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The Show must go on. Die Veranstaltungswirtschaft sucht Wege aus der Krise.

© picture alliance/dpa

Lobbyisten für Veranstalter: Protest gegen Corona-Missmanagement

Eine neue Plattform will der Veranstaltungswirtschaft in der Politik mehr Gehör verschaffen. Sie ist nicht das einzige Sprachrohr der Branche.

Endlich mehr Wertschätzung wünscht sich der Stuttgarter Clubbesitzer Michael Presinger, als er am Dienstag beim Auftakt der „fwd: Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft“ per Video zugeschaltet wird. Tanzen und Ausgehen müsse endlich als durchaus systemrelevanter Teil der Lebenskultur anerkannt werden. Presinger vertritt den Verband deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe. Von der neuen fwd:Bundeskonferenz erhoffe er sich eine „bessere Interessenvertretung der Branche gegenüber der Politik“, sagt er.

14 Verbände aus der Veranstaltungswirtschaft stehen bisher auf der Liste der Mitmacher der gerade gegründeten Lobbyvereinigung. Die Mischung ist bunt, der deutsche Schaustellerbund ist dabei, der Bund der Hochzeitsplaner und der Verband Sportökonomie, erklärt auf dem Podium im Estrel in Berlin-Neukölln der Geschäftsführer des neu konstituierten Zusammenschlusses, Jan Kalbfleisch. Mehr als 150 Verbände, Initiativen und Vereine seien es aber insgesamt in Deutschland, die die Branche vertreten. Die fwd: Bundeskonferenz versuche, eine Stimme für sie alle zu sein. Sie ist aber nicht die einzige Vereinigung, die das für sich in Anspruch nimmt. Das proklamiert auch der Interessenverband „Forum Veranstaltungswirtschaft“ für sich.

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Worin sich beide Lobbyistenvereinigungen einig sein dürften: Die Branche hat in der Coronazeit besonders gelitten. Bis heute werden Veranstaltungen, Konzerte, Theateraufführungen und Messen abgesagt, sind die Richtlinien für die Durchführbarkeit und die Sicherheitsmaßnahmen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Mit Maske, ohne Maske, 200 Zuschauer draußen oder drinnen, ständig werden die Vorgaben geändert, die Anbieter haben keine Planungssicherheit – und keine Perspektive, ab wann sie sich auf welche Bedingungen einstellen können. Darauf weist nun einmal mehr die fwd: Bundeskonferenz hin. Das fwd in ihrem Namen steht für „forward“ (vorwärts) und soll den Anspruch, die ganze Branche langfristig gut durch die Krise zu bringen, betonen. „Wir verstehen uns als neutralen Verband, der die gemeinsamen Interessen verdichtet und vertritt“, erklärt Geschäftsführer Jan Kalbfleisch. Angesprochen seien da auch die neun von zehn deutschen Unternehmen und Menschen der Veranstaltungswirtschaft, die nicht organisiert seien. „Alle sind bei uns herzlich willkommen“, erklärt er.

Alleingänge könnten der Branche schaden

„Bei uns stehen die Türen offen“, sagt auf Anfrage auch Jens Michow, geschäftsführender Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) mit Sitz in Hamburg. Sein Verband ist im „Forum Veranstaltungswirtschaft“ organisiert. Das Forum beteiligt sich nicht nur explizit nicht an der neuen Plattform, es übt auch harsche Kritik daran: „Mit Sorge betrachten wir die aktuelle Planung der Bundeskonferenz“, verkündete das Forum bereits Anfang Juni in einer Pressemitteilung. „Der unkoordinierte Alleingang könnte der Branche schaden“, heißt es weiter. Zu dem Forum gehören neben dem BDKV fünf weitere, zum Beispiel der Verband der Musikspielstätten LIVEKOMM, der Fachverband Messen und Ausstellungen FAMA und der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik VPLT. Diese Gruppierungen jedenfalls hielten sich weder für abgehängt, noch für vergessen, so wie es die Bundeskonferenz in ihrer Darstellung der Branche behaupte. Seit Jahrzehnten seien sie durchaus in politische Entscheidungsprozesse eingebunden.

Tausende Veranstaltungsorte werden rot illuminiert

Es müsse mehr getan werden, erklärt dagegen Jan Kalbfleisch. Man sehe sich als Sprachrohr für Interessen, die den gesamten Sektor betreffen. Den Start der Plattform nutzt die neue Vereinigung auch dazu, gegen die Misere der Veranstaltungswirtschaft zu protestieren – mit der in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch stattfindenden „Light of Night“, in der bundesweit tausende Kulturstätten, Veranstaltungsorte, Clubs und Messehallen rot illuminiert werden sollen. Auch Discobetreiber Michael Presinger wird mitmachen.

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