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Massenmord in Butscha, Gräueltaten in Mariupol : Wer befiehlt Massaker? Es gibt einen ersten Verdacht

In Butscha sollen Kriegsverbrechen begangen worden sein. Wie es dazu kam, ist unklar. Beim Mariupol-Angriff ist mehr bekannt – und doch gibt es Zweifel.

Massenmord in Butscha, Gräueltaten in Mariupol : Wer befiehlt Massaker? Es gibt einen ersten Verdacht

Eine Bewohnerin von Mariupol geht durch die zerstörten StraßenFoto: Alexander Ermochenko/REUTERS

Es sind erschütternde Bilder, die von Butscha um die Welt gegangen sind: Dutzende leblose Körper liegen in der ukrainischen Kleinstadt auf dem Asphalt, die Straßen sind auf ausgebrannten Autowracks gesäumt, die Wohnhäuser zerbombt. Über 400 Tote wurden entdeckt. Manche Leichen waren verbrannt, andere offenbar vermint. So sieht das Massaker von Butscha aus.

Noch ist unklar, wer genau hinter dem Massenmord steckt. Laut ukrainischen Behörden und internationalen Korrespondenten, die vor Ort sind, soll es sich jedoch um ein russisches Kriegsverbrechen handeln. Derzeit werden Zeugen gesucht – Angaben aus dem Gebiet lassen sich kaum unabhängig bestätigen.

Zugleich erinnern die Bilder an die heftigen Kämpfe um Mariupol. Auch hier sollen nach Angaben des Bürgermeisters Tausende von Zivilisten getötet und Wohngebäude dem Erdboden gleichgemacht worden sein. Zugleich aber gibt es hier bei der Frage, wer – womöglich! – konkret hinter den Gräueltaten an der Zivilbevölkerung stecken könnte ein erstes Gesicht mit einem Namen: Generaloberst Mikhail Mizinzew. Er wird mittlerweile als „Schlächter von Mariupol“ bezeichnet.

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Das britische Außenministerium verpasst Mizinzew diesen Schmäh-Titel jetzt sogar in einer offiziellen Erklärung. Inhalt des Schreibens waren Sanktionen gegen den Leiter des russischen Nationalen Verteidigungskontrollzentrums. Begründung? Er werde „mit der Planung und Durchführung der Bombardierung von Mariupol und anderen wichtigen russischen Militäroperationen gegen die Ukraine in Verbindung gebracht“.

Auch ukrainische Beamte und Aktivisten beschuldigen Mizinzew, erst die Belagerung und dann den Angriff auf die südukrainische Hafenstadt orchestriert zu haben. „Das ist Mikhail Mizinzew. Er leitet die Belagerung von Mariupol. … Er hat große Erfahrung mit der Zerstörung von Städten in Syrien“, twitterte Oleksandra Matviichuk, Leiterin des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten.

Die Zerstörung von Mariupol ist zuletzt immer wieder mit der Belagerung von Aleppo im Jahr 2016 verglichen worden. Damals halfen russische Streitkräfte dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad über mehr als ein halbes Jahr hinweg bei der Niederschlagung der Rebellen. Zu einem internationalen Aufschrei führte dabei, dass neben konventionellen Luftangriffen auch Streubomben, chemische Waffen und andere verbotene Munition eingesetzt wurden.

Laut der Website des russischen Verteidigungsministeriums leitete Mizintsev ein ministerielles Koordinierungsgremium, das für die Rückkehr von Flüchtlingen während des Syrienkriegs zuständig war. In Mariupol war Mizinzew nun als Russlands Ansprechpartner für eine Vereinbarung mit den Ukrainern über eine humanitäre Waffenruhe benannt worden. Zivilisten sollten aus der Stadt mit 100.000 Einwohner evakuiert werden und zugleich Hilfsgüter in die Stadt gebracht werden.

Doch die Aktion misslang mehrfach. Laut ukrainischen Angaben wurden stattdessen ein Entbindungskrankenhaus und andere zivile Ziele bombardiert. Dafür machte das ukrainische Militär Mizinzew „persönlich“ verantwortlich.

Aber an dieser Lesart gibt es Zweifel: US-Experten für die russische Armee sind durchaus überrascht, dass Mizinzew so explizit als „Schlächter von Mariupol“ herausgegriffen wird. „Ich verstehe das alles ehrlich gesagt nicht –  ich glaube nicht, dass er hier operative Führungsverantwortung hat, und er hat keinen besonderen Ruf als Schinder oder Schläger, von dem ich wüsste“, sagte Mark Galeotti, Honorarprofessor zum Thema Russische Streitkräfte am University College London der „Washington Post“.

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Auch Keir Giles, Russland-Experte der britischen Denkfabrik Chatham House, will sich nicht auf Mizinzew als „Schlächter von Mariupol“ festlegen. Der Generaloberst sei zwar durchaus eine hochrangige Militär-Persönlichkeit in Russland, teilte er der „Washington Post“ mit.

Allerdings habe Mizinzew die letzten Jahrzehnte größtenteils in Positionen verbracht, die „eigentlich administrativer Natur waren – also nicht nur Stabsposten, sondern auch die Leitung von Hauptquartieren, Kommandoposten und Koordinationszentren“. Giles betont dabei einen Gegensatz: „Er unterscheidet sich von den anderen prominenten russischen Befehlshabern, die zumeist über operative Erfahrungen vor Ort in Syrien verfügen.“

Damit erscheint Mizinzew zumindest bei Russland-Experten in den USA eher als unbeschriebenes Blatt. Und auch die US-Regierung will bislang nicht der britischen Lesart über den Generaloberst folgen: Sie USA haben keinerlei Sanktionen gegen den „Schlächter von Mariupol“ verhängt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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