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Suat Serdar (li., gegen Ole Käuper vom SV Meppen) kam von Schalke 04 zu Hertha BSC.

© imago images/Revierfoto

Neue Qualität für Hertha BSC: Suat Serdar ist der Mann für die Tiefe

Der 24 Jahre alte Neuzugang von Schalke 04 hat bisher vier Länderspiele bestritten. Einen Spieler wie ihn hatten die Berliner in der Offensive zuletzt nicht.

Kürzlich standen während einer Trainingseinheit die Stammspieler von Hertha BSC zusammen, im Trainingsspiel war Pause. Mittelfeldspieler Kevin-Prince Boateng wandte sich an die Teamkollegen, um ihnen in einer kurzen Ansprache ein paar Dinge näherzubringen. Einer der Zuhörer war Suat Serdar, der danach einen Ball ein paar Mal zwischen den Füßen hin- und herspielte und sich auf seine Position begab.

„Er erzählt nicht viel, er arbeitet. Das ist immer gut. Ich bin sehr zufrieden mit ihm“, sagt Trainer Pal Dardai. Der Neuzugang vom FC Schalke 04 fällt wahrlich nicht durch übergroße Außendarstellung beim Fußball-Bundesligisten auf, der am Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) das erste Heimspiel in dieser Saison austrägt. Zu Gast im Olympiastadion ist der VfL Wolfsburg.

Serdar bezeichnet sich als einen ruhigen Menschen. „Ich verbringe gern sehr viel Zeit mit der Familie und stehe nicht so gern in der Öffentlichkeit“, sagt er. Mit seiner Familie hat er sich auch beraten, als es darum ging, wo er in Zukunft Fußball spielen würde. Anfangs seien Klubs im Ausland durchaus infrage gekommen, Angebote hat es gegeben. „Ich habe schon als kleiner Junge davon geträumt, in Spanien zu spielen.“ Aber dann fiel die Entscheidung pro Hertha, er hat einen Vertrag bis 2026 unterschrieben.

In der vergangenen Saison hat Hertha auch deswegen große Probleme gehabt, weil aus dem Mittelfeld kaum Torgefahr entstand. Das soll sich nun ändern. „Er ist ein guter Fußballer und geht in die Tiefe“, sagt Dardai. Und, sehr wichtig: Er tue dies nicht, weil es der Trainer 100 Mal sage, „sondern ganz automatisch“. Weil er das Spielverständnis dafür hat. Solch einen Spieler hätten sie in der vorigen Spielzeit in der Mannschaft vermisst, stellt Sportdirektor Arne Friedrich fest.

„Ich liebe es, Wege in die Tiefe zu machen und Räume für Stürmer zu schaffen“, sagt Serdar. Für die Mannschaft arbeiten, auch eine Eigenschaft, die auf jeden Fall weiterhilft. Serdar selbst bevorzugt auf dem Rasen die Achterposition, „aber wenn der Trainer mich auf die Zehn oder die Sechs stellt, nehme ich das auch dankend an.“

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Im ersten Saisonspiel ließ ihn Dardai aus taktischen Erwägungen im rechten Mittelfeld auflaufen, eine für Serdar ungewohnte Position. Da hat er in seiner Laufbahn bislang selten gespielt. Anfangs überzeugte Hertha in Köln – und Serdar machte ein ordentliches Spiel. „Nach Balleroberungen war Suat da“, lobte der Coach später.

Mit der Zeit bekamen die Berliner aufgrund taktischer Nachlässigkeiten immer größere Probleme, wurden in die Defensive gedrängt, ließen Flanken des Gegners zu. Das war definitiv nicht mehr das Spiel, in dem Serdar seine Stärken zur Geltung bringen konnte. Hertha verlor zum Auftakt 1:3.

Aufbauen, Betrieb vor dem gegnerischen Tor machen, mitunter auch selbst Tore schießen, das ist seins. Ein besonders schöner Treffer gelang ihm im Test gegen den FC Liverpool, als er den Ball im Strafraum annahm, sich selbst vorlegte und mit rechts aus ganz spitzem Winkel ins Netz jagte.

Bloß nicht wieder eine solch turbulente Saison

Hertha befand sich in der vergangenen Saison lange in Abstiegsgefahr. „Ich werde alles dafür geben, dass wir nicht mehr ein solch turbulentes Jahr haben“, betonte Serdar zu Beginn seiner Zeit in Berlin. Der 24-Jährige befand sich mit Schalke in noch viel größeren Turbulenzen.

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„Das war eine sehr harte Zeit für mich und den ganzen Verein“, sagt Serdar. Schalke gewann nur drei von 34 Spielen, hätte fast den über fünf Jahrzehnte alten Negativrekord an sieglosen Spielen von Tasmania 1900 gebrochen und stieg schließlich abgeschlagen ab.

„Ich denke nicht mehr so viel an die Vergangenheit, ich will nach vorne schauen. Ich will neu anfangen“, sagt Serdar. Etwa sieben Millionen Euro haben die Berliner für ihn ausgegeben, „deutlich unter seinem Marktwert“, sagt Sportdirektor Friedrich. Anfang 2020, als Serdar mit Schalke eine sehr gute Saison spielte, gab es Angebote, die gut sechs Mal so hoch gelegen haben sollen. In dieser Zeit hat er vier Mal für die deutsche Nationalmannschaft gespielt.

Dardai hat letztens erzählt, dass er sich bei Kaderplaner Dirk Dufner für den Transfer bedankt habe. „Ich habe Dirk gesagt, Suat ist richtig gut für unseren Kader. Das war eine gute Wahl.“ Aber Luft nach oben ist natürlich immer. An seiner Zweikampfstärke könne der neue Mann noch arbeiten, findet Dardai. Und Serdar hat im „Kicker“ bezogen auf Boateng gesagt: „Von Prince kann ich lernen, dass ich auf dem Platz viel lauter sein und mehr Kommandos geben muss.“

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