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Bio oder nicht? Das ist auch eine Preisfrage.

© picture alliance/dpa/Jan Woitas

Verbandschefin wirbt für Bio: „Schauen Sie genau hin, welche Butter billiger ist“

Die Preise nähern sich an, sagt Tina Andres vom Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft. Die Verbraucher bleiben Bio treu, aber kaufen Ökoware im Supermarkt.

Nehmen wir die Chefin des Spitzenverbands der Öko-Lebensmittelwirtschaft beim Wort: Angesichts der steigenden Preise für konventionelle Lebensmittel sollten Verbraucher „sehr genau hinschauen, welche Butter billiger ist“, sagte die Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Tina Andres, am Dienstag zum Start der weltgrößten Bio-Lebensmittelmesse Biofach in Nürnberg.

Bio oder nicht Bio, das ist die Preisfrage. Und sie ist schnell beantwortet: 3,29 Euro kostet das Päckchen Biobutter aktuell bei Aldi und Edeka, 2,29 Euro die konventionelle Alternative.

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Allerdings nähern sich die Preise allmählich etwas an. Denn steigende Energie- und Düngerkosten führen dazu, dass konventionelle Lebensmittel im ersten Halbjahr um acht Prozent teurer geworden sind. Im Bio-Segment, das auf teuren Kunstdünger verzichtet und einen großen Teil der Futtermittel auf dem eigenen Hof anbaut oder aus der Region bezieht, zogen die Preise dagegen nur um gut fünf Prozent an.

Das mag dazu beigetragen haben, dass die Verbraucher der Bio-Branche trotz Inflation und Kaufzurückhaltung die Treue halten. Im ersten Halbjahr gaben die Bundesbürger 35 Prozent mehr für Bio aus als im ersten Halbjahr 2019. Der allergrößte Teil davon geht nach BÖLW-Angaben auf Steigerungen der Absatzmenge zurück, ein kleinerer Teil auf die Preisentwicklung, sagte Andres.

Auch wenn der Bio-Boom der Coronajahre 2020 und 2021 aktuell nicht erreicht wird, ist Andres zufrieden: Verglichen mit dem gesamten Lebensmittelmarkt sei das Bio-Segment robust. „Die Verbraucher setzen weiterhin auf Bio“, sagt die BÖLW-Chefin, sie kaufen ihre Bio-Möhren, -Schnitzel oder -Jogurts allerdings inzwischen vor allem im normalen Supermarkt oder beim Discounter, um zu sparen. Das kann ein Fehler sein, es lohnt sich hier, wirklich genauer hinzusehen. Denn bei der Bio-Supermarktkette Denns kostet die Bio-Butter beispielsweise nur 2,99 Euro.

Bio-Orangen auf der Messe: Die Biofach ist noch bis Freitag geöffnet.
Bio-Orangen auf der Messe: Die Biofach ist noch bis Freitag geöffnet.

© dpa/Daniel Karmann

„Wer 30 Prozent Bio will, muss 30 Prozent mehr Power geben“

Mit der Bundesregierung ist die Bio-Branche nicht zufrieden. Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel darauf verständigt, den Anteil der Biolandwirtschaft bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent auszubauen. Derzeit sind es gerade einmal 10,8 Prozent.

Um das 30-Prozent-Ziel zu erreichen, müsse der Ökolandbau jedes Jahr um zwölf Prozent wachsen, doch die im Haushalt eingeplanten Fördermittel würden gerade einmal für ein Wachstum von drei Prozent bis zum Jahr 2027 reichen, ärgert sich Andres.

Sie fordert eine deutlich bessere Förderung für die Bio-Bauern, Nachbesserungen im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) zugunsten der Ökolandwirte, mehr Bio in den Kantinen und eine Kampagne für mehr Bio.

„Wer 30 Prozent mehr Bio will, muss auch 30 Prozent mehr Power geben“, sagte Andres mit Blick auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne).

[Lesen Sie auch: Auch Bio-Käufer wollen sparen: Bio ja, teuer nein (T+)]

Minister stellen jetzt die Weichen

Am Donnerstag und Freitag treffen sich die Agrarminister der Länder mit Bundesminister Özdemir, um über die deutsche Umsetzung der GAP-Richtlinien zu beraten. Die EU-Kommission hatte kürzlich wegen des Kriegs in der Ukraine einige Umweltauflagen für das kommende Jahr ausgesetzt. Özdemir, der die Biofach eröffnete, kritisierte Brüssel. „Was die EU-Agrarpolitik angeht, hätte ich mir diese deutlich ambitionierter gewünscht“, sagte er.

Viele Bauern sind abhängig vom teuren Kunstdünger

Angesichts der Klimakrise müsse der Umbau zu mehr ökologischer Landwirtschaft vorangetrieben werden, fordert auch die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM). 25 Prozent des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes verursache die Landwirtschaft, 25 Prozent davon wiederum der Einsatz von Kunstdünger, kritisierte die IFOAM-Vorsitzende Louise Luttikolt. Die Abhängigkeit vom Kunstdünger sei in vielen Ländern so groß, dass die Bauern dort kein Getreide anbauen können, weil sie sich den Dünger nicht mehr leisten könnte. Luttikolt nannte Afrika, aber auch das derzeit von Unruhen geschüttelte Sri Lanka.

Die Biofach und die parallel veranstaltete Naturkosmetikmesse Vivaness dauern noch bis Freitag. Fast 2300 Ausstellende aus mehr als 90 Ländern werden ihre Neuheiten präsentieren. Die Messen waren von Februar wegen der hohen Corona-Zahlen auf Juli verschoben worden. Mit Unterstützung des Agrarministeriums sind 27 ukrainische Aussteller in Nürnberg vertreten, Unternehmen aus Russland oder Belarus sind nicht zugelassen.

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