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Luxusvariante. Free Now bietet auch Dienste mit Fahrer an.

© Free Now/obs

Zweimal für die Fahrt gezahlt: Ärger um Kostenabrechnung beim Mobilitätsanbieter Free Now

Zahlreiche Kunden beschweren sich darüber, dass ihnen Fahrten falsch oder doppelt berechnet wurden. FreeNow verteidigt seine Software.

„Habe am Wochenende bar bezahlt und sehe jetzt, dass es nochmal per Paypal abgebucht wurde sorry Leute aber das geht nicht“, schreibt Alex Wagner. Er ist nicht der einzige Kunde des Mobilitätsanbieters Free Now (früher MyTaxi), der sich in jüngster Zeit im Internet über dessen Abrechnungspraktiken beschwert hat. Auf der Plattform Trustpilot bewerten 85 Prozent der Nutzer den Taxidienst des Gemeinschaftsunternehmens von Daimler und BMW mit „ungenügend“. Auf Twitter verweist ein Nutzer ebenfalls auf fragwürdige Abrechnungsmethoden des Anbieters. 

Das Problem: Offenbar kann es vorkommen, dass die App über den Bezahldienst Paypal automatisch den Fahrpreis erneut abbucht, auch wenn die Kunden zuvor beim Fahrer bar bezahlt haben. Alex Wagner schreibt dazu auf Trustpilot: „Habe direkt Paypal aus der freenow App entfernt da kriegt man ja Angst wenn jemand einfach ohne Genehmigung an dein Geld kann.“ 

Und wie es aussieht, sind die Kunden auch mit ihren Reklamationen nicht immer erfolgreich. „Reklamationen beim Kundendienst sind sinnlos“, schreibt Nutzer Albrecht S. Ein anderer Kunde namens Mark Ting klagt: „Keiner erreichbar, sowohl der Support als auch Compliance“, und warnt: „Keine Bezahloptionen hinterlegen!“ 

Das Problem: Das neue Bezahlsystem funktioniert nicht

Verantwortlich für die Bezahlpannen ist das neue Bezahlsystem „Quick Pay“. Free Now wirbt auf seiner Info-Seite für Fahrer damit, dass die Bezahlvorgänge innerhalb der App damit deutlich schneller ablaufen. So musste der Fahrer beim bisherigen System „Slide-2-Pay“ warten, bis der Kunde nach Ankunft am Ziel den Bezahlvorgang bestätigt.  

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„Quick Pay hat diesen Schritt komplett entfernt“, schreibt Free Now. Sobald das Ziel erreicht sei, löse die Software automatisch die Bezahlung aus. Der Kunde könne sofort aussteigen, der Fahrer müsse nur noch den Trip abschließen. Dass dieses verkürzte Verfahren Probleme verursachen kann, erschließt sich aus den nächsten Abschnitten: Es sei wichtig, den korrekten Betrag in die App einzugeben, so Free Now – sobald eine falsche Zahl in der Verarbeitung sei, werde der Kunde sofort belastet. Der Fehler könne zwar im Nachhinein noch korrigiert werden, dafür müsse sich der Kunde aber an den Support wenden. Dies schaffe eine „negative Nutzererfahrung“, warnt das Portal.

Auch das Problem mit der Barzahlung ist bekannt: Wenn „Bar“ nicht als Bezahlmethode ausgewählt sei, müsse der Fahrer in der App „Zu Barzahlung wechseln“ wählen. „Wenn Sie auf ‚App-Zahlung übernehmen‘ klicken, wird der Fahrgast ebenfalls über die App abgerechnet und zahlt somit zweimal“, warnt Free Now explizit. Nach Angaben des Fahrdienstes bezahlen aktuell rund 20 Prozent der Kunden in bar.

Vereinzelt wird doppelt gezahlt

Auf Anfrage von Tagesspiegel Background räumt Free Now ein: „Nach Einführung von Quick Pay im März dieses Jahres kommt es gelegentlich vor, dass doppelte Zahlungen versehentlich stattfinden.“ Free Now führe hunderttausende Fahrten in Deutschland pro Woche durch, dieses Problem trete dabei „in den letzten Monaten vereinzelt wiederholt auf“. 

Wenn ein falscher Betrag verrechnet wurde oder sich der Fahrer bei der Preiseingabe vertippt hat, ist das Geld also erstmal weg. Dann bleibt dem Kunden nur der Kontakt zum Kundenservice. „Überschüssige Beträge werden so schnell wie möglich zurückerstattet“, verspricht Free Now. Im Fall einer doppelten Bezahlung in bar und über die App scheint es aber schwierig zu sein, den Betrag ohne eine Quittung zurückzuerhalten: So heißt es zwar, sobald Free Now die Bestätigung über eine Barzahlung erhalten habe, werde der Betrag zurück gebucht. Allerdings führt Free Now weiter aus: „Um eine schnelle Abwicklung sicherzustellen empfehlen wir – lass dir bei in bar bezahlten Fahrten immer eine Rechnung geben.“ Der Fahrdienst beteuert jedoch auf Nachfrage: „Wir finden im Austausch mit unseren Kunden immer eine Lösung, sei es durch Rückbuchungen oder per Gutschein.“

Bisher hat sich niemand beim Verbraucherschutz beschwert

Ein Fall für den Verbraucherschutz? Die Abteilung Marktbeobachtung des Verbraucherzentrale Bundesverbands teilte auf Anfrage von Background mit, es lägen derzeit keine Beschwerden über Free Now vor. Bei Free Now scheint man aber für das Thema sensibilisiert zu sein: Man habe die Kunden seit März per Website, Newsletter oder In-App-Benachrichtigungen über die Änderungen informiert. Außerdem würden die Fahrer:innen regelmäßig zu den Bezahlprozessen geschult, damit es nicht zu Fehlern komme. „Zusätzlich versuchen wir jetzt verstärkt, die Kommunikation noch klarer zu formulieren, damit jeder, der bar bezahlen möchte, weiß, wie das in der App eingestellt wird“, so das Unternehmen. 

Wettbewerber Bolt nutzt übrigens ebenfalls eine automatische Check-out-Methode, falls der Nutzer eine digitale Zahlungsmethode in seinem Profil hinterlegt hat. Man habe damit bisher aber keine Probleme gehabt, heißt es auf Anfrage.

Jutta Maier

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