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Eier aus Bio-Haltung (rechts) und von freilaufenden Hennen (links) werden knapp. Ökoeier erkennt man an der O im Stempel, Freilandeier an der 1.

© imago/Winfried Rothermel

Das nächste Virus schlägt zu: Eier werden vor Ostern knapp

Die Geflügelpest bringt die Ostereinkäufe in Gefahr: Bio- und Freilandeier könnten zur Mangelware werden. Hühner sterben oder müssen in den Stall.

Wer sicher sein möchte, dass zu Ostern genügend Eier auf dem heimischen Frühstückstisch und im Osternest liegen, sollte dieses Jahr ein paar Tage früher einkaufen gehen.

Nicht, weil das Coronavirus vielleicht doch noch einen Supermarkt-Shutdown am Gründonnerstag erzwingt. Es ist ein anderes Virus, das Handel und Hühnerhöfen zu schaffen macht und manche Ostereierplanung durcheinander bringen könnte: das Vogelgrippevirus H5N8, die Geflügelpest. Seit Herbst ist das Virus in Deutschland, Wildvögel haben es eingeschleppt.

Für Hühner, Enten oder Gänse ist die Krankheit hochansteckend, auch Menschen, die einen sehr engen Kontakt mit kranken Tieren haben, können sich den Erreger einfangen.

Deshalb herrscht allerhöchste Vorsicht: In vielen Regionen Deutschlands, auch in Brandenburg, darf das Geflügel nicht mehr draußen herumscharwenzeln, sondern muss ein Dach über den Kopf bekommen. Ist ein Betrieb befallen, wird nicht nur das betroffene Tier getötet, sondern alle Artgenossen. In 133 Beständen ist die Geflügelpest bereits amtlich festgestellt worden, meldet das staatliche Friedrich-Löffler-Institut.

Das hat Konsequenzen für die Versorgung der Bundesbürger mit Eiern. In einigen Regionen werden die Freilandeier knapp, warnt der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft. Denn nach 16 Wochen im Stall dürfen die Eier der einstigen Freilandhennen nicht mehr als Ware aus Freilandhaltung, sondern nur noch als Eier aus Bodenhaltung vermarktet werden, berichtet Verbandspräsident Friedrich-Otto Ripke.

Auslauf: Wegen der Geflügelpest müssen viele Tiere in den Stall.
Auslauf: Wegen der Geflügelpest müssen viele Tiere in den Stall.

© picture alliance / Bernd Wüstnec

Vielen Verbrauchern schmeckt das aber nicht, sie wollen, dass die Produzentinnen ihrer Eier frei laufen können. Auch für die Hühnerhalter ist die Stallpflicht misslich: Denn Eier aus Bodenhaltung sind deutlich billiger als andere. Den Zehnerpack gibt es im Supermarkt schon für 1,29 Euro, Freilandeier kosten das Doppelte. Bio-Eier erreichen noch ganz andere Sphären im Preiskosmos, vor allem wenn die Betriebe über die Ökohaltung hinaus noch einige Extras bieten.

In Berlin muss alles Geflügel in den Stall

Leben die Hennen in mobilen Ställen, die immer wieder den Standort wechseln, kostet die Packung schon mal 1,99 Euro – für vier Eier. Die Haehnlein-Bio-Eier, bei denen auch die Bruderküken am Leben bleiben dürfen, stehen für 2,99 bis 3,79 Euro – je nach Eiergröße – im Regal. In der Packung sind sechs Eier.

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In Brandenburg herrscht für rund 300 Betriebe Stallpflicht, gezählt werden aber nur die Höfe mit 100 oder mehr Tieren. In Berlin hat Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne) Mitte März alle 1400 Geflügelhalter angewiesen, ihre Hühner, Enten, Puten, Gänse oder Tauben in den Stall zu sperren. Viele haben nur kleine Bestände, im Schnitt sind es 16 Tiere.

Betroffen vom Hausarrest ist auch der Öko-Musterbetrieb Domäne Dahlem. Dort wird ein alte Hühnerrasse gehalten, der Deutsche Sperber. Rund 100 Hähne und Hennen leben in ihrem mobilen Stall, tagsüber sind sie draußen, nachts schlafen sie im Wagen. Das ist jetzt anders. Nun picken und scharren sie in einem Zelt, das die Domänencrew für sie gebaut hat. Camping für Flattermänner und -weiber sozusagen.

Camping wider Willen: Auf der Domäne Dahlem leben die Hühner jetzt im Zelt.
Camping wider Willen: Auf der Domäne Dahlem leben die Hühner jetzt im Zelt.

© Heike Jahberg

Anders als bei konventionellen Höfen dürfen Bio-Bauern die Eier ihrer Hennen jedoch auch dann weiterhin als Bio-Produkte verkaufen, wenn die Hühner wegen der Vogelgrippe vorübergehend nicht mehr im Freien leben dürfen. Voraussetzung: Die Tiere müssen wenigstens ein Drittel ihres Lebens Freigang gehabt haben. Im Schnitt legt eine Bio-Henne ein Jahr lang Eier.

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Dennoch ist auch die Bio-Hühnerbranche nicht frei von Sorgen. Die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof, Produzentin der Haehnlein-Eier, musste etwa im November 67.000 Hennen keulen. Auf einem der 23 Betriebe, die in der Gemeinschaft zusammenarbeiten, wurde bei einem Tier das Virus gefunden.

Nicht nur der Bestand auf dem betroffenen Hof, sondern auch die Tiere in acht umliegenden Ställen im Landkreis Rostock mussten getötet werden. „Das war natürlich nicht nur ein hoher finanzieller Schaden für die Höfe, sondern für alle Beteiligten auch sehr emotional“, berichtet Leonie Behrens von der Erzeugergemeinschaft. Inzwischen ist die Lücke aber wieder gefüllt, an allen Standorten leben jetzt wieder Hühner.

Nach 16 Wochen im Stall dürfen die Eier von Freilandbetrieben nicht mehr als Freilandeier verkauft werden.
Nach 16 Wochen im Stall dürfen die Eier von Freilandbetrieben nicht mehr als Freilandeier verkauft werden.

© imago stock&people

Trotzdem kommen die Haehnlein-Hennen mit der Eierproduktion nicht hinterher. „Die Nachfrage ist aktuell tatsächlich größer als unser Angebot“, sagt Behrens. Die Hühner seien davon aber leider unbeeindruckt. „Sie legen auch zur Hochsaison maximal ein Ei am Tag“. Auf 293 Eier im Jahr kommt eine deutsche Henne im bundesdeutschen Schnitt.

240 Eier isst jeder Bundesbürger im Schnitt

Jetzt könnten die Hühnerbarone ein Vielfaches verkaufen. 240 Eier isst jeder Bundesbürger im Schnitt pro Jahr, weiß die Statistik. Vor allem in der Osterzeit wächst der Appetit enorm. Das betrifft vor allem die Karwoche und die Vorkarwoche. Bei billigen Bodenhaltungseiern können die Lieferungen vor Ostern schon mal im mittleren zweistelligen Bereich steigen, berichtet ein Rewe-Sprecher.

Auch bei Bio-Eiern sei die Nachfragesteigerung größer als der Ausbau der Produktionskapazitäten, zumal einige Bio-Herden gekeult werden mussten. „Das lässt sich kurzfristig nicht kompensieren“, heißt es bei Rewe. Um Schlimmeres zu verhindern und die Produktion zu stabilisieren, setzen Bio-Höfe in der Osterzeit auf ihre erfahrenen Hennen. Sie werden erst nach den Feiertagen durch Jüngere ersetzt, berichtet Markus Fadl vom Bio-Verband Naturland.

Ostern ohne Eier: Für viele geht das gar nicht.
Ostern ohne Eier: Für viele geht das gar nicht.

© dpa

Mehr Geld für die Eier gibt es aber trotz des Mangels nicht, betont Leonie Behrens. Die Preise würden üblicherweise ein Jahr im voraus verhandelt und festgelegt, „somit wirkt sich die starke Nachfrage am Markt aktuell nicht auf die Preise aus“.

Während die Biohöfe nicht mehr Geld bekommen, sollen die Produzenten von Freilandeiern nicht weniger erhalten. Sowohl Rewe als auch Aldi verkaufen Eier aus Freilandbetrieben jetzt als „Bodenhaltung mit Wintergarten“. „Aus Solidarität beziehen wir unser Angebot bei unseren Lieferanten weiterhin zu den gewohnten Konditionen“, betont ein Adi-Sprecher, „die Preise bleiben also stabil.

In Brandenburg arbeitet die Biobranche an der Zukunft. Im April startet eine Erzeugergemeinschaft aus vier Betrieben, die ihre Tiere in mobilen Ställen halten wollen. Die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg will bei der Vermarktung der Eier helfen.

Die Bio-Landwirte müssen nun darauf hoffen, dass ihre Standorte bis dahin nicht Risikogebiete werden, denn dann würde aus der Mobilität erst einmal nichts. Doch eine Hoffnung bleibt: „Wir können sicher davon ausgehen, dass sich das Geflügelpestgeschehen beruhigt, sobald es wärmer wird und auch die Zugvögel wieder ihre festen Plätze erreicht haben“, sagt ein Sprecher des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft.

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