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Siemens-Chef Kaeser tritt ab : Ein Mann von Welt

Er hat das Konglomerat zerlegt: Joe Kaeser machte aus Siemens drei Unternehmen und erfreute die Aktionäre

Siemens-Chef Kaeser tritt ab : Ein Mann von Welt

Joe Kaeser (rechts) und sein Nachfolger Roland Busch bei der Bilanz-Pressekonferenz im November letzten Jahres.Foto: dpa

Aus dem weltläufigen Joe Kaeser wird wieder Josef Käser. Bodenständig und bescheiden trete er auf in diesen Tagen und moderiere mit Bedacht die verschiedenen Interessen, hört man im Aufsichtsrat der Siemens Energy über den Aufsichtsratsvorsitzenden, der den Rollenwechsel vom Entscheider zum Aufseher offenbar gut hinbekommt. Josef Käser, 1957 im niederbayerischen Arnbruck geboren, hat 40 Jahre für Siemens gearbeitet und Firmengeschichte geschrieben. Er nennt sich Joe Kaeser, seitdem er in den 1990er Jahren für den Konzern in den USA unterwegs war. Der Finanzvorstand Kaeser (seit 2006) wurde 2013 zum Vorstandsvorsitzenden berufen. Damit führte erstmals ein Betriebswirt und kein Ingenieur den Technologiekonzern. Es ist gut gegangen.

Der Physiker Roland Busch übernimmt

Die Energiesparte des Konzerns hatte Kaeser im Herbst 2020 aus dem Konzern gelöst und unter dem Namen Siemens Energy an die Börse gebracht. Das war gleichzeitig End- und Höhepunkt der Neustrukturierung des Weltkonzerns unter seiner Leitung. Mit der Hauptversammlung an diesem Mittwoch wird der 63-Jährige nun auch formal von Roland Busch abgelöst. Vorbildlich ist der Übergang gelungen, nach und nach hat sich Kaeser zurückgezogen und Busch immer mehr machen lassen. Der promovierte Physiker Busch arbeitet seit 1994 für Siemens. „Mit seiner langjährigen internationalen Erfahrung und seiner hohen Digital- und Technologiekompetenz ist er die ideale Wahl, um den Wandel der Siemens AG weiter voranzutreiben“, sagt Aufsichtratschef Jim Hagemann Snabe. Er darf heute im Rahmen der digitalen Hauptversammlung Kaeser würdigen.

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Gut durch die Pandemie gekommen

Die Pandemie verhindert den ganz großen Abgang vor ein paar Tausend Aktionären; Kaeser wäre der Applaus sicher gewesen. In seiner Zeit sind die Siemens- Anteilseigner wohlhabender geworden, der Aktienkurs stieg überdurchschnittlich, die Dividenden waren großzügig. Und die Mitarbeiter, die oft mit ihrem Chef haderten und noch immer in Sorge sind, ob die Zerlegung des Konzerns der richtige Weg in die Zukunft ist, bekommen für ihren Einsatz im schwierigen Corona-Jahr 2020 eine Sonderzahlung von 200 Millionen Euro ausgeschüttet. Der Konzern kann sich das ebenso leisten wie die Dividende von 3,50 Euro (Vorjahr: 3,90 Euro), weil trotz Pandemie ein Gewinn von 4,2 Milliarden (5,6 Milliarden) erwirtschaftet wurde.

Kaeser hatte 2013 Löscher abgelöst

Der Aufsichtsratsvorsitzende Hagemann Snabe lobt Kaeser für den „Umbau des Konglomerats in ein Ökosystem aus drei schlagkräftigen Firmen“: die Siemens AG, die Siemens Healthineers AG und die Siemens Energy AG. An letzterer ist der Mutterkonzern nur noch mit 35 Prozent beteiligt und möchte den Anteil weiter reduzieren. Bei der Medizintechnikfirma Healthineers dagegen will der neue Chef Busch die Mehrheit behalten.

Siemens-Chef Kaeser tritt ab : Ein Mann von Welt

Im April 2017 zeigte Kaeser der Präsidententochter Ivanka Trump in Berlin die Siemens Technik Akademie.Foto: picture alliance / Michael Sohn/

Mit Kaeser, der den zurückhaltenden und zaudernden sowie schließlich auch glücklosen Peter Löscher ablöste, begann 2013 eine neue Zeit im Weltkonzern mit seinen 385 000 Mitarbeitern. „Wir haben das Siemens der nächsten Generation auf den Weg gebracht”, meint Kaeser. Jedes der drei Unternehmen sei „strukturell gut vorbereitet, um in ihren jeweiligen Feldern den größten disruptiven Wandel zu meistern“. Das Fundament dazu sei gelegt, die einzelnen Firmen aus der berüchtigten Konzernbürokratie befreit.

Gerne auf der politischen Bühne

Der Mann aus Niederbayern hat sich immer viel zugetraut – auch im Umgang mit politischen Schwergewichten. Kaeser gehörte dazu, wenn die Bundeskanzlerin mit einer Wirtschaftsdelegation in der Welt unterwegs war. Als erster Verkäufer seines Arbeitgebers brachte er Siemens ins Geschäft – unter anderem in Ägypten, Irak oder Saudi-Arabien. Die fehlende Distanz irritierte bisweilen, etwa als er mitten in der Krim-Krise in Russland Wladimir Putin traf oder in Davos zum Dinner neben Donald Trump saß. Stolz wie Oskar lobte der Siemens-Chef den US-Präsidenten, obgleich dessen Irrlichtereien und Zölle die Geschäftsgrundlage jedes globalen Unternehmens gefährdeten.

Werksschließung in Görlitz zurückgenommen

Wer in der Öffentlichkeit steht und kein Blatt vor den Mund nimmt, der geht ins Risiko. Kurz nachdem Kaeser die soziale Verantwortung der Wirtschaft betont hatte, gab der Konzern 2017 die Schließung seines Werks in Görlitz bekannt. Die Proteste gingen weit über Ostsachsen hinaus und veranlassten Kaeser zu einem Werksbesuch. Der Boss aus München war beeindruckt vom Engagement der sächsischen Belegschaft – und korrigierte den Stilllegungsbeschluss, weil die öffentliche Empörung hoch schwappte. „Pfiffe verkraftet er nur schwer“, sagt ein Kaeser-Kenner.

Treffen mit Luisa Neubauer

Das mediale Ballyhoo nach einem Treffen mit Luisa Neubauer, dem deutschen Gesicht der Fridays-for-Future-Klimaschützer, hat Kaeser vermutlich bis heute nicht verstanden. Es war doch gut gemeint. Ein Teil der Öffentlichkeit regte sich Anfang 2020 heftig auf, als der Konzern einen Auftrag von 18 Millionen Euro in Australien angenommen hatte für die Lieferung von Signaltechnik eines Zugs, der Steinkohle transportiert. Kaeser traf sich mit Neubauer und sprach mit ihr über ein Mandat, angeblich im Aufsichtsrat der neuen Siemens Energy. Neubauer lehnte ab, und Kaeser sah aus wie ein sich anbiedernder alter Klimasünder.

Keine Konsumgüter mehr im Programm

Unter Kaeser hat sich der Wandel des Konzerns zu einem Industrieunternehmen für die Industrie beschleunigt. Konsumartikel hat Siemens nicht mehr im Programm, seitdem Osram an die Börse gebracht und die Weiße Ware der Bosch-Siemens-Hausgeräte komplett von Bosch übernommen wurde. Der Kern der von Kaeser hinterlassenen Siemens AG mit den Bereichen digitale Industrie/Automatisierung und Smarte Infrastruktur ist stabil und zukunftsfähig. Bei intelligenten Netzen und Speichern, beides unverzichtbar für die Integration erneuerbarer Energien, ist Siemens gut aufgestellt. Und die Bahnsparte wird vom Trend zum CO2-freien Verkehr profitieren. Mit der neuen Siemens AG beginne eine neue Zeit, sagt Kaeser. Auf dem Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden der Siemens Energy AG, dotiert mit 240 000 Euro im Jahr, kann er daran zumindest mittelbar teilnehmen.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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