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Der Dax brach am Freitag um fast vier Prozent ein. Das Jahreshoch ist inzwischen 19 Prozent entfernt.

© Boris Roessler/dpa

Börsen im Sinkflug: Russlands Krieg wird die Börsen schlimmer treffen als Corona

Dass die Kurse am Freitag heftig einbrachen, zeigt einen neuen Realismus an den Börsen. Die bisherigen Kursverluste waren geradezu lächerlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Mumme

Stell’ Dir vor, es ist Krieg und niemand reagiert. So ähnlich konnte man die Stimmung an den Börsen - etwas überspitzt - beschreiben. Zwar brach der Dax am Donnerstag vor einer Woche zunächst ein, zum Wochenende war der alte Stand aber schon fast wieder erreicht. Kein Wunder: Haben die (Corona-)Krisenjahre die Märkte doch gelehrt, dass man auch in schwierigen Zeiten an den Börsen gut Geld verdienen kann.

Doch dieser Freitag zeigt mit einem Dax-Minus von fast vier Prozent innerhalb von 24 Stunden, dass diese Einschätzung einem realistischeren Bild der Lage gewichen ist. Denn gemessen daran, was in der Ukraine geschieht, ist ein Dax-Minus von sieben Prozent in den vergangenen Tagen geradezu lächerlich.

Vor allem, wenn man die energiepolitische Bedeutung Russlands bedenkt. Und die Verwerfungen, die im Welthandel sowie innerhalb der globalen Lieferketten nun auftreten. Von dem menschlichen Leid des Krieges gar nicht zu sprechen.

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Inzwischen merken deutsche Konzerne ganz praktisch, welche Folgen der Krieg für ihre Produktion hat. Denn abgesehen davon, dass der russische Markt wegfällt, fehlen beispielsweise BMW, Mercedes oder VW Vorprodukte aus der Ukraine, weshalb weniger Autos gebaut werden können. Schon ohne diesen Krieg waren die Lieferketten fragil, fehlten Chips und diverse Rohstoffe; sorgte eine in Teilen unkontrollierte Inflation für Unsicherheit an den Märkten.

Doch das alles wirkte beherrschbar. Es schien, wie eine Phase, die auch wieder vorbei gehen würde. Schließlich wäre es im Interesse praktisch aller Marktteilnehmer gewesen, die Weltwirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das ist nun anders. Plötzlich ist mit Putins Aggressionen ein Faktor im Spiel, der nicht nur maximale Unsicherheit bedeutet, sondern auch nachhaltige Wirtschaftsstrukturen weitaus nachhaltiger zerstört als es die Pandemie konnte.

Es wird deutlich: Diese Krise ist anders und härter als der Krisenmodus, in dem sich die Weltwirtschaft seit zwei Jahren befindet. Mit Hilfspaketen oder billigem Geld der Notenbanken sind die Probleme, die sich aus dem russischen Angriffskrieg ergeben, nicht zu lösen. Dieser Freitag könnte der Tag gewesen sein, an dem die Börse merkte: Dieser Krieg wird die Wirtschaft schlimmer treffen als die Pandemie.

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