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Kein Loskommen. Viele Kunden ärgern sich über Verträge, die sich automatisch verlängern.

© Getty Images

Telefon, Strom, Fitness: Ein Fünftel der Verbraucher hat Verträge, die sie nicht wollen

Neue Umfrage: Jeder Vierte hat auch Ärger mit automatischen Verlängerungen. Justizministerin Lambrecht will das ändern – bislang ohne Erfolg.

Berlin - Wer kennt das nicht: Man braucht ein neues Smartphone, doch das Handy ist im Elektronikmarkt nur billig, wenn man gleichzeitig einen Zwei-Jahres-Vertrag fürs Telefonieren und Surfen abschließt. Bei Strom oder Gas bekommt man die günstigen Tarife nur, wenn man sich lange bindet. Und oft hält die Bindung selbst dann noch an, wenn man sich eigentlich gern lösen möchte. Denn viele Verträge mit Energielieferanten, Fitnessstudios, Partnervermittlern oder Telekommunikationsfirmen verlängern sich um ein Jahr, wenn man nicht rechtzeitig kündigt.

Fast ein Fünftel der Verbraucher und Verbraucherinnen haben in den vergangenen zwei Jahren mindestens einen Vertrag abgeschlossen, den sie in dieser Form gar nicht wollten, zeigt eine am Montag veröffentlichte Umfrage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV). Noch mehr Kunden, nämlich sogar jeder vierte, hat Probleme mit ungewollten Vertragsverlängerungen. In sechs von zehn Fällen zahlen die Bürger drauf, wenn sich ihr Vertrag automatisch verlängert. Im Schnitt schätzen die Betroffenen ihren finanziellen Schaden auf 335 Euro in zwei Jahren.

„Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung Verbraucher besser vor teuren Kostenfallen wie ungewollten Verträgen für Handy, Strom oder Streamingdienste schützt“, fordert VZBV-Chef Klaus Müller. „Viele Verbraucher stehen derzeit durch Corona finanziell unter Druck.“

Doch bisher hat sich die Regierung nicht auf ein Gesetz einigen können, das neue Regeln für Verbraucherverträge aufstellt. Bereits im Januar hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ihr „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ vorgestellt. Darin will die Ministerin Schluss mit langen Verträgen und Verlängerungsklauseln machen. Künftig sollen neue Verträge maximal ein Jahr lang laufen dürfen, eine automatische Verlängerung soll nur noch für maximal drei Monate möglich sein, die Kündigungsfrist soll auf einen Monat reduziert werden. Verbraucher würden „viel zu häufig abgezockt und übervorteilt“, hatte Lambrecht zur Begründung gesagt.

Doch die Union und das unionsgeführte Bundeswirtschaftsministerium sehen das anders. Man sei nicht der Auffassung, „dass Verbraucherverträge nur dann fair sind, wenn sie kurz sind“, sagt der verbraucherpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak. Längere Vertragslaufzeiten brächten auch den Kunden Vorteile in Form von niedrigeren Preisen und Treuerabatten. Hinzu kommt, dass sich die Union überfahren fühlt. „Das Verbot von 24-Monats-Verträgen und eine Einschränkung der automatischen Verlängerung der Verträge sind nicht im Koalitionsvertrag vereinbart“, sagt der Verbraucherschutzbeauftragte der Unionsfraktion, Sebastian Steineke. Er ist gegen ein solches Verbot, will den Kunden aber Sonderkündigungsrechte einräumen, damit sich diese bei Krankheit oder Umzug vom Vertrag lösen können.

Seit Monaten verhandeln Vertreter des Justiz- und des Wirtschaftsministeriums über Kompromisse, doch ohne Erfolg. Von der Hängepartie ist auch ein Vorhaben betroffen, das dem Wirtschaftsministerium am Herzen liegt: die Reform des Telekommunikationsgesetzes, die einen schnelleren Ausbau von Gigabitnetzen bringen soll. Der Entwurf enthält auch eine Regelung zu Vertragslaufzeiten. Danach sollen bei Telefon und Internet Zwei-Jahres-Verträge erlaubt bleiben, die Firmen sollen aber verpflichtet werden, auch Verträge mit zwölfmonatiger Laufzeit anzubieten. Eine automatische Verlängerung soll unbegrenzt möglich sein, die Kunden sollen den Vertrag dann aber mit einer Frist von einem Monat kündigen können. Der Entwurf ist als Diskussionsentwurf an die Länder und Verbände geschickt worden – mit einer ausdrücklichen Warnung: Bei den Vertragslaufzeiten werde es im Laufe der Ressortabstimmung wohl noch zu Veränderungen kommen, schreibt das Ministerium.

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