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Kurz sacken lassen. Und dann war Schwimmer Henning Mühlleitner doch stolz auf sich.

© Michael Kappeler/dpa

Leistungsgedanke bei Olympia: Wir sollten nicht nur Medaillen zählen

Der olympische Sport unterscheidet zwischen Medaillengewinnern und Verlierern. Davon sollte man loskommen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Es gibt sie tatsächlich, die Holzmedaille. Einmal kurz googeln und schon kann man sich mit den verschiedensten Plaketten eindecken, auf denen der 4. Platz eingraviert ist. Und 2012 bastelte ein britischer Fan während der Olympischen Spiele in London eigene Medaillen nur für Viertplatzierte und widmete sie den vermeintlich unglücklichen Athleten seines Landes. Seine Idee konnte sich allerdings nicht durchsetzen, bis heute weigern sich die Olympia-Macher standhaft, mehr als drei Medaillen zu vergeben. Also bleibt den Sportlern, die es in Tokio oder auch sonst bei großen Titelkämpfen nicht auf das Siegerpodest schaffen, oft nur der Trost der anderen.

Henning Mühlleitner aber wollte sich am Sonntag partout nicht trösten lassen. Ganze 13 Hundertstel fehlten dem deutschen Schwimmer über 400 Meter Freistil zu Bronze, seine Vorlaufzeit vom Samstag hätte für Rang drei gereicht. Trotzdem war der 24-Jährige hinterher alles andere als niedergeschlagen. „Jetzt ist es natürlich die Blechmedaille oder Holzmedaille oder wie auch immer man es nennen mag, aber das stört mich relativ wenig“, sagte er nach seinem starken Rennen.

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Tatsächlich hat Mühlleitner allen Grund stolz zu sein. So wie viele andere Viertplatzierte im Sport auch. Denn tatsächlich sollte für Athleten die Leistung zählen, die sie im Wettkampf gezeigt haben. Und dort hat sich der deutsche Schwimmer eben nichts vorzuwerfen. „Ich bin mega happy mit dem Rennen und mit dem, was ich erlebt habe und dass ich einfach mega Spaß hatte“, erzählte Mühlleitner nach seinem Finale.

Wäre es nicht schön, wenn künftig am Ende von Olympischen Spielen die Sportler auch daran gemessen werden, wie sie ihre Darbietungen selbst bewerten? Kaum jemand geht kritischer mit sich um und kann besser einschätzen, was möglich war und was Wunschdenken ist als der Athlet.

Dafür lieferte der deutsche Gewichtheber Simon Brandhuber ebenfalls am Sonntag den besten Beweis: „Im Grunde habe ich es heute verbockt, ich hätte mehr rausholen müssen“, sagte er nach seinem neunten Platz. Über die berühmte Holzmedaille hätte er sich wahrscheinlich gefreut.

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