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Fragen des kommenden Winters: Wie lange hält die Solidarität zur Ukraine, wenn das Leben immer teurer wird?

© Urs Flueeler/KEYSTONE/dpa

Ifo-Index bricht ein: Die Rezession wird Deutschlands Moral auf die Probe stellen

An Kriegsverbrechen im weit entfernten Ausland hat sich Deutschland schon oft gewöhnt. An harte Einbußen am eigenen Leib schon lange nicht mehr. Ein Kommentar.

Eigentlich geben die Zahlen des Ifo-Index nur wieder, was Ökonomen seit Wochen formulieren: Deutschland rutscht in eine Rezession. So rapide wie lange nicht ist der monatlich ermittelte Stimmungswert der Konzernlenker gesunken; mit einem Wert von 88,6 Punkten liegt er so tief wie seit dem ersten Coronasommer 2020 nicht mehr.

Die Frage ist also nicht, ob die Rezession kommt, sondern wie stark sie wird.

Doch es drängt sich noch ein andere Frage auf: Welche Folgen wird die Rezession politisch haben? Noch sprechen sich 70 Prozent der Bundesbürger dafür aus, die Ukraine trotz hoher Energiepreise zu unterstützen. Bei den Anhängern der Grünen, die ohnehin vom Gas als Energieträger nichts halten, ist dieser Wert mit 95 Prozent am höchsten. Doch hält die Zustimmung auch, wenn es nicht nur bei hohen Energiepreisen bleibt?

"Wir werden alle ärmer werden"

Sollte es zu Energierationierungen für die Industrie kommen, droht steigende Arbeitslosigkeit. Dreht Putin den Gashahn weiter zu, dürfte auch die Inflation an der Supermarktkasse wegen höherer Produktionskosten nicht nachlassen. Die Kriegsfolgen werden noch stärker beim Verbraucher ankommen als bisher. Die abstrakte Warnung "Wir werden alle ärmer werden", die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Beginn des Krieges aussprach wird sich in den kommenden Monaten schmerzhaft konkretisieren.

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Es gehört nicht viel Fantasie dazu, anzunehmen, dass der russische Präsident Putin diese Zusammenhänge kennt. Es dürfte zu seinem Kalkül gehören, dass Deutschland Einschränkungen, die zu allzu großen Wohlstandsverlusten führen, nicht zu akzeptieren bereit ist. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte vorige Woche gar vor Volksaufständen, "wenn wir kein Gas mehr hätten". Putin wird das gefreut haben.

Putins Erpressung könnte konkreter werden

Während draußen 30 Grad herrschen und Verbraucher sich nach zwei Coronasommern freuen, endlich wieder unbeschwert in Konzerte und Restaurants zu gehen, wirken die politischen Winkelzüge um die Gasturbine aus Kanada wie weit entfernte Possen. Noch hat Putin keine Zugeständnisse für die Gaslieferungen gefordert, für die die Bundesregierung allzu weit über ihren Schatten springen müsste. Doch im Winter könnte es ganz schnell heißen: Ihr nehmt die Sanktionen zurück oder es fließt gar kein Gas mehr.

Corona hat bereits gezeigt, wie "leidensfähig" Teile der Bevölkerung sind. Wenn schon eine Maske bei einigen für psychologische Probleme sorgt, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie es bei wirklichen Problemen wie Inflation oder Arbeitslosigkeit aussehen wird.

schreibt NutzerIn Zarquon

Schon am Montag gingen die Gas-Lieferungen plötzlich unerwartet von 40 auf 20 Prozent der üblichen Menge zurück. Wenn vierstellige Gasrechnungen im Briefkasten liegen, Jobs verloren gehen und der Bund die Mittel nicht mehr hat, alles abzufangen, könnte die Moral der Deutschen auf eine harte Probe gestellt werden.

An grausame Kriegsverbrechen im weit entfernten Ausland hat sich Deutschland schon oft gewöhnt. An harte Einbußen am eigenen Leib schon lange nicht mehr. Der Winter wird zeigen, welches Leid Deutschland länger aushalten kann.

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