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Reform der Finanzmarktaufsicht Bafin : Wie Olaf Scholz auf globales Niveau kommen will

Sieben Punkte hat die Reformagenda des Vizekanzlers für eine bessere Finanzmarktaufsicht. Die Opposition reagiert mit Spott und Forderungen.

Reform der Finanzmarktaufsicht Bafin : Wie Olaf Scholz auf globales Niveau kommen will

Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei der Konferenz “Europe 2021”, die der Tagesspiegel am Dienstag mitveranstaltet hat.Foto: imago images/photothek

Zwei Seiten auf Papier und ein kurzes Statement via Livestream – hanseatisch knapp hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag die Reform der Bafin angekündigt. Sein Ressort arbeitet schon länger daran – der Wirecard-Skandal ist der Anlass. Denn wegen der Pleite des Unternehmens im vorigen Sommer und dank des Untersuchungsausschuss des Bundestages sammeln sich die Hinweise, das es nicht zum Besten bestellt ist um die deutsche Finanzmarktaufsicht. Am vergangenen Freitag hat sich Scholz vom bisherigen Präsidenten der Behörde, Felix Hufeld, getrennt. Die Neuorganisation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – so lautet die komplette Bezeichnung der Bafin – soll auch mit einer neuen Führung angegangen werden.

Sieben Punkte nannte Scholz für den Neuaufbau, mit der die ihm unterstehende Behörde schlagkräftiger werden soll, wenn es um mögliche Bilanzfälschungen und damit um die Irreführung von Anlegern geht. Eine „Fokusaufsicht“ soll sicherstellen, dass künftig die „Kontrolle komplexer Unternehmen“ besser gelingt. Zudem will Scholz eine „forensisch geschulte Taskforce“ einrichten, damit die Bafin in Eigenregie schneller und gründlicher bei Unternehmen prüfen kann.

Damit wird praktisch eine bisher nach außen vergebene Aufgabe zumindest teilweise – und zumindest in dringlichen Fällen – in die Behörde integriert. Bisher beauftragte die Bafin die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), was allerdings – eine Lehre aus dem Wirecard-Fall – beschleunigte Untersuchungen behinderte. Auch die informationstechnische Seite soll gestärkt werden – über eine „Data Intelligence Unit“ und ein „digitales Aufseher-Cockpit“.

Mehr Wirtschaftsprüfer in der Behörde

Um die Bafin zu stärken, will Scholz dort zudem mehr Wirtschaftsprüfer beschäftigen, die auch mehr Zugriffsrechte bekommen sollen. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Bilanzbetrug wie bei Wirecard früh genug entdeckt werden kann. Dafür soll die Behörde auch angehalten werden, stärker als bisher auf Informationen aus den Finanzmärkten, auch von Whistleblowern, zu reagieren – Scholz will also eine etwas andere Kultur der Informationsbeschaffung und Informationsbewertung einführen.

Der Hintergrund: Im Fall Wirecard hat die Bafin lange Zeit kritische Berichte in der Presse und Analysen von Shortsellern, also Spekulanten, über Wirecard als zu wenig seriös eingestuft, um ihnen nachzugehen – ja es gab sogar Ermittlungen gegen Journalisten und Informanten wegen Marktmanipulation. Im Zusammenhang damit soll sich die Bafin künftig auch stärker mit Verbraucher- und Anlageschutz-Organisationen zusammenschalten.

Eine Nachfolge für Hufeld (und weitere geschasste Führungspersonen bei der Bafin) hat Scholz noch nicht verkünden können. Er will aber – „ob Mann oder Frau“ – global nach geeigneten Personen suchen. Das dürfte einige Monate dauern, wenn nicht länger. Eine klassisch deutsche Beamtenbesetzung jedenfalls scheinen der Minister und sein Finanzstaatssekretär Jörg Kukies nicht im Sinn zu haben. Ein Problem dabei: Wer immer es sein wird, die Neuorganisation, die nun zügig beginnen soll, wird ohne sie oder ihn auf den Weg gebracht.

Scholz will “weltbeste” Qualität

Bei der Konferenz „Europa 2021“, die der Tagesspiegel mitveranstaltet, sagte Scholz am Dienstag, er wolle „eine der weltbesten Finanzaufsichtsbehörden” schaffen. Manche Erkenntnis aus dem Wirecard-Skandal habe auch ihn überrascht, zum Beispiel, dass es kein Verbot für Bafin-Mitarbeiter gegeben habe, mit bestimmten Aktien oderanderen Wertpapieren zu handeln. “Ich hätte vorher geschworen, dass es ein solches Verbot längst gibt.” Nun soll es in der Bafin sehr strikte Regeln geben, so weit sie rechtlich zulässig sind.

In der Opposition paarte sich grundsätzliche Zustimmung zu den Scholz-Plänen mit Kritik und Spott. Der FDP-Politiker Florian Toncar sagte dem Tagesspiegel: „Olaf Scholz hat heute nichts aufgeboten, was wir nicht bereits im Juli wussten. Es rächt sich, dass er die Defizite bei der Bafin monatelang systematisch ignoriert und kleingeredet hat.“ Toncar warf Scholz vor, es bedürfe nicht noch eines „Verbraucherbeauftragten und einer Kummer-Hotline für Anleger“.

FDP: Muss Bafin Schadenersatz leisten?

Der FDP-Mann will mehr wissen über das Problem, dass Bafin-Mitarbeiter mit Wirecard-Papieren handelten. Gegen eine solche Person gibt es mittlerweile eine Anzeige. Toncar fordert, dass Scholz „endlich offenlegt, was genau der angezeigte Bafin-Mitarbeiter mit Wirecard zu tun hatte“. Wenn diese Person Einfluss auf das Wirecard-Verfahren hatte, „stellt sich automatisch die Frage, ob die Bafin den Anlegern Schadensersatz schuldet. Diese Frage ist so gravierend, dass der Minister sie umfassend beantworten muss.“ 

Der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi warf Scholz vor, mit der angekündigten Organisationsreform, nur „kleine Brötchen“ zu backen. Er hält eine grundlegende Reform und mehr Professionalisierung für nötig, wenn die Bafin international mit den großen globalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mithalten wolle. „Es ist sinnvoll, wenn die Bafin Führungspositionen international ausschreibt“, sagte De Masi. „Wichtig ist, dass neben Marktexpertise auch Erfahrung in öffentlichen Institutionen wie Zentralbanken vorliegt und die Unabhängigkeit der BaFin gegenüber dem Finanzminister gestärkt wird.”

Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus sprach von einer „Mini-Reform“ und einer „Wahlkampf-Show“. Zwar habe Scholz einige grüne Reformvorschläge aufgegriffen. Die Bafin müsse aber Betrug und Marktmissbrauch „mit einer eigenen Spezial-Einheit bekämpfen können, die den Finanzverbrechern zuvorkommt, anstatt immer hinterher zu laufen“. Wichtig wäre außerdem, den finanziellen Anlegerschutz mit einem eigenen Geschäftsbereich institutionell zu verankern. 

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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