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Museen in der Coronakrise : „Wir müssen dorthin, wo die Menschen sind“

Virtuelle Rundgänge, Direktoren im Live-Chat: Die deutschen Museen müssen sich nach ihrer Schließung erfinderisch zeigen.

Museen in der Coronakrise : „Wir müssen dorthin, wo die Menschen sind“

Alternative Youtube: Dreharbeiten einer „Kunstminute“, in der Werke aus der Sammlung der Alten Pinakothek vorgestellt werden.Foto: Alte Pinakothek

„Wir vermissen unser Publikum bereits sehr,“ schreibt Yilmaz Dziewior, der Direktor des Museums Ludwig, in einer Mitteilung, mit der das Kölner Ausstellungshaus vergangene Woche die Erweiterung seines digitalen Programms ankündigte. Kurz zuvor hatte die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf den Start ihrer multimedialen Website mit digitalem Booklet, Podcast und neuen Imageclips bekannt gegeben.

In Zeiten von Corona müssen sich die Museen neu orientieren, zumindest ihr Programm justieren. Das Publikum bleibt gezwungenermaßen fern, die Kultur braucht es mehr denn je – nicht nur daheim als Entertainment, wenn draußen alles dicht ist, sondern weil Kunst Antworten auf Fragen des Lebens zu geben sucht, die sich gegenwärtig umso dringlicher stellen.

Das digitale Museum ist plötzlich das große Thema, wenn auch unter anderen Bedingungen, als es sich die Macher wünschen würden. Die Online-Aufbereitung der Sammlungen wird seit vielen Jahren für die Wissenschaft betrieben. Zunehmend kamen die digitalen Medien hinzu, um das breite Publikum zu erreichen. „Es gibt viele Menschen in der Welt, die gar nicht wissen, dass es die Staatlichen Museen zu Berlin gibt. Wir müssen dorthin, wo sie unterwegs sind – nämlich ins Netz“, sagt Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Museen, zuständig für digitale Themen.

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Größere Sichtbarkeit für die Sammlungen

Seit vier Jahren kooperiert die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit Google Arts & Culture, um ihren Sammlungen größere Sichtbarkeit zu bescheren. Die Sorge, dass dadurch Besucher verloren gehen könnten, erwies sich bisher als unbegründet. Studien in den USA bestätigen das. Vielen dient das digitale Angebot sogar zur Vorbereitung ihres Museumsbesuchs. Gegenwärtig ist es die einzige Möglichkeit hineinzukommen.

Bis vor Kurzem schlummerten die Hinweise auf Youtube-Kanal, Zusatzinfos und VR-Anwendungen bei den Staatlichen Museen noch in den Tiefen der Websites, sie waren eher ein Anhängsel des Angebots. Vorne im Licht standen die aktuellen Ausstellungen. Das hat sich gründlich geändert. 

Unter dem Hinweis auf die Schließung wegen Corona ploppen nun Empfehlungen für virtuelle Rundgänge und die digitale Sammlung auf. Das Angebot soll schnellstmöglich erweitert werden, verspricht Mechthild Kronenberg, Leiterin des Referats Presse, Kommunikation, Sponsoring. Geplant sind Spaziergänge mit Direktoren und Kuratoren durch die verlassenen Ausstellungen. Christina Thomson wird in der Kunstbibliothek durch das „Grafische Atelier“ der Design-Pioniere Stankowski + Duschek führen, Andreas Schalhorn von seinen Vorbereitungen für „Pop on Paper“ berichten und Dagmar Korbacher über Raffael sprechen, dessen Papierarbeiten zum 500. Todestag des Malers im Kupferstichkabinett zu sehen sind.

In der Krise wird die kulturelle Versorgung wichtiger

„Viele Aufgaben des Museums bleiben die gleichen, unabhängig ob sie besucht werden können oder nicht“, sagt Christina Haak. „In Zeiten von Corona wird jetzt deutlich, wie wichtig die kulturelle Versorgung ist.“ Die digitale Vermittlung ist nur ein Instrument, das den Museen gegenwärtig als einziges verblieben ist. Zum Jahresende läuft das vierjährige Pilotprojekt Museum4punkt0 aus.

Doch hat die Kulturstaatsministerin bereits eine Verlängerung in Aussicht gestellt. Zwar ging es vornehmlich um neue Möglichkeiten der digitalen Vermittlung im Museum, aber aktuell bietet es sich an, die Audiospur der VR-Anwendung von Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“ mit hochauflösenden Aufnahmen des Gemäldes auf die Website zu stellen.

Mit Hochdruck wird außerdem an einer attraktiveren Präsentation der digitalen Sammlung gearbeitet. Von den über fünf Millionen Objekten der Staatlichen Museen ist mittlerweile über ein Viertel auf smb-digital.de abrufbar, doch wirkt die Aufbereitung wenig ansprechend. Für Wissenschaftler genügt die spröde Form, nicht aber für den durchschnittlichen Besucher oder Touristen, die sich etwa ihre persönliche Highlight-Tour auf der Museumsinsel zusammenstellen wollen. Nach dem Relaunch durch Museum4punkt0 wird sich jeder Nutzer sein eigenes Sortiment zusammensuchen können – Kindermotive aus allen Jahrhunderten oder Porträts in der Gemäldegalerie. Trotzdem klagt Christina Haak, dass es an Mitarbeitern und Kompetenz fehlt. Mit Sorge sieht sie dem Projektende von Museum4punkt0 und dem Auslaufen der Verträge ihrer Experten entgegen.

Die digitale Präsenz gehört zum Bildungsauftrag

Das gleiche Problem kennt Bernhard Maaz, der Generaldirektor der Münchner Staatsgemäldesammlungen. Während es in Berlin vier Stellen im Bereich Digitales gibt, ist es in Bayern gegenwärtig nur eine halbe. Maaz gibt sich kämpferisch: „Die Präsenz im Digitalen ist notwendig und gehört zum Bildungsauftrag.“

Anfang des Jahres veröffentlichte er die Denkschrift „Das gedoppelte Museum“ (Verlag Buchhandlung Walther König, 8 €), die erweiterte Fassung seines Festvortrags zum 50-jährigen Bestehen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst 2019 in der Akademie der Künste. Darin gibt Maaz Museumsleuten, Trägern und Partnern Verbesserungsvorschläge an die Hand – durch Open Access, Lockerung der Bildrechte, zeitgemäße Ausstattung, einheitliche Software.

Die 25 000 Werke der Pinakotheken sind zwar komplett im Netz zu finden, doch nur die Hälfte ist mit einer Abbildung versehen, einige auch nur in Schwarz-Weiß, da die Bildrechte nicht geklärt sind. „Für die Einholung der Rechte fehlt uns das Personal, für die Bezahlung das Geld“, beschreibt Maaz das Dilemma. Zugleich macht er deutlich, dass die Unterhaltung der Programme und ihre Weiterentwicklung auch nach der digitalen Aufrüstung Kosten generiert.

Kunst-Tutorials auf Youtube

Die Schließung wegen Corona fiel den Münchnern wie allen anderen schwer, wenn auch zu einer gewissen Erleichterung die Sonderausstellungen – „Florenz und seine Maler“, „Die Caravaggisten“ und vor wenigen Wochen „Van Dyck“ – gelaufen sind. Doch schon ist das nächste große Ausstellungsprojekt im Mai gefährdet. Umso mehr richtet sich der Fokus auf das Angebot im Netz. So werden zügig weitere „Kunstminuten“ produziert, in der die Münchner Kuratoren auf Youtube ein Werk der Sammlungen vorstellen. Hinzu kommen künftig die Restauratoren mit ihren Patienten. Auch Maaz will sich beteiligen, der bislang nur die Einführung spricht.

Der geplante virtuelle Museumsrundgang soll vorgezogen werden. Kunstkurse, digitale Führungen und Kinderprogramme könnten online in dialogischer Form stattfinden, steht als Idee im Raum; Kuratoren oder Direktoren sollen Live-Chats führen. Noch gibt es keine Erkenntnis über gestiegene Besucherzahlen im Netz, doch so viel konnte Tine Nehler, Pressesprecherin der Pinakotheken, bereits feststellen: Das Interesse an den Posts und Storys ist gestiegen. Doch schon weist das Portal der Stadt München auf seiner Museumswebsite auf die nächste Problematik hin: Wegen der aktuell hohen Auslastung kann es gelegentlich zu Ausfällen der Angebote kommen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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