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Pascal Wehrlein kürte sich beim Rennen in Mexico zum Sieger.

© IMAGO/PanoramiC

Pascal Wehrlein vor dem Heimrennen in Berlin: „Die Formel E ist extrem konkurrenzfähig“

Am Wochenende findet in Berlin der E-Prix statt. Wehrlein spricht über Besonderheiten der Tempelhofer Strecke und die wachsende Beliebtheit seiner Sportart.

Herr Wehrlein, offiziell beginnt der Berlin E-Prix erst am Samstag. Aber bereits im Vorfeld wird die WM Gastgeber für Germanys Next Topmodel sein. Im Rahmen eines Fotoshootings sollen die Models ihre Interpretation von Nachhaltigkeit vor der Kulisse der Formel E zeigen. Wie finden Sie es, dass die Sportwagen als Staffage genutzt werden?
Das wusste ich gar nicht (lacht) Aber das ist doch mal eine Besonderheit im Paddock.

Hat die Formel E es jetzt endgültig in den Mainstream geschafft?
Ich glaube die Formel E wird allgemein immer bekannter. Mit der Elektromobilität repräsentieren wir den Sport der Zukunft und schlagen die Richtung ein, die auch Hersteller künftig vorsehen. Deswegen wird die Serie generell bekannter, auch im Mainstream.

Haben Sie selbst schon einmal gemodelt?
Nein, eigentlich nicht. Wobei, doch. Ich war bei Fotoshootings dabei. Das gehört zum Job. Nur auf den Laufsteg oder eine Fashion-Show habe ich es bisher nicht geschafft.

Haben Sie sich mittlerweile an die Formel E gewöhnt, oder wollen Sie wieder in die Formel 1 oder DTM?
Ich habe mich sehr gut an die Formel E gewöhnt und habe dort riesigen Spaß, vor allem jetzt, wo wir super unterwegs sind, was die Performance angeht. Momentan haben wir zwar etwas Pech, aber grundsätzlich eine gute Saison, und für mich persönlich ist das Wichtigste, dass ich mich im Team wohlfühle.

Sie spielen auf das vergangene Rennen in Monaco an, wo sie erst auf Platz eins lagen und dann aufgrund technischer Probleme aufgeben mussten …
Genau, ich konnte das Rennen nicht beenden. Immerhin haben wir ein Rennen in Mexiko gewonnen. Monaco wäre wahrscheinlich das zweite gewesen, aber die Technik hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Nun steht der Berlin E-Prix an. Was ist das Besondere an der Strecke in Tempelhof?
Ehrlich gesagt ist es nicht meine Lieblingsstrecke. Es ist eine sehr ebene Strecke, weil sie auf dem Flugplatz liegt, und es geht wenig bergauf und bergab. Das ist keine typische Formel-E-Stadtgroßstrecke. Trotzdem ist es ein Highlight dieses Jahr.

Auch weil es ein Heimrennen ist.
Ja, das ist sowohl für mich als auch das ganze Team etwas Besonderes. Als deutsche Truppe freuen wir uns total darauf, auf deutschem Boden zu fahren. Die meisten Fans in anderen Ländern sprechen nicht unsere Sprache, das ist dieses Mal anders. Von meiner Seite werden Familie und Freunde dabei sein, vor allem die, die es sonst nicht schaffen, mit dem Flugzeug zu den Rennen zu reisen. Nach Berlin können sie mit dem Auto fahren – natürlich mit dem Porsche Taycan (lacht). Das ist viel näher und dementsprechend komfortabler. Ich bin mir sicher, dass wir viel Support bekommen werden und den Zuschauern eine echte Show bieten.

Gibt es auch so etwas wie einen Heimvorteil?
Nein (lacht). Wir konnten nicht testen auf der Strecke, weil sie erst ein paar Tage vor dem Rennen aufgebaut und direkt danach wieder abgebaut wird. Seit dem letzten Jahr, als wir in Berlin waren, ist niemand mehr dort gefahren.

Formel E Rennen finden in der ganzen Welt statt, auch in Monaco.
Formel E Rennen finden in der ganzen Welt statt, auch in Monaco.

© IMAGO/Andreas Beil

Aktuell liegen Sie auf Platz 7. Was erhoffen Sie sich von dem Wochenende?
Wir wollen da weitermachen, wo wir in Monaco waren, und ein gutes Rennen abliefern. Die Formel E ist extrem konkurrenzfähig. Man kann nicht jedes Rennen gewinnen, wir alle sind sehr eng beisammen. Wenn man nicht das perfekte Wochenende hat, rutscht man schnell von Platz eins auf Platz acht. Ich hoffe, wir haben am Wochenende von vornherein ein gutes Setup und fühlen uns wohl auf der Strecke. Das wäre mein Wunsch und mein Ziel. Wir müssen viele Punkte mitnehmen, damit wir um den Sieg mitkämpfen können.

Sie fahren an zwei Tagen. Wird wieder einen Tag im Uhrzeigersinn gefahren und einen gegen den Uhrzeigersinn?
Ja, an einem Tag fahren wir die Strecke quasi vorwärts und am anderen andersherum. Das ist eine echte Herausforderung, weil man das Auto sogar verschieden einstellen muss. Die Vorbereitung war doppelt so lang wie bei anderen Rennen, denn wir mussten uns sozusagen auf zwei Strecken vorbereiten muss.

Wie wichtig ist eigentlich der sogenannte Fan Boost, bei dem die Fans aktiv das Rennergebnis mit beeinflussen können?
Das ist ein schönes Gadget, um die Fans zu involvieren. Sie können für ihren Lieblingsfahrer abstimmen, der eine Extra-Leistung von ungefähr 30 kW beziehungsweise circa 40 PS erhält für ein paar Sekunden. Das kann einem wirklich helfen, um die Position zu verteidigen oder ein Überholmanöver zu starten. Es ist aber auch nicht so viel Extra-Leistung, dass man einen riesigen Vorteil hat.

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Und was halten Sie vom Attack Mode?
Das ist ein sehr wichtiges strategisches Tool. Der Fan Boost wird nur für wenige ausgewählte Fahrer zur Verfügung gestellt, wohingegen der Attack Mode für alle verpflichtend ist. Man muss selbst entscheiden, wann man die Extra-Leistung benutzt; ob zum Angreifen oder zum Verteidigen. Meistens müssen wir die Attack-Zone außerhalb der Strecke fahren; das heißt, wir müssen auch kalkulieren, wie viel Zeit wir dadurch verlieren. Wir haben keine Boxenstopps, mit denen wir Positionen gut machen können. Es ist sehr spannend zu sehen, was passiert, wenn zwei Autos aufeinander treffen, von denen das eine Auto mehr und das andere Auto weniger Leistung hat.

Wenn die Fans sogar eine aktive Rolle einnehmen, wie lässt sich dann die Fan-Community weiter ausbauen?
Die Formel E ist allgemein sehr fanfreundlich. Wir haben zum Beispiel einen Pitwalk, wo die Fans die Autos und die Boxengasse sehen können. Wir haben Autogrammstunden, wo alle Fahrer zu den Fans ins E-Village gehen und Autogramme geben und wo wir ihnen sehr nah sind. Die Zielgruppe ist eine andere als beim typischen Motorsport: Man sieht viele junge Leute und Familien, was wohl auch damit zusammenhängt, dass wir oftmals in den Städten unterwegs sind. Teilweise sind sogar Babys bei den Rennen dabei.

Ab 2021 wird mit dem Gen3-Auto gefahren, das in Monaco gestellt wurde. Überzeugt Sie dieses Auto?
An das Aussehen muss man sich gewöhnen. Es sieht sehr anders aus als das diesjährige Fahrzeug. Es ist kleiner und hat ein anderes Design, aber das Interessante sind die Zahlen und Fakten. Und die sprechen für sich.

Über den sogenannten Fan-Boost können Zuschauende das Rennen aktiv mitbeeinflussen.
Über den sogenannten Fan-Boost können Zuschauende das Rennen aktiv mitbeeinflussen.

© IMAGO/Shutterstock

Stichwort Qualifying: Sehen Sie die Neuerungen in diesem Bereich als sinnvoll an?
Ja, auf jeden Fall. Es macht das Ganze vorhersehbarer und fairer für die Fahrer. Man muss sich vorstellen, dass es voriges Jahr vier Gruppen gab, die immer nach dem Meisterschaftsstand eingeteilt wurden. Das heißt, die ersten sechs waren in der ersten Gruppe, die nächsten sechs in der zweiten usw. Gruppe eins ist dann auch immer zuerst gefahren, dadurch war ihre Strecke immer etwas schmutziger, denn es sammelt sich Staub auf der Strecke, wenn niemand fährt. Dadurch hatte Gruppe eins einen extremen Nachteil. Oder um es anders auszudrücken: Wer in der Meisterschaft gut platziert war, hatte im nächsten Qualifying einen Nachteil. Jetzt ist es fairer: Es gibt nur noch zwei Gruppen mit jeweils elf Fahrern, und man muss in seiner Gruppe zu den besten vier gehören, um weiterzukommen.

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Welche Zukunft haben die Formel E und der gesamte Motorsport?
Ich glaube, dass die Formel E immer interessanter wird. Es werden schnellere, effizientere und leichtere Rennautos entwickelt, auf die wir uns freuen. Ich denke, die Formel E wird auch zukünftig weiter wachsen, denn das Interesse von anderen Herstellern ist ebenfalls groß. Als Fahrer ist es eine super Serie: Wir fahren in vielen coolen Städten wie Monaco, New York, Mexico City oder Jakarta, in denen ich teilweise vorher noch nie gewesen bin. Besonders Rom gefällt mir total gut, weil die Stadt so schön und die Strecke sehr anspruchsvoll ist. Das Saisonfinale findet dieses Mal sogar in Seoul statt.

Haben Sie eigentlich schon einige in Ihrem persönlichen Umfeld überzeugt, ein E-Auto zu fahren?
Ja, ich kenne immer mehr Leute, die umgestiegen sind; teilweise auch Familien, die sich ein Elektroauto zugelegt haben. E-Autos werden in Zukunft zunehmen, vor allem in den Städten. Carsharing-Dienste zeigen, dass die Hersteller zunehmend in diese Richtung gehen und für die Umwelt ist es sowieso super. Ich werde immer mehr Fan von E-Autos, gerade wenn ich einen stressigen Tag hatte und einfach entspannt fahren will. Dann ist die Ruhe etwas ganz Besonderes und ich kann super abschalten.

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