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Ganz nach oben. Dafür reicht es für Emanuel Buchmann in der Gesamtwertung diesmal nicht.

© imago images/Sirotti

Tour de France führt über Tourmalet: Emanuel Buchmann ist nicht mehr nur der Schattenmann

Emanuel Buchmann setzt bei der Tour de France auf die Pyrenäen. Heute geht es auf einen Giganten.

Ein bisschen optimistischer als in den letzten Tagen ging Emanuel Buchmann in diese 17. Etappe der Tour de France. Zum Einen freute er sich darüber, dass seine Teamkollegen zuletzt „geliefert“ hatten. Der Österreicher Patrick Konrad gewann die 16. Etappe, der Kölner Nils Politt war ein paar Tage früher erfolgreich. Das zeigt, dass die Trainingsplanung des Rennstalls für diese Frankreichrundfahrt passt. Zum anderen befindet sich das Peloton in den Pyrenäen – dem Lieblingsgebirge des Kletterers vom Bodensee. „Hier habe ich schöne Erfolge gefeiert“, sagt er. „2015 wurde ich aus einer Fluchtgruppe Dritter einer Tour-Etappe“, erinnert er sich. Das stellte seinen Durchbruch dar. Im deutschen Meistertrikot stürmte er den mächtigen Tourmalet hoch. Deutschland hat wieder ein Rundfahrttalent, hieß es damals.

Vier Jahre später kam die Bestätigung, Buchmann wurde Etappen-Vierter, dieses Mal inmitten all der Spitzenfahrer. Und die Etappe endete auf dem Tourmalet. Er kam damals zeitgleich mit dem späteren Gesamtsieger Egan Bernal auf dem Gipfel an, war eine knappe halbe Minute schneller als Titelverteidiger Geraint Thomas. Am Folgetag legte er die Grundlage für seinen vierten Gesamtrang am Ende. In diesem Jahr ist er weit davon entfernt. „Ich hatte lange mit einer Erkältung zu kämpfen, war ein wenig kränklich und nicht hundertprozentig fit“, sagte er dem Tagesspiegel. Geholt hatte er sie sich in den feuchtkalten Alpen, auf der achten Etappe nach Le Grand-Bornand. Seitdem sah er, dass seine Wattzahlen geringer waren als erhofft. Und auch von außen sah man, dass Buchmann keine Akzente setzen konnte.

„Ich möchte angreifen, in Fluchtgruppen gehen und um einen Tagessieg kämpfen“, sagte er eingangs der Tour. Doch von diesen Zielen war er lange weit entfernt. Als es in die Berge ging, sein Lieblingsterrain, erkältete er sich. Als es wärmer wurde und ebenfalls steil bergauf ging wie am Mont Ventoux, war die Krankheit noch nicht aus dem Körper. „Für Emu kommt es jetzt darauf an, dass sein Immunsystem wieder stabil ist. Dann entwickeln sich auch seine Leistungswerte wieder nach oben“, sagte Buchmanns Trainer Dan Lorang am zweiten Ruhetag.

Seitdem geht es Tag für Tag aufwärts. Buchmann fährt nicht mehr nur im Schatten seines Kapitäns Wilco Kelderman, er ist dem Niederländer auch wieder eine echte Hilfe in den Bergen. Auf der Etappe am Mittwoch war er der letzte Begleiter seines Kapitäns.

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Mental wirkt Buchmann ohnehin stark. Er hat den Sturz beim Giro d'Italia in diesem Frühjahr abgehakt. „Der war auch nicht so schlimm wie der bei der Dauphiné im letzten Jahr“, sagt er. Damals ging er lädiert in die Tour de France, konnte die großen Hoffnungen auf eine Wiederholung des vierten Gesamtranges oder gar eines Podestplatzes nicht erfüllen. Das Pech der letzten zwei Rennsaisons kommt ausgerechnet in der Karrierephase, in der ein Rundfahrer wie Buchmann gewöhnlich auf seinem Leistungszenit ist. Von der Enttäuschung, derart ausgebremst zu sein, lässt er sich aber nicht niederdrücken. Man müsse kämpfen, weiter trainieren, weiter an sich glauben, sagt er.

Da kommen die Pyrenäenetappen gerade recht. Die 17. Etappe beendete er inmitten vieler Helfer, zeitgleich mit dem früheren Toursieger Geraint Thomas auf Platz 31. Mit dem Kampf ganz vorn hatte er nichts zu tun. Tadej Pogacar holte den Etappensieg vor Jonas Vingegaard und Richard Carapaz. Das ist auch die Reihenfolge in der Gesamtwertung – und aller Wahrscheinlichkeit nach die Podestbesetzung auf den Champs Elysees.

Emanuel Buchmann hingegen hat recht wenig Kräfte gespart für die Etappe am Donnerstag. Diese führt über seinen alten Erfolgsberg, den Tourmalet. Etappenziel ist ein Gipfel weiter, Luz-Ardiden.

Realistischerweise kann ihm ein Etappensieg nur aus einer Fluchtgruppe gelingen. Für eine Auseinandersetzung mit dem Gesamtführenden Pogacar sieht Buchmann sich nicht in der Lage. Selbst dann nicht, wenn er seine Höchstwerte erreicht, er also nicht durch Krankheit gebremst wird. Pogacar ist ein Level über ihm, das weiß Buchmann. Realistische Ziele sind daher auch in Zukunft Platzierungen auf den unteren Stufen des Podestes.

Von diesem Ziel hat sich Buchmanns aktueller Kapitän Kelderman am Mittwoch ein wenig entfernt. Er büßte Zeit auf Vingegaard und Carapaz ein.

Buchmanns Blick geht bereits über die Pyrenäen hinaus. Er will nach der Tour Akzente bei Olympia setzen. Der bergige Parcours dürfte ihm liegen. Und sein Immunsystem sollte bis dahin auf alle Fälle wiederhergestellt sein.

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