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Protokolle nicht zugelassenSo erklärt sich das EncroChat-Urteil der Berliner Richterin

Protokolle nicht zugelassenSo erklärt sich das EncroChat-Urteil der Berliner Richterin

Polizisten umstellen einen verdächtigen Audi an der Wildenbruchstraße (Neukölln) und durchsuchen ihn anschließend

Foto: spreepicture Teilen Twittern SendenVon: MAREN WITTGE
04.07.2021 – 10:18 Uhr

Das Hacken des EncroChat-Servers 2017 öffnete Ermittlern europaweit die Türen in die Organisierte Kriminalität. Durch Millionen abgefangener Nachrichten des Messengerdienstes konnten sie hinter verschlossene Strukturen blicken. So konnten Verfahren gegen Verdächtige eröffnet und schwere Straftaten verhindert werden.

Berlin – Doch am Donnerstag verbot eine Berliner Richterin erstmals die Verwendung dieser Chat-Protokolle und ließ einen Drogenhändler (31) laufen.

Der Fall: Die Staatsanwaltschaft legte dem Beschuldigten in 16 Fällen das unerlaubte Handeln mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last. Dabei stützte sich die Anklage im Wesentlichen auf die Chatnachrichten des Dealers über EncroChat. Doch diese könnten den Tatverdacht nicht belegen und sind laut der Gerichtsbegründung nicht verwertbar.

Die Argumentation des Gerichts: Die Handy-Spionage sei ohne den konkreten Tatverdacht durchgeführt worden und rechtfertige eine Überwachung des Handys nicht. Eine solche Maßnahme greife schwerwiegend in die Persönlichkeitsrechte ein. So heißt es in der Begründung, die BILD vorliegt.

Protokolle nicht zugelassenSo erklärt sich das EncroChat-Urteil der Berliner Richterin

Ein BKA-Beamter in einem Kiosk an der Neuköllner Wiildenbruchstraße. Auch das Bundeskriminalamt war an der Groß-Razzia gegen den Clan beteiligt

Foto: spreepicture

Der alleinige Besitz des Krypto-Handys sei kein ausreichender Ermittlungsgrund. Nur weil jemand ein verschlüsseltes Handy benutzt, könne man ihn nicht unter Verdacht stellen, so die Richterin.

Schließlich könne man nicht auf eine Straftat schließen, wenn jemand mit typischen Einbruchswerkzeugen wie Bolzenschneider oder Brechstange angetroffen wird. EncroChat sei zwar auch interessant für Kriminelle, aber ebenso für Journalisten, politische Aktivisten oder Unternehmer, die sich vor Industriespionage schützen wollen.

Protokolle nicht zugelassenSo erklärt sich das EncroChat-Urteil der Berliner Richterin

Groß-Razzia aufgrund der EncroChat-Analyse gegen den Remmo-Clan am 18.Februar in Berlin und Brandenburg. Ein Zollfahnder mit einem Hund kommt aus einem Neuköllner Imbiss

Foto: spreepicture

Die Berliner Staatsanwaltschaft nimmt die Entscheidung des Landgerichts nicht hin und will nun mit Rechtsmitteln dagegen vorgehen. Der Beschluss stehe im Gegensatz zu allen bisherigen Entscheidungen von anderen Oberlandesgerichten. Daher wolle man eine „Überprüfung durch das Kammergericht herbeiführen“.

Sollte sich die Entscheidung des Landgerichts in weiteren Instanzen durchsetzen, könnte es den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität deutlich erschweren. Hunderte mutmaßliche Kriminelle könnten auf Straffreiheit hoffen.

Das sagt ein Strafverteidiger

Der Berliner Strafverteidiger Christian Gerlach (55) wundert sich, dass dieses Urteil erst jetzt gefällt wurde. „Es kann nicht sein, dass Menschen unter einen Generalverdacht gestellt werden, nur weil sie Mitglied in einem bestimmten Chat sind. Der deutsche Staat kann nicht einfach einen bestimmten Teil der Gesellschaft abhören.“

Protokolle nicht zugelassenSo erklärt sich das EncroChat-Urteil der Berliner Richterin

Strafverteidiger Christian Gerlach (55) gibt dem Gericht recht

Foto: Olaf Wagner

Der Jurist geht davon aus, dass das Kammergericht die jetzige Entscheidung aufheben wird, um zunächst den Bundesgerichtshof und später das Bundesverfassungsgericht für eine abschließende Bewertung auf den Plan zu rufen.

Das sagt die Polizeigewerkschaft

Die Polizeigewerkschaft GdP sieht den Beschluss des Landgerichts kritisch: „Wir bedauern das Urteil, weil es sicherlich auch Auswirkungen auf andere Verfahren hat und sich aus den EncroChat-Nachrichten eine Vielzahl von Ermittlungsansätzen für die Sicherheitsbehörden ergeben haben“, sagt GdP-Landesvize Kerstin Philipp.

Das ist Encrochat

Encrochat ist ein international aktives Kommunikationsnetzwerk. Das Unternehmen verkaufte spezielle Krypto-Telefone mit Android-System (Preis: ca. 1000 Euro), die dem Nutzer komplette Anonymität zusicherten. Keine Geräte- oder SIM-Karten-Zuordnung auf Kundenkonten. Die Geräte haben keine Kamera, kein GPS und keine Mikrofon-Option. Über Code-Eingabe können zudem alle Daten auf dem Handy blitzschnell und auch aus der Distanz mit nur einem Klick gelöscht werden – etwa bei einer Festnahme des Besitzers.

Eine Quelle: www.bild.de

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