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Neuer Podcast von Jule und Sascha Lobo : „Falsche Rationalität ist irreführender“

Jule und Sascha Lobo über den Wert von Wut, Querdenker, Mitte-Dudes und ihren neuen Podcast „Feel the News – Was Deutschland bewegt“.

Neuer Podcast von Jule und Sascha Lobo : „Falsche Rationalität ist irreführender“

Nicht nur am Küchentisch. Jule (28, Podcast „Kohl Kids“) und Sascha Lobo, 46, Blogger und Autor.Foto: Studio Bummens/Pauline Bossdorf

Jule (28, Podcast „Kohl Kids“) und Sascha Lobo, 46, Blogger und Autor, starten den gemeinsamen Podcast „Feel the News – Was Deutschland bewegt“, ab 3. März donnerstags auf allen Plattformen. Ihr Thema: Wie können wir die Welt verstehen, ohne an ihr zu verzweifeln oder alles lächerlich zu finden?

Frau Lobo, Herr Lobo, das mit den Gefühlen in Zeiten von Fake News ist ein interessanter Ansatz. Wie können Sie als Podcaster dem Hörer helfen, seine Gefühle besser zu verstehen, um mit der Flut an Nachrichten und Informationen fertigzuwerden?
JULE LOBO: Indem wir überhaupt erst mal öffentlich drüber reden, dass Nachrichten, eigentlich also das Weltgeschehen, heftige Gefühle auslösen können. Erst recht in Zeiten von sozialen Medien, wo man jede Nachricht gleich mit einer hochemotionalen Deutung geliefert bekommt. Die Größenordnung ist enorm, die Hälfte der Millennials und zwei Drittel der Generation Z beziehen ihre Nachrichten hauptsächlich über soziale Medien. Es gibt dieses Zitat von Niklas Luhmann: „Was wir über die Welt wissen, wissen wir aus den Medien.“ Wir ergänzen das: Was wir über die Welt fühlen, fühlen wir sehr oft durch soziale Medien.

Eigentlich würde man bei vielen Querdenker-Demos doch denken: Bitte mehr Rationalität statt Emotionalität. Geht Ihr Ansatz nicht doch zu sehr in dieses Meinungs-Ding? Alle meinen, fühlen irgendwas, keiner weiß …
SASCHA LOBO: Ein gutes Beispiel, denn viel irreführender als Emotionalität ist eine falsche Rationalität, die von sich behauptet, ganz objektiv-unemotional daherzukommen.

Inwiefern?
SASCHA LOBO: Meine Überzeugung wäre: Wenn man rechtzeitig darüber gesprochen hätte, dass man wütend sein darf, obwohl niemand so richtig an der Pandemie schuld ist – dann wären vielleicht nicht alle Querdenker so tief in ihre Verschwörungswelten gefallen. Völlig abgesehen davon, dass wir mit unserem Podcast versuchen, im Gespräch über die Welt bei allen Turbulenzen auch das Interessante oder sogar Positive herauszukitzeln. Wir haben ein Baby und bekommen noch eins, wir wollen unsere Kinder nicht in eine schlimme Welt gesetzt haben. Das ist unsere Perspektive.

Ergänzend dazu wollen Sie Statements prominenter Personen einholen. Die üblichen Verdächtigen? Drosten, Lauterbach?
JULE LOBO: Sprachnachrichten sind vielleicht das wichtigste neue Kommunikationsinstrument der digitalen Generation, und wir wollen die in unseren Podcast einbauen. Dabei interessiert uns eher, was die Influencerin Caro Daur zu einem bestimmten, für sie relevanten Thema denkt als das, was man wirklich überall lesen und hören kann. Mir kommt es bei aller Liebe zu unserem amtierenden Gesundheitsminister nicht so vor, als würde er dringend einen Podcast für die Verbreitung bisher ungehörter Sprachnachrichten brauchen.

Frau Lobo, Sie sagen, als auf dem Land geborene Frau sehen und fühlen Sie Dinge, die ein Berlin-Mitte-Iro-tragender-Generation-X-Dude übersieht …
JULE LOBO: Sascha ist in Berlin in einem sehr urbanen, akademischen Umfeld groß geworden. Da passiert es ab und an, dass er andere Lebensrealitäten übersieht. Manchmal erklärt er Sachverhalte so leidenschaftlich abstrakt, dass ich ihn an eine gewisse Erdung erinnern muss. Viele Menschen haben eben keine Zeit, sieben Stunden täglich über die 26 verschiedenen Facetten des Ukraine-Konflikts zu recherchieren und nachzudenken. Trotzdem ist es wichtig, darüber zu sprechen und so viele wie möglich miteinzubeziehen. Übrigens geht das meistens ziemlich gut über die Gefühlsebene.

Herr Lobo, Sie halten Jules Art des Sprechens für das Gegengift gegen jeden Zynismus. Wären Sie gerne weniger zynisch?
SASCHA LOBO: Ich empfinde mich nicht als zynisch, aber ich nutze in großen redaktionellen Medien meine Unabhängigkeit auch dazu, brachial zu kritisieren. Ich bin in keiner Partei, keinem Verband, bin nirgends angestellt. Egal was ich sage, ich kriege am nächsten Tag keinen Anruf vom Chef. Das ist ein Vorteil, aber es verführt manchmal dazu, die negativen Seiten von allem zu sehen, um lauter spritzend auf den Schlamm zu hauen.

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Vielleicht werden Sie dann aber auch weniger in Talkshows eingeladen …
SASCHA LOBO: Dahinter steht mir ein zu negatives Bild von Talkshows, die eine ziemlich essenzielle Funktion in der deutschen Öffentlichkeit haben. Die Pandemie zum Beispiel wurde politisch bei Markus Lanz verhandelt, und das ziemlich gut, wie ich finde. Aber um auf Jules Antizynismus zurückzukommen: Wenn man kritisiert und dafür gezwungen ist, das Schlechtlaufende genau zu betrachten, dann muss man hart daran arbeiten, nicht von allein immer zynischer zu werden. Jules Beharren darauf, die eher positive, die unterhaltsame oder zumindest lehrreiche Seite der Dinge zu finden, hilft dabei enorm. 

Am Küchentisch geht es bei Ihnen, den Lobos, zu diesen Themen sicher hoch her.
JULE LOBO: Wir glauben an die Kraft des Arguments, eine Kraft, die übrigens bei den meisten Menschen sehr emotional ist.

Wie das?
JULE LOBO: Überlegen Sie mal, was Ihre produktivsten Streits waren. Ich wette, die waren weder objektiv noch unemotional. Was jemanden am Ende überzeugt, ist selten die Aufzählung von Fakten, sondern oft ein bestimmter emotionaler Zugang zu einem Thema, aber eben auf Basis der Tatsachen. Deshalb hat bei uns nicht eine Person das letzte Wort, sondern eher eine neue, kluge Idee oder eine besonders einleuchtende Erkenntnis. Es ist uns beiden schon mehr oder weniger gleich oft passiert, dass wir unsere Meinungen am Ende einer Diskussion angepasst oder verändert haben.

Das spiegelt Ihr Podcast auch wider?
JULE LOBO: Ja, weil wir unsere Diskussionen nicht als Konkurrenz ums Rechthaben sehen, sondern irgendwie als Möglichkeit, informiert zu bleiben, ohne an den Dingen zu verzweifeln. Genauso soll sich auch unser Podcast „Feel the News – Was Deutschland bewegt“ anfühlen.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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