zum Hauptinhalt
Erste Reisewelle: An Ostern war viel los.

© Monika Skolimowska/dpa

Ausgleich für Verspätungen und Zugausfälle: So kommen Bahnkunden am schnellsten an eine Entschädigung

Die Bahn bietet Kunden an, Geld für Verspätungen oder Ausfälle online zu beantragen. Wer das machen kann und wie es funktioniert.

Mancher Bahnkunde war im Osterverkehr ziemlich genervt. Am Morgen des ersten Ferientags fuhr der Doppel-ICE von Berlin nach Düsseldorf/Köln mit nur einem Zugteil und doppeltem Stress. Der Intercity Berlin-Amsterdam hielt in Berlin wegen Bauarbeiten nur am Bahnhof Gesundbrunnen.

Auch ansonsten sorgten der Andrang der Reiselustigen nach den Corona-Lockerungen und die zahlreichen Baustellen im Netz für viele ärgerliche Störungen, Umleitungen und Staus auf der Schiene. Ein kleiner Trost: Ab 60 Minuten Verspätung sowie bei kompletten Zugausfällen steht den Betroffenen eine Entschädigung zu – und das geht inzwischen recht komfortabel und schnell online ohne lästigen Papierkram.

So funktioniert es

Wer ein Kundenkonto bei der Deutschen Bahn AG (DB) besitzt und eine digitale Fahrkarte über das Portal bahn.de oder die App DB Navigator gebucht hat, kann dort in wenigen Schritten die Zahlung anfordern. Dazu sucht man unter „Meine Buchungen“ oder „Meine Tickets“ die Fahrt, bei der es Probleme gegeben hat, und wählt dann „Entschädigung beantragen“.

Die nötigen Daten wie Zugnummer und planmäßige Ankunftszeit sind dort schon vorhanden. Wer am Schalter oder Automaten eine Fahrkarte kauft oder über Sonderaktionen im Handel, muss allerdings weiterhin den umständlichen Weg gehen und die Entschädigung schriftlich beantragen – am besten gleich mit dem Fahrgastrechte-Formular, das im Bahnhof, beim Zugbegleiter oder online unter bahn.de erhältlich ist. Oder man beauftragt gegen Provision einen Dienstleister wie Zug-Erstattung.de oder Robin-Zug.de.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Bei den Bahnkunden kommt das vorigen Sommer eingeführte Online-Verfahren offenbar gut an. „Mittlerweile nutzt weit mehr als die Hälfte die digitale Entschädigung“, sagt eine Bahn-Sprecherin. Der Konzern rechnet künftig mit noch deutlich höheren Nutzerzahlen. Allein 2021 beantragten 1,9 Millionen Reisende Entschädigungen, ausgezahlt wurden insgesamt 38,2 Millionen Euro an DB-Kunden im Fern- und Nahverkehr.

Verspätungen häufen sich

Was zeigt, dass Verspätungen und Zugausfälle auch in den Corona-Jahren das größte Qualitätsproblem im Fernverkehr bleiben. Ein Viertel der ICE- und Intercity-Fahrten war auch voriges Jahr unpünktlich, was nach den DB-Kriterien bedeutet, dass ein Bahnhof mit sechs Minuten Verspätung und mehr erreicht wird.

Im März sank die Pünktlichkeitsquote gar auf nur noch 71 Prozent. Den klammen Staatskonzern kostet die Unzuverlässigkeit viel Geld und Arbeit.

So summierten sich 2018 die Erstattungen allein im DB-Fernverkehr auf 54 Millionen Euro, die Zahl der Papieranträge explodierte um 900 000 auf 2,7 Millionen. Die Folge: lange Wartezeiten auf die Zahlung, denn im überlasteten DB-Fahrgastcenter in Frankfurt stapelten sich die Briefe.

Die Kunden sind zurück. Allerdings haben Bauarbeiten über Ostern zu Störungen im Betriebsablauf geführt.
Die Kunden sind zurück. Allerdings haben Bauarbeiten über Ostern zu Störungen im Betriebsablauf geführt.

© Monika Skolimowska/dpa

So wuchs der Druck, endlich ein digitales Verfahren einzuführen, auf das genervte Kunden viele Jahre warten mussten. Denn während Ticketbuchungen schon lange online und mobil blitzschnell möglich sind, ließ sich der Staatskonzern bei der Umsetzung der digitalen Entschädigung viel Zeit. Für die Bahn zahlte sich die Bummelei aus, denn wegen des umständlichen Papierverfahrens verzichteten Betroffene auf Schadensersatz in dreistelliger Millionenhöhe.

Verbraucherschützer loben das neue digitale Verfahren

Mit dem digitalen Verfahren sind Fachleute zufrieden. „Das läuft relativ gut“, findet Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Die Technik funktioniere, die Bearbeitungszeiten seien kürzer geworden. Beim automatisierten Verfahren sollte allerdings für schwierigere und erklärungsbedürftige Verspätungsfälle noch die Möglichkeit zur Texteingabe ergänzt werden, so Naumann.

Auch die Stiftung Warentest und ihr Magazin „Finanztest“ ziehen eine positive Bilanz. Leser berichten, dass das Geld oft schon nach 14 Tagen überwiesen war. Bei bundesweiten Zugausfällen wegen schlechten Wetters oder Streiks könne es allerdings deutlich länger dauern.

Erfreulich sei aber, dass inzwischen auch Taxi- oder Hotelrechnungen direkt mit dem Onlineantrag übermittelt werden können. Als noch zu umständlich wird der Antrag auf Erstattung der ungenutzten Platzreservierungskosten kritisiert, wenn ein Zug ausgefallen ist oder getauscht wurde.

Auch einige Vielfahrer sind genervt, weil bei jedem Antrag wieder aller persönlichen Daten angegeben werden müssen, obwohl Stammkunden mit der Bahncard 100 im System registriert sind.

Manche cleveren Onlinedienste machen das seit Jahren besser, die Anträge auf Entschädigung übernehmen. Dort gibt man seine Daten ein und lädt das Ticket der verspäteten oder ausgefallenen Fahrt hoch, dann erledigt der Dienstleister den Rest. Allerdings nicht kostenlos, wie Finanztest ermittelt hat.

So behält der Anbieter Fahrkartenerstattung.de stolze 28,9 Prozent der Entschädigung, das sind bei 25 Euro immerhin 7,23 Euro. Refundrebel.com kassiert letztlich sogar 29,75 Prozent. Deutlich günstiger sind Robin-Zug.de (99 Cent Provision bis 15 Euro Entschädigung, bei 25 Euro dann 1,99 Euro) und Zug-Erstattung.de (nur 99 Cent, erster Antrag im Jahr kostenlos).

Zur Startseite