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Jens Harzer als Misanthrop : Stiller Kellermann

Eine (vermeintlich) tödliche Krankheit und die Sicht aufs eigene Leben: Der grandiose Schauspieler Jens Harzer als Misanthrop.

Jens Harzer als Misanthrop : Stiller Kellermann

Letzte Ausflucht Hospiz? Bei Lothar Kellermann (Jens Harzer) wird eine tödliche Krankheit diagnostiziert. Eine Chance auf Heilung…Foto: ARD/WDR/Gordon Timpen, SMPSP

Wie reagiert ein Mensch, wenn er erfährt, dass er nicht mehr lange zu leben hat, zudem, wenn er noch keine 50 ist? Wem teilt er das mit, wenn er alleine lebt? Was macht er mit seinen Habseligkeiten? Wie sinnvoll oder sinnlos verbringt er die restliche Zeit? Kann eine unheilbare Krankheit die Sicht aufs eigene Dasein verändern? Antworten auf diese Fragen im Gesicht des Schauspielers und Träger des Iffland-Ringes Jens Harzer zu suchen – alleine deswegen schon lohnt dieser Mittwochs-Film im Ersten. Man sollte sich da vom etwas blödsinnigen Titel nicht abschrecken lassen („Ruhe! Hier stirbt Lothar“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15).

Und ein Faible für die leiseren Töne im Fernsehen haben. Lothar Kellermann (Jens Harzer), 48, liebt nur die marokkanischen Fliesen, die er verkauft, und seinen Hund. Mit allen anderen hat er es sich verscherzt: seiner Tochter, seiner Ex-Frau, seinen Kollegen. Bei ihm wird eine tödliche Krankheit diagnostiziert. Lymphdrüsenkrebs mit Hautmanifestationen. Eine Chance auf Heilung ist ausgeschlossen. Er verkauft sein Haus, seine Firma, bringt den Hund ins Tierheim, schenkt diesem sein Vermögen, sucht sich einen Platz im Hospiz.

Doch Kellermann stirbt nicht. Fehldiagnose. So muss er völlig mittellos ins Leben zurückkehren, das ihn weder will noch braucht. Plötzlich ist er auf andere Menschen angewiesen, zum Beispiel die lebensfrohe Rosa, die an Brustkrebs erkrankt ist und rauchend im Hospiz auf den Tod wartet (grandios: Corinna Harfouch). Eine zarte Beziehung. Das alles verändert Kellermann, ob er will oder nicht.

Ein Pragmatiker? Ein Romantiker? Ein Guter? Ein Böser?

Das Buch (Ruth Toma; Regie: Hermine Huntgeburth ) gewinnt der existenziellen Ausgangslage ein paar hübsche Volten ab, bei überschaubarer Spannungslage. Wenngleich es dem Zuschauer nicht immer leicht gemacht wird, Kellermann bei seiner Re-Integration ins Leben (neuer Job, Versöhnung mit der Tochter) zu folgen.

Vielleicht liegt es am Theaterstar Jens Harzer, ein eher seltenes Gesicht im Fernsehen (zuletzt in „Babylon Berlin“). Der 48-Jährige ist, in der Nachfolge von Bruno Ganz, Träger des Iffland-Rings, der größten Auszeichnung im deutschsprachigen Theater. Harzer hier bei der Arbeit zuzuschauen heißt, ständig auf der Hut zu sein, vor schnellen Festlegungen. Ein Eigenbrötler? Ein Missverstandener? Ein Pragmatiker? Ein Romantiker? Ein Guter? Ein Böser?

Den Kellermann umgibt eine eigentümliche Aura irgendwo zwischen Jedermann und Charlie Chaplin, was bei dieser Geschichte wunderbar passt zum modernen – scheinbar empathielosen – Typ Ebenezer Scrooge, der in prekärster Lage zu seinen Mitmenschen findet. Eine der schönsten Szenen, wenn man das in diesem Zusammenhang sagen darf: wie Lothar Kellermann plant, trotz Fehldiagnose im Hospiz zu bleiben, aber rausgeschmissen wird und das als heftig ungerecht empfindet.

Eine leicht skurrile Tragikomödie. Eigentlich ein Weihnachtsfilm, über die Verwandlungen eines Misanthropen in einen der Welt, der Gesellschaft zugewandten Menschen. Was dem Helden widerfährt, sagt Jens Harzer, „ist ein Lernen des neuen Lebens“. Er müsse das geschenkte Leben erst mal verstehen. Harzer hat verstanden. Hinschauen, hier glänzt ein Schauspieler.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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