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Kinderfeindliche Corona-Politik : Die Eltern sollten die Kosten in die Höhe treiben – mit Kinderkrankentagen

Auf Kinder nimmt die Politik kaum Rücksicht – auch, weil die Familien sich das bieten lassen. Diese sollten jetzt den Preis in die Höhe treiben. Ein Kommentar.

Kinderfeindliche Corona-Politik : Die Eltern sollten die Kosten in die Höhe treiben – mit Kinderkrankentagen

Wenn alle Eltern die ihnen zustehenden Kinderkrankentage nehmen würden, entstünden dem Staat hohe Kosten.Foto: Mascha Brichta, picture alliance / dpa-tmn

Eins kann man dem Corona-Management der Bundesregierung nicht vorwerfen: dass nicht immer zuerst an Kinder und Jugendliche gedacht wurde. Leider dachte man allerdings immer dann zuerst an sie, wenn man sich fragte, was zuerst wieder dicht machen müsse, um der Krise zu begegnen. Maximal auch noch in Form wohlfeiler und folgenloser Zusicherungen.

Die Bundesrepublik, der Staat mit der global fünftältesten Bevölkerung, hat seit Coronabeginn kontinuierlich ihre strukturell verwurzelte Kinder- und Jugendfeindlichkeit unter Beweis gestellt. Und in fast zwei Schuljahren nicht viel gelernt. Vierte Welle, vierter Anlauf: Und so beginnt jetzt, kurz vor dem Ende der Berliner Sommerferien, wieder einmal die Diskussion, wieder mal initiiert von den einschlägig bekannten Stimmen.

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Man solle an Corona-Maßnahmen festhalten, also notfalls auch am Wechselunterricht, fordert gerade der SPD-Politiker Karl Lauterbach. Und Eltern wissen, dass Lauterbach-Äußerungen so etwas wie Frühindikatoren der später folgenden Corona-Politik sind. Da können sich Kinderärzte-Verbände oder Bundesärztekammer noch so oft hinstellen und betonen, dass die Gefahren von Corona-Einschränkungen an Bildungseinrichtungen für die Masse der Kinder weit schwerer wiegen als die von Corona-Infektionen.

[Lesen Sie hier bei T-Plus: Das Leben nach Corona und die Frage: Sind wir noch gesellschaftsfähig?]

Eltern verfolgen dieses Desinteresse weiter Teile der Politik gegenüber der jüngsten Generation und damit an der Zukunft der Gesellschaft mit Sorge und Wut: Dabei verfügen Familien durchaus über einen wirksamen Instrumentenkasten, den sie nur endlich auch nutzen müssen. Da ist natürlich einmal der Stimmzettel bei der nächsten Bundestagswahl.

Doch vielleicht noch wirksamer wäre es, die Kosten in die Höhe zu treiben für das jetzt seit anderthalb Jahren andauernde Versagen, Schulen und Kitas fit zu machen für einen Regelbetrieb auch unter Pandemiebedingungen: indem berufstätige Eltern – sollten Bildungseinrichtungen tatsächlich wieder teilweise geschlossen werden – alle ihnen zustehenden Kinderkrankentage nehmen. Die wurden ja mit großer Geste 2020 ein erstes Mal und in diesem Jahr ein zweites Mal großzügig aus genau diesen Grund aufgestockt.

Sie könnten bis zu 120 Werktage der Arbeit fernbleiben

Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern unter zwölf Jahren könnte damit nun legal bis zu 120 Werktage pro Jahr der Arbeit fernbleiben, wenn die Bildungseinrichtungen ganz oder teilweise geschlossen werden. Bis zu 90 Prozent des Nettoarbeitslohns trüge der Staat, also der Steuerzahler.

Bei gut neun Millionen Kindern zwischen ein und zwölf Jahren entstünden gigantische Summen, würden sich massenhaft Eltern entscheiden, den neuen gesetzlichen Anspruch auch zu nutzen. Jetzt ist die Zeit, mit einer solchen Rechnung schon mal zu wedeln. Nur so kann Politik und Verwaltung offenbar zu Denkarbeit motiviert werden, die über das bisher geleistete Ungenügende hinausgeht. Ja, das würde zu Lasten der Gemeinschaft gehen. „Fair enough“ würden leidgeplagte Kinder da wohl antworten, wenn ihr letzter Englisch-Unterricht nicht schon zu lange zurückläge.

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Bisher läuft es bei den Eltern andersherum. Man schleppte sich durch, vereinbarte Familie, Beruf und Corona auf Teufel komm raus und machte sich selbst dabei kaputt. Viele Eltern geben da gerade die Streber der Nation. Und die Politik scheint glücklich zu sein, jemanden gefunden zu haben, auf dem sie die Hauptlast der Corona-Politik abladen kann.

Ein Elternstreik, er wäre die Ultima Ratio für viele völlig entkräftete Familien in Deutschland. Dazu braucht es Mut gegenüber den Arbeitgebern, und ein Überhören des permanenten schlechten Gewissens gegenüber der Volkswirtschaft. Wird es so kommen? Wahrscheinlich nicht. Alternativ müsste man nach Privatlehrern Ausschau halten, wenn man es sich leisten kann. Hier wird es gerade sehr eng, ranhalten! Für die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland ist das eine weitere Katastrophe. Aber über deren Folgen muss man sich erst später kümmern.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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