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Kritik am Vorschlag von Bausenator Geisel : Warum Berlin keine Eigentumswohnungen bauen und verkaufen sollte

Wir dürfen den knappen städtischen Boden nicht mit Wohnungen zuzupflastern, die keine sozialen Bedarfe decken, sagt Linke-Politiker Schenker. Ein Gastkommentar.

Kritik am Vorschlag von Bausenator Geisel : Warum Berlin keine Eigentumswohnungen bauen und verkaufen sollte

In den vergangenen drei Jahren sind 6500 Sozialwohnungen in Berlin entstanden. Der Bedarf ist groß. Etwa eine Million der Berliner…Foto: dpa/Paul Zinken

Bausenator Andreas Geisel hat wiederholt den Vorschlag geäußert, dass die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) künftig einen Anteil an Eigentumswohnungen bauen und verkaufen sollen. Damit soll laut Geisel der Bau von Sozialwohnungen refinanziert werden. Dieser Vorschlag ist weder vom Koalitionsvertrag gedeckt noch sinnvoll. Mit uns Linken wird es das nicht geben. Der Verkauf kommunaler Wohnungen Anfang der 2000er Jahre ist ursächlich für die zentralen Probleme auf dem Wohnungsmarkt, mit denen wir heute konfrontiert sind. Wir haben aus den Fehlern gelernt. Anstatt den sozialen Versorgungsauftrag der öffentlichen Unternehmen über Bord zu werfen, brauchen wir eine neue Finanzierung des kommunalen Wohnungsbaus.

Wenn es an irgendetwas in Berlin nicht mangelt, dann sind es Eigentumswohnungen für Gutverdienende. Allein zwischen 2014 und 2021 sind 120.000 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. In den letzten drei Jahren ist etwa jede dritte Neubauwohnung als Eigentumswohnung errichtet worden, insgesamt sind das 18.500 Wohnungen. Dadurch stieg die Eigentumsquote in den letzten Jahren leicht an. Durch die steigenden Zinsen und eine unsichere wirtschaftliche Lage dürfte die Nachfrage künftig eher abnehmen.

Gleichzeitig wurden in den letzten drei Jahren gerade einmal 6500 Sozialwohnungen (und zwar fast ausschließlich von den öffentlichen Unternehmen) gebaut, obwohl Berlin in diesem Segment den größten Bedarf aufweist. Etwa eine Million der Berliner Haushalte hätte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) und damit eine Sozialwohnung, doch real gibt es davon nur noch 88.000 im Bestand. Zudem werden in den nächsten vier Jahren weitere 20.000 Wohnungen ihre Mietpreis- und Belegungsbindung verlieren.

Erfolgreicher Volksentscheid als Rückenwind

Nicht nur deshalb wirken von kommunalen Unternehmen gebaute und aus öffentlichen Mitteln finanzierte Eigentumswohnungen schräg. Vor nicht einmal einem Jahr hat sich eine Mehrheit der Berliner:innen für die Vergesellschaftung privater Immobilienkonzerne ausgesprochen, also dafür, dass weite Teile des Wohnungsmarktes in öffentliches Eigentum überführt und aus der Marktlogik herausgelöst werden. Den erfolgreichen Volksentscheid sollten wir als Rückenwind für den gemeinwohlorientierten Umbau des Wohnungsmarkts nutzen. Der Vorschlag des Bausenators sieht das genaue Gegenteil vor: Landeseigene Wohnungen, die bisher einer strengen Regulierung unterliegen, sollen an den Markt gebracht werden.

Laut Stadtentwicklungssenator Geisel sollen diese „öffentlichen Eigentumswohnungen“ nicht nur den Bau von Sozialwohnungen quer subventionieren. Sie sollen zusätzlich auch noch an niedrige und mittlere Einkommensgruppen vergeben werden, um so für Sicherheit in den eigenen vier Wänden zu sorgen. Was gut klingt, geht wohnungswirtschaftlich nicht auf: Um günstig verkauft zu werden, müssten Eigentumswohnungen massiv staatlich subventioniert werden. Wenn das Geld aus der Wohnungsbauförderung kommen soll, stehen Eigentumswohnungen dann in Konkurrenz zum Bau von Sozialwohnungen. Für eine Querfinanzierung des geförderten Wohnungsbaus müssten kommunale Wohnungen teuer verkauft werden, dann profitierten aber nur Gutverdienende.

Wir brauchen bezahlbare Mietwohnungen

Wir können es uns nicht leisten, den knappen städtischen Boden mit Wohnungen zuzupflastern, die keine sozialen Bedarfe decken. Jeder Quadratmeter städtischen Baulands und jeder für den kommunalen Wohnungsbau zur Verfügung stehende Euro müssen in den Bau bezahlbarer Mietwohnungen investiert werden. Denn je mehr öffentliche Wohnungen, desto größer ist auch die steuernde Wirkung des Landes auf den Wohnungsmarkt. Werden kommunale Wohnungen verkauft, gibt das Land sein wichtigstes wohnungspolitisches Instrument aus der Hand.

Kritik am Vorschlag von Bausenator Geisel : Warum Berlin keine Eigentumswohnungen bauen und verkaufen sollte

Niklas Schenker (29) sitzt seit 2021 für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus. Er ist Sprecher unter anderem für Mieten, Wohnen,…Foto: Linke Berlin

Natürlich sind die Ansprüche an die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen hoch. Mit ihren 340.000 Wohnungen bilden sie das Rückgrat der sozialen Wohnraumversorgung und einen wichtigen Gegenpol zur privaten Immobilienwirtschaft. Mit ihren geringen Mieten dämpfen sie den Mietspiegel. Sie vermieten 63 Prozent der frei werdenden Wohnungen an WBS-Berechtigte und sollen in den nächsten fünf Jahren 35.000 neue Wohnungen bauen, mindestens die Hälfte davon im geförderten Segment.

Durch günstige Bedingungen konnten die Landeswohnungsunternehmen ihre zahlreichen Aufgaben bisher weitgehend ohne finanzielle Unterstützung stemmen. Das ändert sich gerade. Natürlich setzen die steigenden Bau- und Energiekosten und die Zinswende die Unternehmen unter Druck.

Auch der Ankauf von 13.000 Wohnungen aus dem Bestand von Vonovia zu hohen Marktpreisen hat die wirtschaftliche Situation der Unternehmen verschlechtert. Diese steigenden Kosten dürfen aber weder durch den Verkauf von Wohnungen noch durch Mieterhöhungen kompensiert werden.

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Wohnen ist für uns Linke eine soziale Infrastruktur und die kommunalen Unternehmen sind ein zentrales Steuerungsinstrument. Wohnen als öffentliche Daseinsvorsorge muss im Zweifel bezuschusst werden, wie dies in anderen Bereichen – zum Beispiel in der Bildung und im Nahverkehr – auch der Fall ist. Statt die Landeswohnungsunternehmen marktförmiger auszurichten, müssen wir sie stärker in Richtung eines gemeinwohlorientierten Kurses steuern.

Förderung nur für öffentliche Unternehmen

Schon in der Vergangenheit wurden die ambitionierten Neubauziele der Kommunalen verfehlt. Um den kommunalen Wohnungsbau auch in der Krise zu ermöglichen, sollten wir neue Finanzierungswege eröffnen und das Eigenkapital der Unternehmen anheben. Im neuen Landeshaushalt wurden die Fördermittel für den Bau von Sozialwohnungen von 500 auf 740 Millionen Euro spürbar aufgestockt.

Bisher richtet sich die Förderung gleichermaßen an private wie öffentliche Unternehmen. Doch die Privaten haben die Förderung bisher kaum in Anspruch genommen und werden es in der Krise noch weniger tun. Deshalb sollten wir diese Mittel künftig ausschließlich zur Finanzierung des kommunalen Wohnungsbaus einsetzen, statt damit private Bauherren zu fördern, die in der Krise keine verlässlichen Partner sind.

Eine neue kommunale Bauwirtschaft

Die Krise der privaten Bauwirtschaft bietet zudem die Chance, ausstehende Reformen endlich anzupacken und eine Kommunale Bauhütte aufzubauen: Anstatt dass sechs LWU (und die Berlinovo) jeweils Bau- und Planungskapazitäten am Markt einkaufen, könnten durch Kooperation und den Aufbau gemeinsamer Kapazitäten Synergien entwickelt und Kosten gespart werden.

Private Bauherren ziehen sich derzeit reihenweise aus Bauvorhaben zurück. Die Landeswohnungsunternehmen sollten in die Lage gebracht werden, für sie einzuspringen. Daraus könnte eine neue kommunale Bauwirtschaft entstehen. Ein Blick in die Berliner Stadtgeschichte zeigt: Schon vor 100 Jahren wurde die Wohnungsfrage durch den Aufbau starker gemeinnütziger und kommunaler Bauträger beantwortet.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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