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Joachim Löw und die Nationalmannschaft : Zurück unter Null

Bundestrainer Löw wollte mit frischem Schwung Richtung EM starten, stattdessen sind nach der historischen Niederlage gegen Nordmazedonien die Zweifel zurück.

Joachim Löw und die Nationalmannschaft : Zurück unter Null

Bekanntes Muster. Der Bundestrainer hadert. Das ist nichts Neues.Foto: imago images/Team 2

Igor Angelovski, der Trainer der nordmazedonischen Fußball-Nationalmannschaft, hinterließ einen, sagen wir mal, sehr robusten und handfesten Eindruck. Insofern ist es durchaus möglich, dass er tatsächlich auch in seiner Landessprache Worte benutzt hatte, die ähnlich drastisch klangen wie in der deutschen Übersetzung durch den Dolmetscher. „Ich habe sozusagen allen Kritikern das Maul gestopft“, sagte Angelovski nach dem geradezu sensationellen 2:1-Erfolg seiner Mannschaft gegen den viermaligen Weltmeister Deutschland.

Joachim Löw, der Bundestrainer der deutschen Mannschaft, ist nicht ganz so robust und handfest. Er ist stets um gesittete Umgangsformen bemüht, um eine angemessene Ausdrucksweise und Contenance selbst in kritischen Situationen. Insofern wäre ihm ein Satz wie der seines nordmazedonischen Kollegen natürlich nie über die Lippen gekommen. Zumal er auch inhaltlich nicht gedeckt gewesen wäre nach dem WM-Qualifikationsspiel in Duisburg.

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Nein, Joachim Löw hat seinen Kritikern nicht nur nicht das Maul gestopft. Seine zuletzt etwas in die Defensive geratenen Kritiker, von denen es vermutlich mehr gibt als Nordmazedonien Einwohner hat, dürften am Mittwochabend regelrecht frohlockt haben: Die überraschende Niederlage lieferte ihnen jede Menge neue Munition gegen den Bundestrainer und dürfte ihre Vorbehalte gegen ihn noch einmal bestätigt haben. Einen anderen Satz, den Angelovski nach der Sensation von Duisburg sprach, hätte nämlich auch Löw eins zu eins wiederholen können: „Das ist ein historisches Ergebnis.“

Das Aufeinandertreffen mit den Nordmazedoniern war für Joachim Löw das 33. Spiel, das er mit seiner Mannschaft in der WM-Qualifikation bestritten hat. Es war nach einer langen Amtszeit sein letztes – und zugleich das erste, das für ihn mit einer Niederlage endete. Überhaupt war es erst das dritte Mal, dass die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation ein Spiel verloren hatte. Nach Portugal 1985 in Stuttgart und England 2001 in München jetzt also auch: Nordmazedonien 2021 in Duisburg. Nordmazedonien, die Nummer 65 der Welt. Das zeigt die historische Dimension des Debakels.

Löws Kritiker dürfen sich bestätigt fühlen

Etwas mehr als drei Wochen ist es her, dass Löw seinen Abschied für den kommenden Sommer angekündigt hat. Die Entscheidung schien eine befreiende Wirkung entfalten zu können. Beim Bundestrainer, der plötzlich wieder deutlich gestraffter wirkte. Bei der Mannschaft, die zuvor doch noch arg von den schwermütigen Gedanken an das 0:6 gegen die Spanier geplagt wurde. Vor allem aber beim Publikum, das nach fast 15 Jahren des Bundestrainers einfach überdrüssig geworden war.

Wenn Löw mit der Ankündigung seines Rücktritts alles auf Null stellen wollte, dann ist er mit seinem Ansinnen trotz guter Ansätze bei den Siegen gegen Island und Rumänien krachend gescheitert. Die Nationalmannschaft ist durch die Niederlage gegen Nordmazedonien eher zurück unter null. Die Zweifel sind zurück.

„Es ist das zweite Mal, dass wir mit einer Niederlage, die wir verarbeiten müssen, in eine längere Pause gehen“, sagte Löw. Das war schon im November so, als sein Team das Länderspieljahr mit dem 0:6 von Sevilla beendete – und anschließend wild diskutiert wurde über die Qualität der Mannschaft und die Tauglichkeit ihres Trainers.

Jetzt sind es zwei Monate, bis die Mannschaft wieder zusammenkommt: zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft, die für Löw eigentlich der krönende Abschluss seiner Zeit als Bundestrainer werden sollte. Egal wen der Bundestrainer dann für die EM nominieren wird, ob Thomas Müller oder Mats Hummels oder beide, sicher ist schon jetzt: Der Zweifel wird einen festen Platz im Kader haben, zumindest im vorläufigen Aufgebot.

Der Zweifel hat seinen Platz im EM-Kader sicher

„Wir dürfen nicht den Glauben an unsere Stärke verlieren“, sagte Löw, „den Glauben, dass wir in der Lage sind, ein gutes Turnier zu spielen.“ Das ist ambitioniert, denn diesen Glauben hat die Mannschaft mit ihrem Auftritt gegen Nordmazedonien fürs Erste vertrieben: nicht nur mit dem frustrierenden Ergebnis, sondern vor allem durch die Art ihrer Darbietung. Vieles von dem, was es zu bekritteln gab, kam einem schließlich allzu bekannt vor: die ewige Pirouettendreherei, die Unentschlossenheit vor dem gegnerischen Tor, eine gewisse Selbstverliebtheit der Hochbegabten.

Der Bundestrainer beklagte nach zwei Siegen zuvor mit erkennbaren Fortschritten die mangelnde Konstanz seiner Mannschaft. Mit seinen taktischen Experimenten hatte Löw allerdings seinen Teil dazu beigetragen. Nachdem er zweimal hintereinander dieselbe Startelf aufgeboten hatte, versuchte er es gegen Nordmazedonien mit einer veränderten Taktik. Mit solchen Experimenten hat Löw schon in der Vergangenheit keine allzu guten Erfahrungen gemacht. Zudem sah er sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass er die Dinge in der zweiten Halbzeit einfach habe laufen lassen. Auch das ist nichts Neues. „Ein Plan war schon vorhanden“, entgegnete Löw. „Er hat nur heute nicht funktioniert.“

Konstanz braucht nicht nur die Mannschaft, sondern auch der Bundestrainer

Wenn das mit dem versöhnlichen Abschied für den Bundestrainer im Sommer bei der EM funktionieren soll, ist nicht nur im Spiel der Nationalmannschaft mehr Konstanz vonnöten, sondern auch bei Joachim Löw und seinen Entscheidungen.

Insofern könnte es sogar etwas Gutes haben, dass Niederlagen der Nationalmannschaft nur selten einfach nur Niederlagen sind, dass Niederlagen der Nationalmannschaft immer etwas Grundsätzliches haben. Sie stellen stets das große Ganze in Frage. Diese Frage muss der Bundestrainer jetzt überzeugend beantworten.

Immer wenn die Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation ein Spiel verloren hat, schaffte sie es bei der folgenden Endrunde bis ins Finale. Das war 1986 in Mexiko so und 2002 in Japan. Es sind also verlockende Aussichten für die Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Joachim Löw ist dann kein Bundestrainer mehr.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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