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Neuer Chef der Bundesnetzagentur : Klaus Müller soll Strom- und Gaskunden helfen

Während die Energiepreise rasant steigen, will die Regierung den bisherigen Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen als Oberregulierer einsetzen.

Neuer Chef der Bundesnetzagentur : Klaus Müller soll Strom- und Gaskunden helfen

Klaus Müller, bislang Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, soll künftig die Bundesnetzagentur leiten.Foto: Christophe Gateau/dpa

Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller, soll künftig Chef der Bundesnetzagentur werden. Die Personalie, über die zuvor „Tagesspiegel Background Energie“ berichtet hatte, wurde am Donnerstag in Regierungskreisen bestätigt. Sie macht deutlich, dass in der Regulierungsbehörde, die über den Energie-, Telekommunikations-, Post- und Bahnsektor wacht, der Verbraucherschutz künftig eine stärkere Rolle spielen wird. In Zeiten von steigenden Strompreisen, einseitigen Kündigungen von Energieverträgen und wiederkehrenden Problemen mit der Internetversorgung ist die Berufung Müllers in dieser Hinsicht ein klares Signal der neuen Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP.

Vom Verbraucherschützer zum Oberregulierer

Müller leitet derzeit als Vorstand den Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Der 50-Jährige kann nicht nur langjährige Erfahrungen im Verbraucherschutz vorweisen, sondern auch eine politische Karriere. Für die Grünen saß der Ökonom von 1998 bis 2000 im Bundestag und war deren finanzpolitischer Sprecher, bevor ihn SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis als Umweltminister nach Schleswig-Holstein lotste. Als die dortige Koalition 2005 zerbrach, wechselte der designierte Präsident der Bundesnetzagentur als Vorstand zur Verbraucherzentrale NRW und 2014 schließlich in die Bundeszentrale nach Berlin.

Neuer Chef der Bundesnetzagentur : Klaus Müller soll Strom- und Gaskunden helfen

Schock: Vor allem wer jetzt einen neuen Vertrag schließt, muss tief in die Tasche greifen.Foto: imago/blickwinkel

Am 1. März soll er bei der Regulierungsbehörde den FDP-Mann Jochen Homann ablösen, der Ende Februar nach zwei Amtszeiten und zehn Jahren nicht mehr kandidieren darf und wohl in den Ruhestand geht. „Klaus Müller ist sehr profiliert, sehr strukturiert und sehr gut vernetzt“, sagte der Vorsitzende des Verwaltungsrats des VZBV, Wolfgang Schuldzinski, dem Tagesspiegel.

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Nach dem Erfolg der Grünen bei der Bundestagswahl hatten viele mit einer Rückkehr Müllers in die Politik gerechnet, etwa als Staatssekretär. An der Spitze der Bundesnetzagentur säße der Verbraucherschützer jedoch an der Schaltstelle, wenn es um die Regulierung der Netze, den Infrastrukturausbau und den Wettbewerb der Netzbetreiber geht.

Auch in der Debatte um die umstrittene Ostseepipeline North Stream 2 kommt der Behörde eine besondere Bedeutung zu. Die Pipeline, die von Russland nach Deutschland führt, ist zwar nach Angaben des russischen Energieriesen Gazprom startklar. Sie ist allerdings noch nicht in Betrieb. Eine Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur steht noch aus.

Gleich zwei Minister mussten zustimmen

Die Ampel-Koalition hat sich mit der Nachfolge-Entscheidung bei der Regulierungsbehörde lange schwergetan. Das lag auch daran, dass die Personalentscheidung gleich zwei Ministern aus zwei Parteien gefallen musste. Der Telekommunikationsbereich ist infolge des Regierungswechsels vom Wirtschafts- ins Verkehrsministerium gewandert. Die Aufsicht über die Netzagentur teilen sich nun der Verkehrs- und der Wirtschaftsminister. Volker Wissing (FDP) ist für den Telekommunikations- sowie den Bahnsektor zuständig, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für den Energiesektor und die Post. Die grüne Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle sagte kurz vor Schluss aus persönlichen Gründen ab. Vorübergehend hatte eine Zweiteilung der Behörde gedroht. Das ist nun vom Tisch.

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Das Vorschlagsrecht für die Behördenspitze liegt offiziell beim Beirat aus Vertretern von Bund und Ländern, die am Montag zu einer turnusmäßigen Sitzung zusammenkommen. Anschließend muss die Bundesregierung noch zustimmen, bevor der Bundespräsident Müller ernennt. In den Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP hatten sich die Grünen das Vorschlagsrecht für den Posten gesichert.

Müller hat VW die Stirn geboten

Als Verbraucherschützer hat Müller sehr erfolgreich agiert. Klar in der Sache, verbindlich im Ton hat er gute Kontakte in die Politik geknüpft. Mit der Musterfeststellungklage im Diesel-Skandal hat er dem Volkswagen-Konzern Paroli geboten und einen Vergleich zugunsten der VW-Fahrer herausgeholt. Der gebürtige Wuppertaler hat sich als die Verbraucher-Stimme profiliert, sich in dieser Rolle aber natürlich nicht nur Freunde gemacht. In der Debatte um die Eigenkapitalverzinsung für die Strom-, Gas- und Wasserstoffnetze rief er im Sinne der Netznutzer immer wieder zur Mäßigung auf. In Reihen der Netzbetreiber gingen deshalb die Alarmglocken an, als das Personalgerücht erstmals die Runde machte.

Neuer Chef der Bundesnetzagentur : Klaus Müller soll Strom- und Gaskunden helfen

Er geht: Die Amtszeit von Jochen Homann als Präsident der Bundesnetzagentur endet Ende Februar.Foto: Kai-Uwe Heinrich

Aber auch objektivere Beobachter sehen in der Wahl des Nachfolgers von Homann ein gewisses Signal der Politik – mehr als es etwa bei einem verdienten Staatssekretär der Fall gewesen wäre. Das Thema Verbraucherschutz dürfte in der Bundesnetzagentur künftig mehr Gewicht erhalten. Dazu passten die Äußerungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck, der vor Tagen im „Handelsblatt“ mehr Regulierung zugunsten der Verbraucher ankündigte.

Wirtschaftsminister Habeck kritisiert Verwerfungen bei Strom und Gas

„Ich will nicht verhehlen, dass wir uns anschauen müssen, wie der sehr stark liberalisierte Strom- und Gasmarkt in Zukunft aufgestellt wird“, sagte der Minister. „Dass sich die Menschen in dem guten Glauben, ein günstiges Angebot bekommen zu haben, jetzt im teureren Grundversorgungstarif wiederfinden, kann nicht einfach so ohne Konsequenzen bleiben.“ Die Spekulation von Billiganbietern sei kein belastbares Geschäftsmodell. An der Stelle brauche es zumindest mehr Transparenz.

Neuer Chef der Bundesnetzagentur : Klaus Müller soll Strom- und Gaskunden helfen

Auf Sparflamme: Gas wird immer teurer. Viele versuchen, Energie zu sparen.Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Dass die Bundesnetzagentur verstärkt für Verbraucherschutzfragen zuständig ist, liegt auch an neuen Gesetzen. Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz erhielt die Schlichtungsstelle der Netzagentur zusätzliche Aufgaben im Bereich Verbraucherschutz. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Dezember haben Verbraucherinnen und Verbraucher neue Rechte bei Telefon-, Internet- und Mobilfunkverträgen. Zu den wichtigsten Änderungen gehören kürzere Kündigungsfristen bei automatischer Vertragsverlängerung, ein Minderungsrecht bei nicht gelieferten Bandbreiten sowie Entschädigungszahlungen bei Telefon- und Internetausfällen und bei versäumten Technikerterminen. Bei Streitigkeiten mit dem Anbieter sucht die Schlichtungsstelle der Regulierungsbehörde nach einer gemeinsamen Lösung.

Wer wird neuer oberster Verbraucherschützer?

Beim VZBV muss nun ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht werden. VZBV-Verwaltungsratschef Wolfgang Schuldzinski rechnet nicht damit, dass diese Personalfrage bis zu Müllers Wechsel am 1. März entschieden sein wird. „Wir werden zunächst mit einem Interimsvorstand arbeiten“, sagte der Chef der VZ NRW dem Tagesspiegel. Am Montag trifft sich der Verwaltungsrat zu einer außerordentlichen Sitzung.

Möglich ist, dass die Nachfolge aus dem Verwaltungsrat heraus besetzt wird. So ist der Chef des Gremiums, Wolfgang Schuldzinski, in der Verbraucherszene hoch angesehen. Zudem leitet der Verbraucherschützer mit der VZ NRW die größte Verbraucherzentrale des Landes. Ebenfalls Mitglieder des Verwaltungsrats sind der Chef des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, der sich auf der politischen Bühne für die Rechte der Versicherten einsetzt und zu den größten Kritikern der Riester-Rente zählt. Annabel Oelmann hat es geschafft, der finanziell schwer angeschlagenen VZ Bremen neues Leben einzuhauchen und der kleinen Verbraucherzentrale bundesweit Gehör zu verschaffen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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