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Im Moment geschlossen: Aber wenn Fitnessstudios wieder öffnen, geht der Streit um Verträge weiter.

© picture alliance / Marijan Murat

Berlins Justizsenator gegen lange Verträge: „Das ist nicht im Sinne eines vernünftigen Verbraucherschutzes“

Dirk Behrendt will Zwei-Jahres-Verträge für Telefon, Strom oder Sportstudios verhindern. Den Bundesrat konnte er nicht überzeugen.

Auch Politiker sind Menschen. Sie brauchen Strom und Wärme für ihre Privatwohnungen, trainieren in Fitnessstudios und schließen für sich oder ihre Kinder Handyverträge ab. In bestimmten Lebenssituationen sind Politiker daher Verbraucher wie alle Bundesbürger. Und ärgern sich über dieselben Dinge. Etwa über schlechte Verträge.

Nach monatelangem Hickhack hatten sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Dezember auf ein Gesetz zu Verbraucherverträgen geeinigt, das Kabinett hat den Entwurf gebilligt. Darin geht es um die üblichen Zwei-Jahres-Verträge für Strom, Telefon, Internet oder Partnervermittlungen und die Frage, wie lange sich solche Verträge automatisch verlängern dürfen, wenn Kunden nicht rechtzeitig kündigen. Fast immer finden sich solche Klauseln im Kleingedruckten, von Kunden werden sie gern übersehen.

Die Justizministerin wollte Zwei-Jahres-Verträge verbieten

Lambrecht hatte statt der 24 Monate maximal ein Jahr für neue Verträge erlauben wollen. Statt der automatischen Verlängerung um ein Jahr, wie sie oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgeschrieben ist, sollten es nur drei Monate sein. Doch Altmaier, der parallel an neuen Regelungen für die Telekommunikationsbranche arbeitete, intervenierte.

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Man vergisst zu kündigen und schon ist man ein weiteres Jahr gebunden: Dirk Behrendt nervt das.
Man vergisst zu kündigen und schon ist man ein weiteres Jahr gebunden: Dirk Behrendt nervt das.

© dpa

Jetzt sollen sie doch bleiben

Herausgekommen ist ein Kompromiss: Zwei-Jahres-Verträge bleiben dann erlaubt, wenn die Unternehmen ihren Kunden auch Ein-Jahres- oder noch kürzere Verträge anbieten. Diese dürfen maximal 25 Prozent mehr kosten als die Langläufer. Auch eine automatische Vertragsverlängerung um ein Jahr bleibt möglich, allerdings nur dann, wenn die Verbraucher rechtzeitig vorgewarnt worden sind und auf die Möglichkeit zu kündigen hingewiesen wurden. Die Kündigungsfrist soll generell einen Monat betragen.

Hinzu kommt: Strom- und Gasverträge, die am Telefon geschlossen worden sind, sollen künftig schriftlich bestätigt werden müssen, um wirksam zu sein. Das soll die Kunden vor Überrumpelungen schützen.

Berlins Justizsenator will Nachbesserungen

Berlins Verbraucherschutz- und Justizsenator Dirk Behrendt reicht das nicht. Der Grünen-Politiker hat versucht, über den Bundesrat verbraucherfreundlichere Lösungen zu verankern. Er hält 24-Monats-Verträge für zu lang, auch die stillschweigende Verlängerung um ein Jahr sei problematisch. „Wir kennen das alle: Nach zwei Jahren haben wir vergessen zu kündigen und schon sind wir wieder ein Jahr gebunden“, sagte Behrendt dem Tagesspiegel. „Das ist nicht im Sinne eines vernünftigen Verbraucherschutzes“. Zudem sieht der Jurist eine Regelungslücke bei Fitness- und Sportstudios. Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs bestehe die Gefahr, dass sie vom Faire-Verträge-Gesetz nicht erfasst werden. Und neben Strom- und Gasverträgen will Behrendt branchenübergreifend die Pflicht einführen, dass telefonisch geschlossene Verträge zu ihrer Wirksamkeit von den Verbrauchern bestätigt werden müssen.

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Günstige Tarife gibt es nur bei langer Laufzeit: Das gilt für Strom- wie für Handyverträge.
Günstige Tarife gibt es nur bei langer Laufzeit: Das gilt für Strom- wie für Handyverträge.

© dpa-tmn

Bundesrat will zumindest Fitnessstudios einbeziehen

In einigen Punkten konnte der Berliner seine Länderkollegen am Freitag überzeugen. So drängt die Länderkammer darauf, dass Fitness- und Sportstudios ausdrücklich im Gesetz genannt werden. Auch den Vorstoß, dass nicht nur Energie-, sondern auch telefonisch abgeschlossene Versicherungs-, Handy- oder Zeitschriftenverträge künftig schriftlich bestätigt werden müssen, findet der Bundesrat richtig. Um Verbrauchern Kündigungen zu erleichtern, soll es künftig nach dem Willen der Länder zudem einen Kündigungsbutton im Internet geben. In seinem zentralen Anliegen konnte sich Behrendt am Freitag aber nicht durchsetzen: Der Bundesrat sprach sich nicht gegen Zwei-Jahres-Verträge und einjährige Verlängerungen aus.

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