Ländern und Vertretern der Pharmaindustrie am Montag als „Impfgespräch“ ein, bei dem keine Beschlüsse fallen soll. Spahn sagt, man wolle prüfen, was realistisch möglich sei zur kurzfristigen Beschleunigung der Impfkampagne – und „was nicht“.

Eher unwahrscheinlich dürfte es zum Beispiel sein, dass sich die Wochen der Knappheit hierzulande durch zusätzliche Produktionsstätten verkürzen lassen.

Die Dosen, die ab Februar im neuen Biontech-Werk in Marburg produziert werden sollen, sind in Spahns Planung schon inbegriffen. Die Kooperation von Biontech mit dem französischen Konzern Sanofi, der mit seinem Frankfurter Werk beim Abfüllen helfen will, läuft erst im Sommer an. Eine Kooperation zwischen Bayer und Curevac soll die Entwicklung und den Vertrieb des zukünftigen Impfstoffs aus Tübingen beschleunigen, kommt aber frühestens im Sommer zum Tragen. Bis dahin soll es jedoch ohnehin genug Impfstoff für alle schon aus den jetzigen Bestellungen der EU geben. Der Knappheit am Anfang steht absehbar ein Überschuss zum Ende hin gegenüber.

Trotzdem wäre auch ein später Einstieg nicht verschenkt. Denn schon die jetzt bekannten Mutationen zeigen Corona als zähen und anpassungsfähigen Gegner.

Keineswegs ausgeschlossen, betonten am Freitag Spahn und der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, dass nach der jetzt schon obligatorischen zweiten Impfdosis eine dritte oder sogar noch mehr Impfungen zur Auffrischung nötig werden könnten.

Denn bisher ist völlig unklar, wie lange der Impfschutz anhält. Genauso wenig lässt sich sagen, ob jedes der Mittel gegen jede Variante schützt, von weiteren Mutationen zu schweigen.

Die Weltgesundheitsorganisation warnt nicht ohne Grund die reichen Länder davor, die armen zu vergessen: So lange diese Pandemie nicht auf der ganzen Welt endet, hat das Virus alle Chancen, sich in einer Evolution im Schnelldurchgang in etwas noch Gefährlicheres zu verwandeln. Selbst wenn also ganz Deutschland im Sommer geimpft wäre – Corona bleibt.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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