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Sami Khedira muss unter Herthas neuem alten Trainer Pal Dardai erst mal auf der Bank Platz nehmen.

© REUTERS/Annegret Hilse

Sami Khedira bleibt erst mal außen vor: So löst Pal Dardai die zentrale Frage bei Hertha BSC

Stammelf finden, Achse etablieren: Das waren die drängendsten Aufgaben für Herthas Trainer Pal Dardai. Im Mittelfeld ist er schon entscheidend vorangekommen.

Dass Sami Khedira zum VfB Stuttgart zurückkehrt, das kann man sich im Schwabenland grundsätzlich immer vorstellen. Khedira ist in der Region verwurzelt, seine Familie lebt dort, und in Oeffingen, knapp sechs Kilometer Luftlinie von der Arena des VfB entfernt, steht sogar ein Stadion, das nach dem Fußball-Weltmeister von 2014 benannt ist.

Selbst während seiner diversen Auslandsstationen war Khedira in Stuttgart stets präsent, sei es als Zuschauer bei VfB-Spielen auf der Tribüne oder als Idee in den Köpfen der Leute. Spekulationen, er werde irgendwann ein Amt bei seinem Heimatverein übernehmen, hat es immer gegeben. Und eigentlich wäre im Moment der perfekte Zeitpunkt dafür. In der VfB-Führung tobt gerade das Chaos, eine ordnende Hand könnte dem Klub also nicht schaden.

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Khediras ordnende Hand wird allerdings auch in Berlin benötigt, bei Hertha BSC, dem Klub mit den großen Ambitionen und der kleinen Gegenwart. „Sami ist ein Stabilisator“, sagt Trainer Pal Dardai vor dem Auswärtsspiel an diesem Samstag beim VfB (15.30 Uhr, live bei Sky). „Er hat eine sehr gute Übersicht, spielt sehr gute Pässe.“

Und so wird Khedira nach exakt 3941 Tagen erstmals wieder in dem Stadion Fußball spielen, in dem er 2007 mit dem VfB Deutscher Meister geworden ist. Wobei: Ganz sicher ist das nicht. Wie schon bei seinem Debüt vor einer Woche gegen die Bayern wird Herthas Neuer zunächst auf der Ersatzbank Platz nehmen. „Erst einmal ist es so geplant, dass er in der Endphase oder zur Halbzeit kommt“, sagt Dardai über seine grundsätzliche Idee mit Khedira. „Aber es kommt sicher der Moment, wo er von Anfang an spielt.“

Mit dem VfB wurde Khedira 2007 Deutscher Meister

Als Dardai vor zwei Wochen seine Rettungsmission bei Hertha angetreten hat, fand er nicht nur einen Verein im Aufruhr vor, sondern auch eine Mannschaft in Unordnung. Eine Stammelf finden, eine Achse bilden, das schienen ihm die vorrangigen Aufgaben zu sein. Bei der zentralen Frage im Mittelfeld ist der neue Trainer da schon ein entscheidendes Stück vorangekommen. Während Dardai auf der Zehnerposition je einmal Vladimir Darida und Mattéo Guendouzi beginnen ließ, hat er für die Doppelsechs offenbar fürs Erste eine Stammbesetzung gefunden.

Anders als der Ex-Stuttgarter Khedira wird der Ex-Stuttgarter Santiago Ascacibar daher gegen den VfB in der Startelf stehen. Zum dritten Mal hintereinander und zum dritten Mal an der Seite von Lucas Tousart, der den eigentlich für Khedira vorgesehen Part übernimmt. „Santi und Lucas funktionieren“, sagt Dardai. „Man muss beiden eine Chance geben.“

Tousart und Ascacibar sind zumindest auf den ersten Blick die großen Gewinner des Trainerwechsels bei Hertha BSC. Auf den ersten Blick, weil man Dardais Vorgänger Bruno Labbadia nicht mal vorwerfen kann, dass er die beiden Mittelfeldspieler hartnäckig ignoriert hat. Über Tousart, mit 25 Millionen Euro Ablöse Herthas teuerste Verpflichtung der Vereinsgeschichte, hat er sich stets sehr wohlwollend geäußert, auch wenn die Auftritte auf dem Platz dazu wenig Anlass boten.

Tousart und Ascacibar sind erste Wahl auf der Sechs

Der 23 Jahre alte Franzose wirkte in seinen ersten Monaten in Berlin oft schwerfällig und auf dem Platz ein wenig verloren. Unter Dardai fügt er sich viel besser in seine Umgebung. „Lucas kann arbeiten ohne Ende, er erobert die Bälle und bringt sie sauber zum Mitspieler. Aber ich kann zu ihm nicht sagen: Bestimm’ mal das ganze Mittelfeld!“, sagt Herthas Trainer. „Er muss das bringen, was er kann, und das macht er hervorragend.“

Ascacibar, ebenfalls 23, ist im Januar 2020 für elf Millionen Euro vom damaligen Zweitligisten Stuttgart nach Berlin gekommen. Vor allem Jürgen Klinsmann, der in ihm einen künftigen Weltstar erkannt hatte, hat sich für seine Verpflichtung stark gemacht. Die hohen Erwartungen aber blieben bisher unerfüllt. „Er ist ein guter Typ, hat eine Top-Einstellung und bringt viel Potenzial mit“, hat Labbadia vor seinem letzten Spiel als Hertha-Trainer über den Argentinier gesagt. „Aber er ist von einer Verletzung in die andere gelaufen.“ Zwei Mittelfußverletzungen, dazu muskuläre Probleme: Unter Labbadia hat Ascacibar nur ein einziges Mal gespielt. Gleich bei dessen Debüt als Trainer wurde er eingewechselt, für die letzten vier Minuten. Inzwischen aber verfügt Ascacibar wieder über die körperliche Konstitution, die für sein Spiel notwendig ist.

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„Santi ist ein laufstarker und disziplinierter Spieler“, sagt Dardai. Für den Umschaltfußball, der ihm mit der Mannschaft vorschwebt, „brauchen wir Ball-Eroberer im Mittelfeld“. Jemanden wie Ascacibar, der griffig und dynamisch in die Zweikämpfe geht, ein Herrscher in den kleinen Räumen ist; seiner Spielfortsetzung fehlt aber oft noch die nötige Präzision. Tousart hingegen kann mit seinem gepflegten Passspiel, vor allem seinen Spielverlagerungen, die große Linie vorgeben.

Santiago Ascacibar und Lucas Tousart ergänzen sich perfekt, sowohl in ihren Stärken wie auch in ihren Schwächen. Und Sami Khedira ist ja auch noch da.

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