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Überfordert. Viele Unternehmen warten noch immer auf die von Wirtschaftsminister Peter Altmaier versprochenen Hilfen.

© dpa

Wirtschaftsgipfel zum Lockdown: Perspektive gesucht

Wirtschaftsminister Altmaier und Verbände wollen die Coronahilfen nachbessern und Vorschläge zur Wiederöffnung machen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier fühlte sich gestärkt nach dem Krisengipfel mit Wirtschaftsvertretern. „Ich bin für die Rückendeckung dankbar“, sagte Altmaier am Dienstagmittag nach dem gut zweistündigen Austausch mit 40 Teilnehmern. Die Verbandschefs der vom Lockdown am stärksten betroffenen Branchen bedankten sich wiederum bei Altmaier, der einige Zusagen machte, um der Empörung nach der Ministerpräsidentenkonferenz in der vergangenen Woche zu begegnen. Vor allem Handel, Gastgewerbe und Reisebranche vermissen trotz sinkender Infektionszahlen eine Öffnungsperspektive im März.

Damit das nächste Treffen der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs am 3. März einen Weg aus dem Lockdown aufzeigt, möchten Altmaier und die Verbände vor diesem Termin einen Vorschlag entwickeln und „in den nächsten Tagen konkretisieren“, wie Altmaier formulierte. „Wir wollen unter uns selbst einen Konsens herstellen und den dann vertreten.“

"Einkaufen ist ungefährlich"

Josef Sanktjohanser vom Handelsverband betonte das geringe Infektionsrisiko im Handel. Diverse Studien und die Erfahrungen in den Lebensmittelgeschäften belegten die relative Ungefährlichkeit des Einkaufs. Man sei aber bereit zu einem „Nachschärfen“ der Hygienekonzepte, etwa mit dem Einsatz von Schnelltests. „Die Politik muss dringend die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen geöffnet werden kann“, sagte Michael Frenzel vom Tourismusverband. R-Wert und Inzidenz sowie die Belastung der Intensivstationen seien die naheliegenden Kriterien.

Ärger über die Osterurlaub-Debatte

Frenzel als auch Dehoga-Präsident Guido Zöllick ärgerten sich über Aussagen des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, wonach ein Osterurlaub nicht möglich sei. Eine derart „pauschale Absage ohne Fakten“ sei nicht akzeptabel und „tut weh“. Die Politik müsse nachvollziehbar, angemessen und plausibel agieren. „Ein Beispiel dafür, wie es nicht geht, ist die Debatte um den Osterurlaub“, meinte Zöllick, der in Warnemünde ein Hotel leitet.

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Vier Fünftel erwarten Öffnung vor Ostern

Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes vertritt rund 220 000 Betriebe mit 2,4 Millionen Mitarbeitern, von denen einer Umfrage zufolge mehr als 80 Prozent spätestens zu Ostern die Wiederöffnung erwarten. „Wir wollen arbeiten und nicht vom Geld des Staats leben“, sagte Zöllick, der ebenso wie die anderen Wirtschaftsvertreter für Nachbesserungen bei den Hilfen plädierte. Ein Drittel der Novemberhilfe sei noch immer nicht gezahlt. Für die Überbrückungshilfe III, die seit ein paar Tagen beantragt werden kann und eine Fixkostenerstattung vorsieht, schlug Zöllick Korrekturen vor, darunter die Berücksichtung eines Unternehmerlohns und der vollen Personalkosten.

Auch Konzernen wird künftig geholfen

Handelspräsident Sanktjohanser beklagte, viele Hilfen gingen an den Firmen vorbei. Er konnte immerhin eine gute Nachricht für große Handelshäuser mitnehmen aus dem Treffen: Künftig bekommen auch Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz Geld vom Staat. „Diese Grenze wird fallengelassen“, sagte Altmaier, der alles in allem einen „erfreulichen Stand der Hilfeleistungen“ meldete. Für die Überbrückungshilfe III können seit dem 12. Februar Anträge gestellt werden, 4000 liegen bislang vor. Als November- und Dezemberhilfe, die etwa für das Gastgewerbe eine Erstattung des Umsatzes in Höhe von 75 Prozent des Vorjahreswertes vorsieht, seien mehr als sechs Milliarden Euro gezahlt worden, eine Milliarde mehr als vergangene Woche. Insgesamt flossen bislang gut 80 Milliarden Euro Corona-Hilfen an die Unternehmen sowie 23 Milliarden Euro Kurzarbeitergeld. „Es kommt Schwung in die Geschichte“, meinte Altmaier.

7500 Euro für Soloselbstständige

Im Rahmen der Überbrückungshilfe könnten Soloselbstständige jetzt eine „Neustarthilfe“ von 7500 Euro bis Ende Juni beantragen. Für Firmen oder Selbstständige, die keinen Anspruch auf November- und Dezemberhilfe haben, will Altmaier einen „Härtefallfonds“ schaffen. Er sei mit dem Bundesfinanzministerium „in guten Gesprächen“, damit den Bundesländern für einen solchen Fonds Mittel zur Verfügung gestellt würden.

Ein nächstes Treffen mit den Wirtschaftsvertretern wird es nach der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang März geben. Zuletzt hatte ein Austausch in diesem Rahmen im Oktober stattgefunden. „Diesen Gipfel hätten wir uns früher gewünscht“, sagte Handelspräsident Sanktjohanser am Dienstagmittag. „Ich würde mir auch einen Dialog mit der Bundeskanzlerin wünschen“, sagte Tourismuspräsident Frenzel. Offenbar fühlen sich zumindest die am stärksten vom Lockdown betroffenen Branchen noch nicht hinreichend wahrgenommen.

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