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Kreuzberger Buchhandlung „Kisch & Co“ verliert vor Gericht und muss raus

Kreuzberger Buchhandlung „Kisch & Co“ verliert vor Gericht und muss raus

Die Buchhandlung „Kisch & Co“ in der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg
Foto: Olaf Wagner

Und wieder stirbt ein Stück Kiez! Trotz Protesten soll die Kreuzberger Buchhandlung Kisch & Co laut einem Gerichtsurteil geräumt werden.

Wie ein Kreuzberger Kiezbuchladen unter die Räder von Londoner Milliardären kommt …

Landgericht, Saal 129. Aufruf zum Aktenzeichen 55 O 272/20. Über 100 Demonstranten vorm Gebäude. Zehn dürfen als Zuschauer in den Saal.

Kreuzberger Buchhandlung „Kisch & Co“ verliert vor Gericht und muss raus

Proteste am Dienstag vor der Buchhandlung in Kreuzberg (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Das sind die Kläger: „Victoria Immo Properties V S.à r.i.“, Sitz Luxemburg, die Nobel-Anwälte per Video aus Frankfurt am Main zugeschaltet.

Das sind die Beklagten: der Buchladen „Kisch & Co“ Oranienstraße 25, seit 24 Jahren in Kreuzberg eine Institution. Auf 140 qm Bücher bis zur Decke.

10.12 Uhr beginnt der Prozess. 10.33 Uhr ist er vorbei. Die Richter beraten nur drei Minuten, dann steht das Urteil fest: Der Buchladen muss raus aus dem Haus.

Richter Dr. Martin Suilmann: „Die Flächen sind zu räumen und herauszugeben.“ Der Buchladen hatte argumentiert, auch Gewerbe-Mietverhältnisse sollten nur „bei berechtigtem Interesse“ (wie Eigenbedarf) gekündigt werden dürfen (wie im Wohnraum-Mietrecht). So steht es aber leider nicht im Gesetz. Der Richter: „Uns sind die Hände gebunden. Gesetze zu ändern, ist Aufgabe der Politik.“

Buchladen-Betreiber Frank Martens (65) ist enttäuscht: „Wir warten nun auf den Gerichtsvollzieher.“ Es gibt eine Spendenaktion. Zu den prominenten Unterstützern gehören viele Musiker (Einstürzende Neubauten, Stereo Total, Meret Becker gab ein Soli-Konzert) und Künstler wie die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Schauspieler Josef Bierbichler, Marc-Uwe Kling („Die Känguru-Chroniken“), Pop-Art-Maler Jim Avignon.

Das Haus „O25“ gehörte lange Nicolas Berggruen. Gekauft 2008 für unter 8 Mio. Euro. Verkauft zwölf Jahre später für über 35 Mio. Euro. Hinter dem neuen Besitzer soll die schwerreiche Rausing-Familie in London stecken, die ihr Milliarden-Vermögen vom schwedischen Tetra-Pak-Gründer erbte.

Das „Kisch & Co“ wollte nächsten Sommer sein 25-jähriges Jubiläum feiern, sagte Frank Martens im Prozess. „Aber darüber hinaus geht es auch um den Erhalt des gesamten Kultur- und Sozialstandorts Oranienstraße 25. In den nächsten Monaten und Jahren laufen bei allen Projekten die Mietverträge aus. Kein Mieter im Haus wird die angestrebten Mieterhöhungen bezahlen können.“

Kreuzberger Buchhandlung „Kisch & Co“ verliert vor Gericht und muss raus

Co-Chef Thorsten Willenbrock in der Buchhandlung (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Das dreifache der bisherigen Miete stehe im Raum. Im Haus gibt es eine Galerie für Bildende Kunst, das Museum der Dinge, ein Architektur-Büro, ein Yoga-Zentrum. Martens: „Auf der einen Seite steht das Profitinteresse einiger steinreicher anonymer privater Spekulanten. Auf der anderen Seite jahrelange Arbeit von Kulturschaffenden, Galerien, Museen, die auf einen Schlag kaputt gemacht oder verdrängt wird. Die Uhr tickt.“

Die Frage sei: „Wem gehört die Stadt? Den Menschen, die sie bewohnen und beleben, oder den anonymen Spekulanten in den weltweiten Steueroasen.“ Noch hat er nicht aufgegeben. Erneut fordert er die neuen Besitzer auf, in „substanzielle, nachhaltige Verhandlungen über einen weiterführenden Mietvertrag zu annehmbaren Konditionen einzutreten.“

Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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