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Neue ZDF-Serie mit Merab Ninidze : „Ballouz ist Meister Yoda“

Der Georgier Merab Ninidze spielt einen Serien-Arzt im ZDF. Ein Gespräch über TV-Quatsch, Zeitkonten und Akzente.

Neue ZDF-Serie mit Merab Ninidze : „Ballouz ist Meister Yoda“

Merab NinidzeFoto: ZDF und Stefan Erhard

Merab Ninidze stammt aus Georgien, lebt in Wien und ist seit dem KZ-Drama „Hasenjagd“ 1994 ein Star der stilleren Art, die ihn über Caroline Links „Nirgendwo in Afrika“ in die HBO-Serie „Homeland“ führte. Dass der 55-Jährige nun den ZDF-Arzt „Doktor Ballouz“ spielt, könnte da ein Rückschritt sein – wäre sein seelenwunder Klinikchef in der Uckermark nicht völlig anders als die meisten seiner Kollegen. „Dr. Ballouz“ läuft im ZDF am Donnerstag um 20 Uhr 15.

Herr Ninidze, Dr. Ballouz begrüßt uns mit „Ich schaff’ das nicht!“. Hat sich ein Fernseharzt zum Einstieg schon mal kleiner gemacht?
Vermutlich nicht, aber ich bin auch kein Experte für Arztserien. Genau dieses Understatement gefiel mir jedoch sofort an der Rolle. Er ist zunächst mal Mensch, dann Mediziner.

Was unterscheidet ihn noch vom Rest seiner Branche im Fernsehen?
Er ist komplett echt und unverstellt, schaut jedem in die Augen, ist nicht nur neugierig, sondern gelegentlich philosophisch und ergänzt das Fachliche ein bisschen spirituell, wenn er mit seiner toten Frau redet. Das ist abgesehen von der Herkunft einmalig und soll auch kein Trick sein, um ihn interessanter zu machen, sondern die Zustandsbeschreibung eines emotional verwirrten Mannes, dessen Schmerz unerträglich scheint.

Was in deutscher TV-Fiktion weder sonderlich männlich noch sonderlich ärztlich ist.
Aber dafür sorgt, dass er sich gut mit seinen Patienten identifizieren kann, deren wesentlicher Grund, Ärzte aufzusuchen, ja genau das ist: Schmerzen, Ängste, Existenzängste, zuweilen Todesängste. Darin liegt ein wesentlicher Grund dafür, dass Dr. Ballouz so wenig Wert auf Äußerlichkeiten legt, ob er also wie ein erfolgreicher Chefarzt rüberkommt.

Ist es Ihnen wichtig, äußerlich wie ein erfolgreicher Schauspieler überzukommen?
Nein! Die Arbeit ist mir wichtig, die Entscheidung darüber, überlasse ich dem Publikum. Und Dr. Ballouz spricht ja auch nicht in dieser medizinischen Fachsprache, dafür fühlt er sich dem Leid seiner Patienten einfach zu nah.

Da liegt der Fehler im System. Chefarzt über Gynäkologe, Psychologe, Seelsorger – bis hin zum Personalchef ist Ballouz alles mit einem Zeitkonto, aus dem er ständig lange Einzelgespräche schöpft. Das ist doch Quatsch!
Filme sind nun mal Quatsch! Wir erzählen Geschichten, keine Dokumentationen. Allerdings im Rahmen der Wirklichkeit, sonst wären es Märchen. Bei den Regieanweisungen von Andreas Menck, der die ersten drei Folgen gemacht hat, habe ich öfter gesagt, Ballouz müsste mal wie jeder Mensch was Egozentrisches, Unangenehmes haben. Da meinte er: Nein, unser Krankenhaus mag realistisch sein, aber Ballouz ist Meister Yoda. Sie wissen, woher ich stamme?

Ursprünglich aus Georgien.
Dort hatten Mediziner genau diesen Status. Es waren zwar keine Wunderheiler, aber für alles zuständig und mussten daher auch alles einigermaßen gut können – Gynäkologe und Zahnarzt in einem? Kein Problem! Hier mag das märchenhaft klingen, aber so was gibt es.

Rührt seine innere Ruhe dabei auch aus Ihrer Persönlichkeit her? Man kennt Sie eigentlich nur tiefenentspannt…
Glauben Sie mir, ich habe auch wildere Rollen gespielt, und weil es so wenige waren, liegen sie mir sehr am Herzen. Aber klar, ich würde mich selbst als ruhigen Mensch bezeichnen, der sich zwar schnell mal aufregt, aber umso schneller wieder beruhigt. Angesichts dessen, was ich in meinem Leben durchgemacht habe, war das auch wichtig, um mich nicht zu verlieren. Und das strahlt natürlich auch auf meinen Rollen ab.

Die selten leicht, gar heiter sind.
Dabei war ich als junger Mensch ein Clown, der Schauspieler geworden ist, weil er die Leute zum Lachen bringen konnte. Schon interessant, dass ich sie in dieser Serie eher zum Weinen bringe (lacht). Wichtiger an dieser Figur ist aber, Kranken die Angst zu nehmen. Dafür sind Ruhe und Herz unerlässlich. Deshalb – noch mal zurück zur Frage nach dem Realismus.

Gerne.
Vielleicht sollten wir Dr. Ballouz nicht als wirklich, sondern wünschenswert sehen. Gerade in unserer Zeit könnte es inspirierend sein, dass da jemand in dieser Position nicht an Macht und Geld interessiert ist, sondern an seinen Mitmenschen. Damit hat er auch in mir was Verborgenes, fast Archaisches geweckt – das Bedürfnis, pur, ehrlich, rein zu sein. Das ist in einem metaphysischen Beruf wie meinem, wo man ständig jemand anderes ist, heilsam.

Interessanterweise wird seine Herkunft zu Beginn kaum thematisiert. Spielt sie auch im weiteren Verlauf keine Rolle?
Ganz zu Anfang gab es mal diese Idee. Mich hat das nicht nur deshalb erschrocken, weil ich aus Georgien stamme, sondern weil es mir so egal vorkommt. Ja, er hat einen Akzent, heißt nicht Müller und erwähnt manchmal, dass in seiner Heimat Krieg herrscht, aber was würde es der Geschichte bringen, das zu vertiefen? Am Ende hätte es in eine Richtung abgelenkt, über die ohnehin zu viel geredet wird. Erinnern Sie sich an die Szenen in der Klinikkapelle?

Wo Ballouz seine Pausen verbringt?
Beim Drehen dort habe ich mal gefragt, welche Religion er hat. Da haben alle gelacht, aber niemand wusste die Antwort, einfach weil es egal ist. Das ist bei meinen Rollen sonst anders. Bis auf „Nirgendwo in Afrika“ von Caroline Link, wo ich ein deutscher Jude war, spiele ich ja ausschließlich ausländische Figuren. Da fand ich es toll, wie unbedeutsam mein Hintergrund hier ist.

Spielt dieser Hintergrund in Ihrem Alltag eine Rolle?
Zuhause nicht, aber sobald ich im Supermarkt bin, natürlich schon. Bis heute neige ich dazu, mich dort für sprachliche Lücken zu entschuldigen. Das bleibt für einen Migranten wie mich wohl immer so. Aber das ist kein großes Problem, ich habe mich eigentlich fast nie diskriminiert gefühlt. Und wenn doch, versuche ich es nicht ernst zu nehmen.

Wo fühlen Sie sich heimisch?
Berlin vermisse ich am schnellsten, wenn ich woanders bin. In Georgien fühle ich mich mittlerweile fremder als in Österreich, das mein Leben gerettet hat. Wissen Sie, wo ich mich am heimischsten fühle?

Na?
Bei Dreharbeiten!

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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