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Partei stellt Maßnahmenplan vor : Wie die „Klimaliste Berlin“ die Stadt bis 2030 klimaneutral machen will

300 Seiten ist der Klima-Plan der neuen Partei „Klimaliste Berlin“ dick. Die Forderungen sind weitreichend – und eine Kampfansage an die Grünen.

Partei stellt Maßnahmenplan vor : Wie die „Klimaliste Berlin“ die Stadt bis 2030 klimaneutral machen will

Die Partei “Klimaliste Berlin” wurde 2020 von Aktivisten gegründet.Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

86 Millionen Tonnen CO2: Diese Menge des Treibhausgases darf Berlin ab 2022 noch ausstoßen, wenn die Hauptstadt bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden will. So hat es die „Klimaliste Berlin“ errechnet. Zum allerersten Mal liegen damit konkret kalkulierte Werte vor, welchen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß sich das Land erlauben kann, wenn die Stadt bis zum Ende der Dekade nicht mehr zum Klimawandel beitragen will. Die Zahlen sind Grundlage für einen umfangreichen Klimaplan, den die noch junge Partei am Freitag offiziell vorstellen will und der dem Tagesspiegel vorab exklusiv vorliegt.

Auf rund 300 Seiten listen die Autoren auf, welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden müssten, um das ambitionierte Klimaschutzziel zu erreichen. „Es wurde bis jetzt immer nur mit weltweiten Zahlen agiert, aber es war nie klar, was das genau für Berlin bedeutet“, sagt Spitzenkandidatin Alicia Sophia Hinon.

Nun gebe es endlich Klarheit. Um seiner Verantwortung wirklich gerecht zu werden, müsse Berlin so schnell wie möglich seine Emissionen auf Null senken. Das Ziel könne daher jetzt in einzelne Forderungen übertragen und in die Berechnung mit aufgenommen werden.

Dazu strebt die Klimaliste in ihrem Planwerk Maßnahmen an, die nahezu alle Lebensbereiche betreffen. Der Strom der Hauptstadt etwa soll bis 2030 ausschließlich durch erneuerbare Energiequellen zu erzeug werden. Die Wärmeversorgung in Berlin soll bis spätestens 2035 komplett ohne Kohle und Gas auskommen. Stattdessen möchte die Partei bis zum Ende der Dekade eine Photovoltaikanlage auf jedem Dach zur Pflicht machen.

Weitreichend sind auch die Forderungen ans Baugewerbe, einen der größten Treibhausgasemittenten, denn mit dem Beton werden Unmengen „Graue Energie“ verbraucht. Neubauten sollen daher künftig eine Ökobilanz von Netto-Null aufweisen. Die Bauherren müssten dazu entsprechende Nachweise vorlegen. Können die nicht erbracht werden, wird eine Zahlung ans Land fällig. Mit dem Geld soll die energetische Sanierung finanziert werden.

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Wer baut, könnte auch an anderer Stelle finanziell für die klimatischen Folgen belastet werden. So solle geprüft werden, die Erschließungskosten bei neuen Wohn- und Gewerbegrundstücken auf die Inhaber umzulegen. Für Gewerbe soll zudem eine „Versiegelungsabgabe“ kommen. Pro Quadratmeter versiegelter Fläche müssten die Unternehmen einen Beitrag zahlen.

Als Schlüssel für ihre Ziele sieht die „Klimaliste“ das „Sorgenkind“ Straßenverkehr. Die große Menge versiegelter Flächen in Berlin, will die Partei auch auf den Straßen der Hauptstadt reduzieren. Nach den Plänen der „Klimaliste“ soll der Senat künftig über jährliche Mengenziele festlegen, wie viele Parkplätze zu Grünflächen umgestaltet werden sollen, um zu unter anderem zu verhindern, dass sich die Stadt in den Sommermonaten zu stark aufheizt. Ziel sei es, 90 Prozent der an Straßen liegenden Parkflächen bis 2030 umzuwidmen.

„Autofreie Kieze verdrängen das ressourcenhungrige Auto aus dem Stadtbild und erhöhen die urbane Lebensqualität“, heißt es weiter in dem Plan. Schon bis 2023 solle ein Plan für ein ganzes Netz autofreier Fahrradstraßen nach dem Vorbild der Friedrichstraße entstehen, so das Ziel.

Partei stellt Maßnahmenplan vor : Wie die „Klimaliste Berlin“ die Stadt bis 2030 klimaneutral machen will

Wie die Friedrichstraße sollten viele Berliner Straßen aussehen, fordert die “Klimaliste Berlin”.Foto: imago images/Dirk Sattler

Höhere Kosten kämen auch auf Touristen zu. Die Partei fordert unter anderem, die City Tax auf 10 Prozent plus den Preis eines Tagestickets für den Nahverkehr zu erhöhen. Wer nur maximal drei Tage in der Stadt bleibe, müsse eine Abgabe von 25 Prozent des Übernachtungspreises zahlen. Auch hier soll das Geld für Klimaschutzmaßnahmen aufgewendet werden.

Dass solche Forderungen auf manche Wähler abschreckend wirken, ist ihnen bewusst. „Wir gehen nicht davon aus, dass wir von hundert Prozent der Menschen gemocht werden“, sagte Hinon. Viel wichtiger sei, damit den Diskurs um nötige Maßnahmen anzustoßen.

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Beendet sei die Arbeit am Klimaplan der Partei nicht, sagt Alicia Sophia Hinon. „Der Klimaplan soll zusammen mit der Stadt weitergeschrieben werden.“ Am Sonnabend wird die „Klimaliste“ zunächst ihr Wahlprogramm beschließen aufbauend auf dem umfangreichen Dokument.

Die aus einer Gruppe von Umweltaktivisten hervorgegangene Partei hat sich im August 2020 gegründet. Der Schritt ist nicht zuletzt als Zeichen an die Grünen zu verstehen, die Klima- und Umweltthemen bislang für sich abonniert gehabt schienen. Doch viele Aktivisten sind von der Partei enttäuscht. 

„In Berlin hält Rot-Rot-Grün die Zügel schon eine Weile in der Hand, trotzdem geht es nicht voran bei den erneuerbaren Energien“, sagt Hinon. Auch mit den Grünen sähen sie die Wahrscheinlichkeit nicht gegeben, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. „Da hätten wir uns mehr erwartet“, konstatiert die Spitzenkandidatin ernüchtert. „Unsere Frustration ist, dass wir Klima immer als Verhandlungsmasse erlebt haben. Doch wir sehen leider, dass das Klima keine Kompromisse macht.“ Die Partei verstehe sich als Mahner, in der Klimafrage auf dem richtigen Weg zu bleiben.

Abgelegt wurde kürzlich dafür der frühere Parteiname „Radikal Klima“. Der Name habe nie ausdrücken sollen, dass sie aggressiv seien, sagt Hinon. Gemeint war, dass sie ihr Herzensthema an der Wurzel packen wollten. Das Feedback sei dennoch teils negativ gewesen. „Wir haben uns umbenannt, um ernstgenommen zu werden und Menschen ins Boot zu holen, die etwas gegen den Klimawandel machen möchten, sich aber von dem Namen abgeschreckt fühlten“, erklärt die Spitzenkandidatin.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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