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Lustlos in die gemeinsame Zukunft : Warum Berlin und Brandenburg so schleppend zusammenwachsen

Berlin und Brandenburg wachsen immer mehr zu einer Metropolregion. Doch statt die Bürger für das Thema zu begeistern, sammelt der Senat nur ein paar „Ideen“.

Lustlos in die gemeinsame Zukunft : Warum Berlin und Brandenburg so schleppend zusammenwachsen

Auch Berliner ziehen zunehmend in den Speckgürtel der Hauptstadt, wie hier in der Gemeinde Schönefeld in Brandenburg.Foto: Kitty Kleist-Heinrich

Sechs Millionen Einwohner, 200.000 Pendler, verstopfte Autobahnen, überfüllte Regionalzüge und ein Bauboom rund um die Hauptstadt, der die Belastungsgrenzen von Natur und Infrastruktur auf die Probe stellt. Die kräftig wachsende Metropolregion Berlin-Brandenburg frisst sich ohne Steuerung tief in die Mark hinein.

Weil der Senat der Metropole mutlos ist beim Bau neuer Wohnungen und sich die Ertüchtigung von Schulen, Bus- und Bahnlinien hinzieht, werben Brandenburger Gemeinden junge Familien und gute Steuerzahler ab, die scharenweise ins Grüne ziehen.

Berlin hat den zügellosen Wettbewerb längst verloren gegeben. Mehr noch, die frühere Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) entgegnete der Kritik an ihrer ungelenken Baupolitik mit dem Hinweis, in Brandenburg entstünden doch Wohnungen genug.

Zwar haben die beiden Landesregierungen schon vor Jahren eine „gemeinsame Strategie“ für die Planung des Großraums angekündigt und wollten dazu auch den Rat der Menschen einholen, in deren Alltag die Grenzen zwischen Berlin und Brandenburg längst fließend geworden sind. Doch diese Bürgerbeteiligung mitten in der Pandemie endet nun fast lautlos, mit ein paar Dutzend „Ideen“. Das könnte sich noch rächen.

„Selbstgefällige Tatenlosigkeit“ in dieser „Zukunftsfrage“ wirft der Generalsekretär der CDU Stefan Evers dem Senat vor. Empörung gehört zwar zum Geschäft der Opposition, doch Evers hat gute Gründe für seinen Ärger über die Lässlichkeit in der Frage, wie die Region Zuspruch und Zustrom von Menschen und Firmen bewältigen soll.

„Tesla schafft Tausende Arbeitsplätze und wird Dutzende neuer Dienstleister nach sich ziehen.“ Sobald die Pandemie zurückgedrängt ist, werde dazu noch der BER hochgefahren und einen gewaltigen Schub an Mensch und Material auslösen, allein schon in dem bereits errichteten Business-Quartier des Airports.

Die öffentliche Debatte blieb aus

Schönefeld und Grünheide, wo die Tesla-Fabrik entsteht, seien nur zwei Hotspots im wachsenden Großraum, dessen Entwicklung Begleitung und Beratung brauche. „Aber statt eine breite öffentlichen Debatte auf allen, auch sozialen, Kanälen loszutreten, hat der Senat seine Aufrufe zur Bürgerbeteiligung gut versteckt auf der eigenen Website“, sagt Evers. Mit einem solchen „Feigenblatt“ sei keine Gestaltung und keine „breite Akzeptanz“ der regionalen Planung zu erwarten.

Stattdessen müsse mit Widerständen und Protesten gerechnet werden, wenn Bagger und Bauleute anrücken. Damit rührt Evers an einem wichtigen Punkt: Forscher und Investoren denken die Zukunft Berlins schon seit Jahren als die einer gemeinsamen Region mit Brandenburg. Wer Wohnungen baut, wie Jürgen Leibfried, Chef von der Bauwert, tut das hüben wie drüben.

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Stadtplaner wie Harald Bodenschatz nennen die „Urbanisierung“ Berlins stets in einem Atemzug mit der „Gestaltung des Großraums“, also Berlin und Brandenburg, als seien sie schon eins. Schon lange vor der Eröffnung des BER versorgten sich Bauträger mit Boden und errichteten Quartiere entlang der A113 Richtung Schönefeld.

Viele verlassen die Region

Wildwuchs und ungeregelte Versieglung von Biotopen ist das eine, dazu kommt: Die ganze Region verliert im Wettbewerb zu anderen, entfernteren Wirtschaftsräumen. „Berlin verliert nicht nur Einwohner an umliegende Kreise, sondern auch im Verhältnis zum entfernteren Brandenburg, zu Mecklenburg-Vorpommern und zu halb Sachsen“, sagt Harald Simons, Forscher beim Institut empirica. Nur eine neu aufgelegte Planung für den weiteren Metropolenraum kann den Aderlass stoppen.

Zum dem was bisher geschah zog Berlins Senatskanzlei vor wenigen Tagen wie folgt Bilanz: „Im öffentlichen Dialog wurden 56 Ideen und Anregungen verfasst, die von Teilnehmern wiederum zusammen 37 Mal kommentiert wurden“.

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Interessiert die Berliner die Zukunft ihrer Region tatsächlich so wenig? Schwer zu glauben beim Blick auf die Agenda der Planung: Auf dieser steht die Entwicklung neuer „Siedlungen und der Wohnungsmarkt“, über dessen Regulierung – Stichwort: Mietendeckel und Enteignung – so heftig gestritten wird. Es geht um „Mobilität“, also welche Straßen und Bahnlinien ausgebaut und welche Quartiere Haltestellen bekommen.

Ferner stehen auf dem Plan unsere „Lebensgrundlagen und Lebensqualität“, mithin wie viel Felder und Wälder dem Wachstum geopfert werden, wie sauber die Luft ist und wie dicht an den Ufern gesiedelt wird etwa. Eben weil „Wirtschaft, Fachkräfte und Energie“ auf dem Spiel stehen, dessen Entwicklung aber den „Klimaschutz“ gefährden. Kurzum, es geht ums große Ganze.

Die Bürgerbeteiligung lief im Stillen aus

Dass die großen Worte in der Erklärung der Senatskanzlei zur Mobilisierung der Bürger schon einer Übersetzung bedürfen, könnte sich in Zukunft als Problem erweisen – Stichwort: gescheiterte Kommunikation. Auch das könnte die „Lustlosigkeit“ der Berliner erklären. Zumal viele ohnehin erst dann aufschreien und klagen, wenn der Wandel vor ihrem Gartenzaun geschieht oder der Stau ihre Bundesstraße verstopft.

Ihnen bewusst zu machen, dass sich die Weichenstellungen für das große Ganze bis auf den kleinsten Fleck in der entferntesten Region auswirkt, hätte sie womöglich mobilisiert. Das jedenfalls meint die CDU, deren „Eilantrag“ im Abgeordnetenhaus am Donnerstag, die „Bürgerbeteiligung ernst zu nehmen und auszubauen!“, allerdings abgeschmettert wurde von einer Mehrheit von Parlamentariern mit den Stimmen von R2G. Damit läuft an diesem Sonntag das „Beteiligungsverfahren“ aus.

Die Senatskanzlei hält die Sorgen für unbegründet und ist „mit dem bisherigen Verlauf des Projekts zufrieden“. Durch die Berichterstattung sowie die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit von Berlin und Brandenburg habe die Beteiligung in der letzten Woche noch einmal zugenommen. Wie Sprecherin Melanie Reinsch mitteilte, seien bis zum 14. Januar „470 Ideen und 613 darauf bezugnehmende Kommentare“ auf der Beteiligungsplattform gesammelt worden“. Wichtigstes Thema sei „Mobilität“, zu der Berliner 217 Ideen beitrugen. Reinsch weiter: „Aus Erfahrung mit einer Vielzahl von Projekten auf mein.Berlin.de zeigt sich, dass das eine hohe Beteiligung ist“. Zumal nicht allein die Anzahl, sondern auch die Qualität der individuellen Beiträge zähle.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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