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Ist es richtig, dass Eltern über die Wiederholung einer Klassenstufe entscheiden?

Ist es richtig, dass Eltern über die Wiederholung einer Klassenstufe entscheiden?

Eberhard Diepgen (CDU, li) und Walter Momper (SPD) diskutieren über die Frage, ob Eltern über die Wiederholung einer Klassenstufe entscheiden sollten
Foto: picture alliance/Dirk Lässig

Einmal die Woche diskutieren Berlins Ex-Regierende Eberhard Diepgen (CDU) und Walter Momper (SPD) über Themen die Stadt bewegen. Heute geht es um die Frage, ob Eltern über die Wiederholung einer Klassenstufe entscheiden sollten.

Eberhard Diepgen: Nein, das ist eine Kapitulation der Pädagogen

Pandemiebedingte Schulausfälle und damit verbundene Kenntnis- und Leistungsrückstande sollen durch eine freiwillige Wiederholung eines Schuljahres aufgeholt werden können. Die Entscheidung soll allein bei den Eltern liegen. Mir erscheint das als Kapitulation der Schule.

Lehrerverbände und Schulleitungen haben in ihrer Kritik insbesondere auf schulorganisatorische Probleme hingewiesen. Auf einen zusätzlichen Jahrgang sind die Schulen nicht ausgelegt. Es würde an Klassenräumen fehlen. Und schon jetzt fehlt vielerorts Raum für den gewünschten Teilungsunterricht und kleine Klassengrößen. Einen zusätzlicher Jahrgang an den Schulen kann das Berliner Schulwesen ohne zusätzliche Lehrer auch nicht bewältigen.

Woher nehmen ? Das Problem würde die Schulen über mehrere Jahre belasten und am Ende bei Ausbildungsplätzen und an den Universitäten ankommen. Die beschriebenen Sorgen sind sicher übertrieben. Nicht alle Eltern werden die Möglichkeit einer Wiederholung nutzen. Aber in einigen Schulbereichen insbesondere der sozialen Brennpunkte kann es zu den genannten Problemen kommen.

Ich halte die Maßnahme aber auch für pädagogisch fragwürdig. Im Unterricht müssen die Schwerpunkte so gesetzt werden, dass Lücken aus dem Lehrplan wieder geschlossen werden. Das ist die Aufgabe der Pädagogen. In besonderen Fällen kann es ein zusätzliches Unterrichtsangebot geben. Man kann die Zeiten nicht vergleichen. In meiner Schulzeit nach dem Weltkrieg gab es auch viel Unterrichtsausfall, im Unterricht lernten wir (in großen Klassen mit oft über 40 Kindern) das nach, was für Ausbildungsplatz oder Abitur notwendig war.

Sehr problematisch erscheint es mir, dass eine Klassenwiederholung am Votum der Lehrkräfte vorbei entschieden werden kann. Sie haben im Rahmen der Schulpflicht eine entscheidende Verantwortung und können im Regelfall die Entwicklungsmöglichkeiten der Schüler auch beurteilen. Ganz sicher müssten sie gefragt werden.

Walter Momper: Nein, es drohen übervolle Klassen

Die Versetzung oder Wiederholung einer Klasse kann nur gemeinsam durch die Eltern mit der Schule und den Lehrerinnen und Lehrern entschieden werden. Eltern haben im Regelfall ein sehr positives Bild von Ihren Kindern. Das verzerrt die Sicht auf die Kinder, die von den Lehrerinnen und Lehrern eher objektiver gesehen werden.

Natürlich hat es jetzt viele Ausfälle im Unterricht coronabedingt gegeben. Das ist sehr bedauerlich. Aber die Schulen müssen alle Anstrengungen unternehmen, um diese Lücken auszugleichen. Der ausgefallene Stoff muss nachgeholt werden. Deshalb muss man nicht allen Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, folgenlos sitzenzubleiben. Freiwillige Klassenwiederholungen können immer von der Schule zugelassen werden, wenn sie pädagogisch sinnvoll und erforderlich sind.

Natürlich fürchten die Schulleiterinnen und Schulleiter, dass es ein nicht planbares Schuljahr gibt, wenn zu viele Eltern von der reinen Auswahlmöglichkeit Gebrauch machen und ihr Kind ein weiters Mal durch die jeweilige Klassenstufe schicken. Das würde bedeuten, dass die nachrückenden Schülerinnen und Schüler die Wiederholer alle aufnehmen müssten. Welche Klassengrößen würden dadurch entstehen? Wie soll das organisatorisch durch den vorhandenen Lehrerbesatz aufgefangen werden?

Natürlich wiegen diese Bedenken schwer. Man müsste den Mehrbesatz an Schülerinnen und Schüler durch alle Jahrgangsstufen weiterschleppen. Das geht nicht sehr gut. Es mindert die Qualität des Unterrichts. Deshalb sollte man alles tun, um eine solche Situation zu vermeiden.

Es drohen übervolle Klassen zu Beginn des neuen Schuljahres, fehlendes Personal für neu einzurichtende Klassen und eine prekäre Raumsituation. Die Schülerinnen und Schüler müssten sich an neue Gemeinschaften gewöhnen, obwohl sie gerade danach dürsten, in die alte Schul- und Klassengemeinschaft zurückzukehren. Das wäre am schlimmsten.

Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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