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Einweg-Kaffeebecher und Plastikschalen stapeln sich an einem Gehweg.

© Gregor Fischer/dpa

Kampf den To-Go-Bechern: Diese Plastikprodukte sind ab sofort verboten

Seit Samstag gilt in Deutschland das neue Verpackungsgesetz. Bestimmte Einweg-Kunststoffprodukte dürfen nicht mehr verkauft werden. Ein Überblick.

Der Wandel ist eingeleitet - und wird nun offiziell besiegelt. Plastikgeschirr und andere Einwegprodukte müssen seit Samstag aus sämtlichen Regalen in Deutschland verschwinden. Das EU-weite Verbot betrifft viele vertraute Produkte, die Läden aller Art bislang noch Tag für Tag anbieten.

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Diese Produkte sind ab sofort verboten:

  • Plastikbesteck, -teller
  • Trinkhalme aus Plastik
  • kosmetische Wattestäbchen aus Plastik
  • Luftballonstäbe
  • Rührstäbchen
  • To-Go-Becher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Behälter aus Styropor (Restbestände dürfen Händler und Restaurants weiter ausgeben)

Folgende Produkte sind weiter erlaubt, müssen aber mit einem Hinweis gekennzeichnet werden:

  • Einweggetränkebecher aus Papier mit Kunststoffbeschichtung
  • Feuchttücher
  • Damenhygieneartikel
  • Zigaretten und Tabakprodukte mit Filtern

Was ist der Grund für das Plastikverbot?

Die Produkte machen neben Fischfanggeräten 70 Prozent des gesamten Meeresmülls in der EU aus. Eine menschengemachte Katastrophe für die Umwelt - die auch auf Artikel zurückgeht, für die es noch keine angemessenen Alternativen aus anderen Stoffen gibt.

Das sind etwa Damenbinden, Zigaretten mit Filtern aus Kunststoff oder To-Go-Becher aus oder mit Plastik. Das ist die Gruppe von Produkten, für die mangels Alternativen noch kein Verbot vorgesehen ist. Sie erhalten in Deutschland aber nun ein neues Label, das Verbraucher vor dem Umweltschaden warnen und Tipps zur Entsorgung geben soll. „Einen wichtigen Schritt aus der Wegwerfgesellschaft“ nennt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Neuerungen.

Plastiktrinkhalme sind nun verboten.
Plastiktrinkhalme sind nun verboten.

© dpa/Ralf Hirschberger

Pro Stunde werden nach Angaben des Umweltministeriums in Deutschland rund 320.000 Einwegbecher für Kaffee und Co. verbraucht. To-Go-Verpackungen und Einweggeschirr brachten es im Jahr 2017 noch auf eine Müllmenge von mehr als 346 000 Tonnen. Aktuellere Zahlen gibt es nach Angaben des Umweltbundesamts nicht.

Wird mit dem Verbot die Umweltverschmutzung verringert werden können?

Der Verband Kommunaler Unternehmen geht davon aus, dass die von der EU-Kunststoffrichtlinie erfassten Produkte rund 20 Prozent des Straßenmülls ausmachen. „Bisher wird deren Entsorgung vollständig über Straßenreinigungsgebühren oder die kommunalen Haushalte finanziert und damit auf die Allgemeinheit abgewälzt“, sagt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp.

Über das EU-weite Verbot von Plastikartikeln ist er erleichtert. Es stärke „den kommunalen Stadtreinigern den Rücken dabei, gegen die Vermüllung anzukämpfen“, und sorge für sauberere Städte, sagt Hasenkamp.

Gerade die kommunalen Stadtreinigungsbetriebe seien „die Leidtragenden des To-Go-Booms“. Sie würden mit steigenden Kosten kämpfen, um die Abfälle aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Rund 700 Millionen Euro koste das pro Jahr.

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Ob diese Kosten so schnell sinken werden, ist schwer einzuschätzen. Denn das restliche Plastikgeschirr, das Läden, Imbissbuden und Restaurants noch in ihren Lagern haben, darf auch nach dem 3. Juli noch verkauft werden. Gleiches gilt für alle anderen von nun an verbotenen Produkte - strikt untersagt ist dagegen das „Inverkehrbringen“, also die Produkte zu importieren oder neu auf den Markt zu bringen, wie das EU-Parlament auf Anfrage klarstellt.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht nicht davon aus, dass es sich bei den Restbeständen um „größere Mengen“ handelt. Genauer beziffern kann er die Größenordnung aber nicht. Insgesamt hätten die Einzelhändler in Deutschland in den vergangenen Monaten bereits Vorkehrungen getroffen, um sich auf die Alternativen umzustellen, teilt ein Sprecher mit.

Welche Alternativen zum Plastik gibt es?

Plastik zu vermeide, klingt erst mal gut - und scheint nicht schwer. Denn es gibt viele Alternativen. Doch nicht alle sind zu empfehlen. „Verbraucher dürfen sich nicht von Greenwashing blenden lassen“, sagt Katharina Istel vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Denn Alternativen aus Bio-Kunststoffen sind zwar nicht aus Erdöl hergestellt, dafür aber schlecht kompostierbar. Papier erhöht den Druck auf die Abholzung der Wälder. Aluminium verbraucht viel Energie. Und plastikfreies Einweggeschirr aus Pappe, Palmenblättern und Zuckerrohr kann oft gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten, warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Nicht alle Alternativen sind empfehlenswert

Bei einem Test der Stiftung Warentest aus dem August 2019 kamen auch Bambusbecher schlecht weg. Sie seien demnach zum Einfüllen von Heißgetränken nicht geeignet, weil schädliche Stoffe entstanden. Außerdem enthielten die getesteten Becher damals nicht nur Bambus, sondern auch Kunststoff. Die Stiftung Warentest sah die Verbraucher durch ein falsches Ökoversprechen getäuscht.

Istel empfiehlt, grundsätzlich auf Einwegartikel zu verzichten und ausschließlich Mehrwegbehälter zu benutzen, beispielsweise aus Polypropylen (PP), Glas oder Edelstahl.

Einige Bambusbecher enthalten Schadstoffe.
Einige Bambusbecher enthalten Schadstoffe.

© picture alliance/dpa

„Edelstahl muss allerdings sehr oft benutzt werden, damit es eine ökologischere Alternative ist, denn der Rohstoff verbraucht sehr viel Energie bei der Herstellung.“ Polypropylen braucht weniger Energie, ist leicht, kommt ohne Weichmacher aus und ist auch bei heißen Lebensmitteln stabil, bescheinigt die Verbraucherzentrale NRW.

Mehrwegsystem bei Take-Away schwierig umzusetzen

Aber Istel sieht auch die Probleme. Gerade bei Take-Away-Essen ist ein Mehrwegsystem mit Pfand für die sowieso schon gebeutelten Gastronomen nicht einfach umzusetzen. Nicht jeder hat seine eigene Dose, sein eigenes Besteck oder seinen eigenen Becher dabei. Aus Hygienegründen dürfen Restaurants oft nur eigenes Geschirr verwenden.

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Konsumenten könnten sich vom Pfand der auszuleihenden Behältnisse abschrecken lassen, befürchtet Istel. Doch hierfür würden gerade innovative Apps entwickelt, die statt Pfand registrieren, wo ein Behälter sich gerade befindet und wann er zurückgegeben werden muss. Solche Modelle sind in Zukunft öfter denkbar.

Als Einweg-Alternative bieten sich Bagasse- und Papierbehälter an. Bagasse entsteht aus Pressresten des Zuckerrohrs und ist damit ein Abfallprodukt. Daher ist es ökologisch etwas besser als Papier. Am besten ist aber natürlich immer: Gar keinen Müll verursachen.

Glasröhrchen und Edelstahlhalme statt Plastiktrinkhalme

Scheinbar findige Gastronomen haben Plastik-Trinkröhrchen durch essbare Varianten ersetzt - etwa Makkaroni-Nudeln oder Gräser als Trinkhalme. Letztere können mit Schimmelpilzen belastet sein und die Nudeln werden anschließend weggeschmissen, sodass auch hier die Wahl idealerweise auf einen Mehrweg-Halm fallen sollte.

Die Stiftung Warentest hat essbare Trinkhalme nun genauer unter die Lupe genommen - aus Hartweizengrieß, Reis und Tapioka sowie aus Zucker. Am meisten überzeugten die Halme auf Getreidebasis - diese blieben in kalten Getränken relativ lange formstabil.

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Fazit in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „test“ (7/2021): Mit allen Röhrchen lässt sich Trinken, doch Halme aus Zucker seien Murks. Insgesamt fanden die Tester kaum Schadstoffe - wenn überhaupt nur in so geringen Mengen, dass diese bei den Verzehrmengen nicht ins Gewicht fallen.

Doch am besten für die Umwelt sind langlebige, wiederverwendbare Produkte. Etwa bruchsichere Glasröhrchen, Edelstahlhalme oder Silikonröhrchen.

Im Kosmetikbereich fallen vor allem die künftig verbotenen Wattestäbchen ins Auge. Nachhaltige Alternativen sind abwaschbare Mehrweg-Silikonstäbchen oder unter Umständen ein Waschlappen mit Wasser. Wattestäbchen gibt es auch aus Bambus und Papier. Hierbei ist Bambus gegenüber Papier ökologisch zu bevorzugen, da die Aufbereitung weniger aufwendig sei, so die Verbraucherzentrale NRW. (Tsp/dpa)

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