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Das darf doch nicht wahr sein. Lucas Tousart, Maximilian Mittelstädt und Stevan Jovetic (von links nach rechts) sehen das Unheil kommen.

© Tobias SCHWARZ / AFP

Relegation gegen den Hamburger SV: Hertha BSC verliert das Hinspiel im Olympiastadion 0:1

Im ausverkauften Olympiastadion ist der HSV das aktivere Team und gewinnt durch einen kuriosen Treffer. Am Montag in Hamburg braucht Hertha einen Sieg.

Harm Osmers machte es besonders spannend. Der Schiedsrichter stand nahezu regungslos im Strafraum von Hertha BSC. Ab und zu hielt er sich den Zeigefinger ans Ohr und lauschte dem, was ihm aus Köln zugetragen wurde. Hand oder nicht Hand? Elfmeter für den Hamburger SV oder nicht? Osmers malte ein Rechteck in die Luft – und lief hinaus zur Mittellinie, um die strittige Szene selbst in Augenschein zu nehmen. Gut zwei Minuten dauerte die Prozedur, dann fällte der Schiedsrichter sein Urteil. Er entschied auf Handspiel, allerdings nicht von Peter Pekarik, sondern vom Hamburger Maximilian Rohr.

So knapp wie in dieser Szene nach einer guten halben Stunde und so spannend war es auch sonst im ersten von zwei Relegationsspielen zwischen Hertha BSC und dem HSV. Das spielerische Element blieb dafür ein wenig auf der Strecke. Aber das ist fast zwangsläufig so, wenn es um die sportliche Existenz geht, wenn es um den letzten Startplatz in der Fußball-Bundesliga geht. Die Relegation lebt von ihrer Brisanz. Das wird auch bei den zweiten 90 Minuten am Montag in Hamburg so sein, für die der HSV nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg in Berlin nun leicht im Vorteil ist.

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Drei Änderungen hatte Trainer Felix Magath im Vergleich zur Niederlage bei Borussia Dortmund vorgenommen. Bei Marcel Lotka, Herthas neuer Nummer eins, hatte es wie erwartet nicht gereicht. An seiner Stelle stand Oliver Christensen im Tor, der ausgerechnet im wichtigen Relegationsspiel sein Debüt für Herthas Profis feierte. Der gelbgesperrte Santiago Ascacibar wurde von Niklas Stark ersetzt. Und in der Offensive durfte der 19 Jahre alte Luca Wollschläger, anstelle von Jurgen Ekkelenkamp, erstmals von Beginn an ran.

Es knisterte – und das schon weit vor dem Anpfiff, als sich das Olympiastadion langsam füllte. Beide Mannschaften konnten sich über so massive Unterstützung freuen, dass Fredi Bobic kurz vor Spielbeginn eine „unfassbare Atmosphäre“ konstatierte. Das lag auch an vermutlich knapp 20.000 Hamburgern, die in Berlin dabei waren. Nur einer saß ruhig und fast ein wenig in sich gekehrt auf seinem Platz: Herthas Trainer Magath.

Beide Teams waren aus unterschiedlichen Richtungen in diese Relegation eingebogen. Während Hertha in der Schlussphase der Saison den direkten Klassenerhalt noch verspielte, war Platz drei für den HSV in der Zweiten Liga weit mehr, als er vor wenigen Wochen zu hoffen gewagt hatte. Viele sahen die Hamburger daher psychologisch leicht im Vorteil.

Einen Schritt zu spät. So wie Marvin Plattenhardt (rechts) hatten viele Berliner ihre Mühe mit den mutigen Hamburgern (im Bild Bakery Jatta).
Einen Schritt zu spät. So wie Marvin Plattenhardt (rechts) hatten viele Berliner ihre Mühe mit den mutigen Hamburgern (im Bild Bakery Jatta).

© Andreas Gora/dpa

Die Stimmung spiegelte sich auch unmittelbar vor dem Anpfiff wider, als in der Hamburger Kurve eine kleine Choreo aufgeführt wurde, inklusive eines Spruchbandes „Mit Leidenschaft und Kampf zurück zu altem Glanz“. Der HSV hatte Bock auf diese Auseinandersetzung. In der Ostkurve auf der anderen Seite hing an der Balustrade ein Spruchband: „Relegation abschaffen“. Dabei ist die Relegation für Hertha so etwas wie das Bonusspiel, um den Abstieg doch noch zu vermeiden.

Trotzdem war Magath optimistisch. Weil seine Mannschaft die ganze Saison in der besseren Liga gespielt habe als der HSV, sei sie auch in der Lage, den besseren Fußball zu spielen, hatte Herthas Trainer am Tag vor der Partie gesagt. Doch die Relegation ist traditionell kein Hort des guten und schönen Fußballs. Das war auch im Olympiastadion so.

Beide Teams hatten Phasen, in denen sie die Partie etwas mehr bestimmten als der Gegner. Bei Hertha war das nach einer guten Viertelstunde, als Ishak Belfodil im Hamburger Strafraum ein Solo startete, den ersten Verteidiger austanzte, dann aber auf den zweiten auflief. Die Hamburger waren gegen Ende der ersten Hälfte dominanter, als Robert Glatzel per Kopf das Außennetz traf.

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Kurz darauf aber jubelten die Heimfans – weil Belfodil nach einer guten Flanke von Marvin Plattenhardt recht unbedrängt zum vermeintlichen 1:0 hatte einköpfen können. Doch der Linienrichter hob die Fahne. Knapp war es auch hier. Aber der Treffer zählte nicht. Magath reagierte früh, brachte gleich zum Anpfiff der zweiten Hälfte Stevan Jovetic für den jungen Wollschläger, der kaum aufgefallen war. Jovetic stand schon kurz darauf im Fokus, als er nach einem Sturz im Strafraum einen Elfmeter begehrte, Osmers aber ließ weiterspielen. Nur ein paar Minuten später hatte der Montenegriner Herthas beste Chance zur Führung. Sein Schuss aus fünf Metern ging knapp am Tor vorbei.

Fast im Gegenzug aber wurden die Berliner dann kalt und übel erwischt. Ludovit Reis flankte von der linken Seite, doch aus der Flanke wurde ein Torschuss, der über den bedauernswerten Christensen hinwegflog. Der Ball landete am Pfosten und rollte von dort zum 1:0 für den HSV über die Linie.
Es war ein Wirkungstreffer, der Hertha ins Taumeln brachte. Die Berliner Defensive wirkte nun einige Male konfus und unsortiert. Magath versuchte es für die letzten 20 Minuten mit Marco Richter und dem 18 Jahre alten Linus Gechter. An Einsatz ließ es Hertha nicht vermissen, aber das spielerische Vermögen reichte nicht, um dem Spiel noch eine Wende zu geben.

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