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Infolge der Beitragserhöhung müssen Versicherte schlimmstenfalls mit jährlichen Mehrkosten von 261 Euro jährlich rechnen.

© dpa/Nicolas Armer

Krankenkassen erhöhen Zusatzbeiträge: 21 Millionen gesetzlich Versicherte betroffen – lohnt sich ein Wechsel?

Seit Januar haben 19 gesetzliche Krankenkassen die Beiträge erhöht. Womit Sie rechnen müssen und wie der Wechsel funktioniert.

Etwa 21 Millionen gesetzlich Krankenversicherte müssen seit Anfang dieses Jahres höhere Zusatzbeiträge zahlen. Was bedeutet das konkret für die Versicherten? Wer ist betroffen? Und wie funktioniert der Wechsel der Krankenkasse?

In einer Erhebung hat das Vergleichsportal Check24 die aktuellen Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ausgewertet. Das Ergebnis: Von 97 gesetzlichen Kassen erhöhen 19 ihre Zusatzbeiträge. Darunter befinden sich 9 Ortskrankenkassen der AOK, 7 kleinere Betriebskrankenkassen der BKK und weitere Versicherungsanbieter.

Demgegenüber sind die Zusatzbeiträge bei 67 Krankenversicherungen konstant geblieben; elf Anbieter haben ihre Beitragssätze sogar gesenkt. Dennoch trifft die Beitragserhöhung mehr als ein Viertel aller gesetzlich Versicherten.

Warum sind so viele Beitragszahler betroffen? Unter den Krankenkassen, die ihre Zusatzbeiträge erhöhen, befinden sich mit den diversen Ortskassen der AOK und einigen BKK Gesundheitskassen vor allem große Versicherer mit vielen Mitgliedern.

Hintergrund der Beitragserhöhungen: Auch für dieses Jahr befürchten die gesetzlichen Krankenversicherungen ein Milliardendefizit. So prognostizierte ein Schätzerkreis aus Experten bereits im Herbst des vergangenen Jahres einen zusätzlichen Finanzbedarf von sieben Milliarden Euro. Viele Vertreter der GKV sehen nun ganz konkret die Politik in der Pflicht.

So richtet auch Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, seinen Appell an die Regierung: „Wenn die Politik nicht aktiv gegensteuert, wird es 2023 einen Beitragstsunami geben“. Weiterhin drängt Storm auf Antworten: „Bundesfinanzminister Christian Lindner muss mit dem Haushaltsplan, den er Anfang März vorlegt, die Frage beantworten, wie es mit der GKV-Finanzierung weitergeht.“ Nur dann sei es möglich, einen starken Beitragssatzanstieg in den kommenden Jahren zu verhindern.

Mit welchen Erhöhungen müssen Versicherte rechnen?

Trotz der Erhöhung durch einige Krankenkassen verbleibt der durchschnittliche Zusatzbeitrag konstant bei 1,3 Prozent. Während exemplarisch die AOK Nordwest ihre Zusatzbeiträge seit dem 01.0.2022 um 0,4 Prozent erhöht hat, verzeichnet beispielsweise die BKK BPW Bergische Achsen KG eine Steigerung um 0,5 Prozent. Im teuersten Fall müssen Versicherte mit jährlichen Mehrkosten von insgesamt 261 Euro rechnen. Für Versicherte, die einen derartigen Kostenanstieg nicht tragen wollen, könnte ein Wechsel der Krankenkasse eine Alternative sein.

Die komplette Übersicht der Kassen und der konkreten Erhöhungen

Krankenkasse Alter Zusatzbeitrag Neuer Zusatzbeitrag
AOK Baden-Württemberg 1,10% 1,30%
AOK Bayern 1,10% 1,30%
AOK Bremen/Bremerhaven 1,30% 1,60%
AOK Hessen 1,30% 1,50%
AOK Nordost 1,50% 1,70%
AOK Nordwest 1,30% 1,70%
AOK Rheinland/Hamburg 1,10% 1,60%
AOK Rheinland-Pfalz/Saarland 0,90% 1,30%
AOK Sachsen-Anhalt 0,60% 0,80%
Betriebskrankenkasse PricewaterhouseCoopers 1,26% 1,48%
BKK B. Braun Aesculap 1,30% 1,50%
BKK BPW Bergische Achsen KG 1,10% 1,60%
BKK exklusiv 0,99% 1,29%
BKK Public 1,10% 1,30%
BKK Rieker.RICOSTA.Weisser 1,30% 2,20%
BKK Scheufelen 0,90% 1,10%
BKK Würth 0,20% 0,90%
Handelskrankenkasse (hkk) 0,39% 0,69%
TUI BKK 1,25% 1,35%

Lohnt sich ein Wechsel der Krankenkasse?

Bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrags können die Versicherten bis zum 31. Januar vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Allerdings scheint die Bereitschaft zum Wechsel der Krankenkassen bei den meisten gesetzlich Versicherten eher gering.

Das Umfrageinstitut Yougov stellte in einer repräsentativen Umfrage mit 2.081 Teilnehmerinnen und Teilnehmern Anfang Januar fest, dass drei Viertel aller Befragten ihrer Kasse auch weiterhin treu bleiben wollen.

Wer dennoch einen Wechsel der Krankenkasse in Erwägung zieht, sollte sich nicht nur an den Beitragssätzen orientieren, sondern auch die konkreten Leistungen im Blick behalten.

Während einige Anbieter beispielsweise spezielle osteopathische Behandlungen oder kostenintensive Zahnzusatzleistungen übernehmen, unterstützen andere Krankenkassen die Familienplanung mit kostenlosen Untersuchungen für Versicherte mit Kinderwunsch.

Auch bei der Finanzierung einer Haushaltshilfe, Impfungen gegen FSME oder bei Kostenerstattungen für Naturheilverfahren weichen die Zusatzleistungen vieler Anbieter stark voneinander ab.

Ein detaillierter Blick auf das Leistungsspektrum lohnt sich also. Eine Übersicht darüber, welche Kosten und Leistungen die Krankenkassen übernehmen, haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Wie funktioniert der Wechsel der Krankenkasse?

Dem Wechsel einer gesetzlichen Krankenversicherung geht ein Vergleich der verschiedenen Anbieter voraus. Wer sich einen Überblick über die verschiedenen Anbieter, die konkreten Zusatzbeiträge und die Leistungen verschaffen möchte, wird bei einem Vergleichsportal im Internet fündig.

Zu den größten Anbietern zählen hier Check24, Verivox oder Gesetzlichekrankenkassen.de. Hat sich der Versicherte für einen Anbieter entschieden, kann der konkrete Wechsel zumeist ebenfalls online über das jeweilige Vergleichsportal vorgenommen werden.

Bis vor einem Jahr mussten gesetzlich Versicherte für den Krankenkassenwechsel noch ein formloses Kündigungsschreiben an die alte Krankenkasse sowie ein Anmeldungsschreiben an die neue Krankenversicherung verfassen und versenden.

Diese Regelung entfällt seit Anfang 2021: Da die neue Krankenkasse seither die Kündigung bei der alten Versicherung übernimmt, genügt künftig ein Antrag zur Neuaufnahme bei dem neuen Anbieter.

Sobald der Wechsel der Krankenkasse vorgenommen wurde, sollten Versicherte ihren Arbeitgeber informieren. Hier genügt ein formloses Schreiben.

Versicherte, die sich zur Zeit in keinem Beschäftigungsverhältnis befinden, sollten den Wechsel der Bundesagentur für Arbeit mitteilen. Pensionierte richten ihr Schreiben an die für sie zuständige Rentenversicherung.

Die Checkliste für den Wechsel der GKV

1. Anbieter vergleichen (Zusatzbeiträge und Leistungen)
2. Antrag auf Neuaufnahme beim neuen Anbieter (online oder schriftlich)
3. Arbeitgeber informieren (formloses Schreiben), alternativ: Bundesagentur für Arbeit oder Rentenversicherung informieren

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GKV-Wechsel: Welche Fristen gilt es zu beachten?

Bei allen gesetzlichen Krankenversicherungen ist eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten zu beachten. Das heißt, dass gesetzlich Versicherte bei ihrer bisherigen Krankenversicherung mindestens ein Jahr Mitglied sein müssen, bevor sie einen Wechsel zu einem anderen Anbieter vornehmen.

Normalerweise gilt für den Wechsel einer Krankenversicherung eine generelle Kündigungsfrist von zwei Monaten (bis zum Monatsende). Hat Ihre bisherige Krankenkasse allerdings die Zusatzbeiträge erhöht, können Sie auch von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen.

Die Krankenversicherungen müssen Ihre Versicherten im Falle einer Beitragserhöhung rechtzeitig schriftlich informieren.

Möchten Sie infolgedessen Ihre Krankenversicherung wechseln, sollten Sie diesen Schritt spätestens bis zum Ende des Monats vornehmen, in dem Ihre Krankenkasse den Beitrag erstmalig erhöht.

Wichtig:

Sie können auch von diesem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, wenn die Mindestvertragslaufzeit noch nicht erreicht wurde.

Bei Streichungen von vertraglich zugesicherten Zusatzleistungen greift das Sonderkündigungsrecht allerdings nicht.

GKV-Wechsel: Fristen und Sonderfälle

  • Sonderkündigungsrecht: gilt bei Erhöhung der Zusatzbeiträge, aber NICHT bei Streichung von Leistungen
  • Mindestvertragslaufzeit: liegt bei zwölf Monaten
  • Kündigungsfrist: liegt bei 2 Monaten (außer, es wird vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht)

Fazit: Bei steigenden Zusatzbeiträgen kann sich ein Wechsel der gesetzlichen Krankenversicherung durchaus lohnen. Dabei sollte das Leistungsspektrum aber nicht außer Acht gelassen werden. Hat man sich für einen Wechsel entschieden, helfen Vergleichsportale bei der Abwicklung.

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