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BDI-Präsident Siegfried Russwurm hat für das Vorgehen des Berliner Senats in Punkto Homeoffice wenig Verständnis.

© Christian Kuppa/BDI

Exklusiv

Land Berlin begrenzt Arbeit im Büro: BDI-Präsident hält Homeoffice-Pflicht für realitätsfern

Industriepräsident Siegfried Russwurm hält nichts von einer festen Homeoffice-Quote. Auch bei der Impfreihenfolge wünscht er sich mehr Flexiblität.

Von Carla Neuhaus

Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hat Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller für die beschlossene Homeoffice-Pflicht scharf kritisiert. Unternehmen setzten schon jetzt auf möglichst viel Homeoffice. „Dass der Regierende Bürgermeister von Berlin diese Maßnahmen pauschal als nicht ausreichend disqualifiziert und wortwörtlich über Nacht pauschale Vorgaben macht, obwohl es eine klare Vereinbarung dazu zwischen Bundesregierung, Ministerpräsidenten und den Spitzenverbänden der Industrie gibt, finde ich irritierend“, sagte Russwurm im Interview mit dem Tagesspiegel (Montagausgabe). „Feste Quoten sind realitätsfern.“

Der Berliner Senat hatte am Sonnabend eine Pflicht zum Wechselbetrieb beschlossen: Somit sollen Büros nur noch zu maximal 50 Prozent besetzt sein. „Berliner Amtsstuben wissen besser, was für die Betriebe richtig ist als die Betriebsparteien vor Ort: Diese These kann nur vertreten, wem der Beitrag der Industrie zur Krisenbewältigung völlig egal ist“, sagte Russwurm.

Russwurm fordert mehr Pragmatismus bei der Impfreihenfolge

Bei der Impfreihenfolge fordert er die Politik auf pragmatisch vorzugehen. „Zweifellos war es richtig, erst die besonders Schutzbedürftigen zu impfen“, sagte der BDI-Chef. „Aber Detailierungswut ist kontraproduktiv.“ Die Politik müsse jetzt umdenken. „Es geht zu sehr um Priorisierung und Gerechtigkeit – doch die Pandemie ist nicht gerecht“, so Russwurm. „Wir können schlicht nicht 83 Millionen Menschen in eine Reihenfolge bringen und diese Liste dann akribisch abarbeiten.“ Das wäre überzogen und dauerte zu lange. „Pragmatismus ist gefragt.“

Auch bei den Impfzentren sieht Russwurm Nachholbedarf. „Ein Industrieland müsste das besser hinbekommen“, sagte er. „Die Tatsache, dass jeder sich separat überlegt, sein Impfzentrum zu gestalten, macht mich als Ingenieur nervös“, sagt Russwurm. Als Ingenieur hätte er das anders organisiert: „Da entwickeln Sie einmal die beste Lösung für einen effizienten Ablauf - und dann rollen Sie das bundesweit aus.“ Die Organisation der Impfzentren sei so wichtig, weil es an den Ärzten mangeln würde, wenn erst einmal genug Impfstoff da sei. „Also müssen Sie die Impfzentren so organisieren, dass Sie mit wenigen Ärzten möglichst viele Menschen impfen können“, sagte Russwurm.  

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