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Pal Dardai wird Hertha BSC erst einmal fehlen.

© picture alliance/dpa

Hertha BSC steht unter Erfolgsdruck: Pal Dardai muss 24 Punkte holen, um Trainer zu bleiben

Pal Dardai hat bei Hertha BSC einen Vertrag bis 2022 unterschrieben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in seinem Vertrag gibt es eine unübliche Klausel.

Pal Dardai ist bei seinem Debüt als Cheftrainer in der Fußball-Bundesliga ein echter Coup gelungen. Bei seinem ersten Debüt als Cheftrainer, das inzwischen ziemlich genau sechs Jahre zurückliegt. Erst jetzt aber hat Dardai enthüllt, wem er diesen Coup zu verdanken hatte: Ingo Schiller, dem Geschäftsführer, der bei Hertha BSC eigentlich für das Finanzielle verantwortlich ist, und nicht für das Sportliche.

Schiller war es, der Dardai vor sechs Jahren gleich nach dem Amtsantritt den Tipp gab: „Wir haben noch einen Plattenhardt.“ Na ja, dachte Dardai. Marvin Plattenhardt, der unter seinem Vorgänger Jos Luhukay kaum zum Einsatz gekommen war, den kannte er natürlich; aber das, was er in Herthas U 23 von ihm gesehen hatte, fand Dardai wenig überzeugend.

Nach nur einer Trainingseinheit musste er seine Meinung allerdings revidieren. „Der Typ gefällt mir“, sagte Dardai zu Schiller. „Er wird bei mir Nationalspieler werden.“

Und so ist es tatsächlich gekommen. Plattenhardt stand bei Dardais Debüt in der Startelf, war anschließend dauerhaft Stammspieler und wurde zwei Jahre später erstmals für die deutsche Nationalmannschaft nominiert.

Dardais kleine Anekdote aus der Vergangenheit wirft natürlich die Frage auf, mit welcher Überraschung er wohl bei seinem zweiten Debüt, am Samstag im Auswärtsspiel gegen Eintracht Frankfurt, aufwarten wird.

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Dass sich aus der Binnensicht einiges anders darstellt als von außen, das hat Herthas Trainer auch jetzt wieder festgestellt. „Alles, was ich gehört und gelesen habe, kann ich nicht bestätigen“, sagte er. „Es sind alle motiviert. Das sieht man an den Augen. Ich bin sehr zufrieden.“

Das gilt auch für Dodi Lukebakio, der im Moment nicht den besten Leumund besitzt. Am vergangenen Wochenende, im letzten Spiel von Dardais Vorgänger Bruno Labbadia, schaffte der Belgier es nicht mal mehr in den Kader. Dardai hat die Vorbehalte gegen Lukebakio natürlich mitbekommen: dass er faul und lustlos sei, fahrig und unproduktiv. Seine eigenen Eindrücke waren andere. „Ich bin positiv überrascht. Er hat zwei Tage top trainiert“, berichtete Dardai. „Er läuft wie ein Känguru.“

So wohlwollend ist bei Hertha BSC schon lange nicht mehr über Dodi Lukebakio gesprochen worden. „Es wäre keine Überraschung, wenn er von Anfang an spielt", sagte Dardai mit Blick auf sein Debüt am Samstag. „Er ist ein Unterschiedsspieler.“

Dardais Debütgegner Eintracht Frankfurt zeichnet sich vor allem durch viel Wucht in der Offensive aus. Nur die Bayern haben in dieser Saison mehr Tore erzielt. Aber Dardai will Frankfurts Stärke offenbar nicht mit einer ausgewiesenen Mauertaktik begegnen, sein Motto, so sagte er, laute: ein Tor mehr schießen als die Eintracht. „Ich verspreche, ich werde mit sehr vielen Angreifern spielen.“

Dardai gibt sich forsch vor seinem Debüt

Gemessen an dem Bild, das von ihm vorherrscht, klingt das ausgesprochen forsch. Aber forsch muss Dardai offensichtlich auch sein, wenn er seinen Vertrag bei den Profis erfüllen will. Als Hertha ihn am Montag als neuen Cheftrainer präsentierte, hieß es, dass er die Mannschaft bis zum Ende der Saison 2021/22 trainieren werde. Das ist nicht falsch, aber anscheinend auch nicht die ganze Wahrheit. Um über das Ende der laufenden Spielzeit hinaus Trainer bleiben zu können, muss Dardai auf eine bestimmte Punktzahl kommen.

Der „Kicker“ hat zuerst über eine entsprechende Vertragsklausel berichtet, die es nach Informationen des Tagesspiegels tatsächlich gibt. Von 1,5 Punkten pro Spiel ist als Vorgabe die Rede. Hertha müsste in den noch ausstehenden 16 Begegnungen also insgesamt noch 24 Punkte holen.

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Als Dardai am Donnerstag in der Pressekonferenz zu den Nebenabsprachen in seinem Arbeitsvertrag gefragt wurde, meldete sich umgehend Sportdirektor Arne Friedrich zu Wort. „Das würde ich jetzt gerne übernehmen“, sagte er, um zu verkünden, dass es einen Vertrag bis 2022 gebe, man sich darüber hinaus zu Vertragsdetails nicht äußern werde. „Mehr gibt es zu diesem Thema nicht zu sagen.“

Bisher steht Hertha nach 18 Spieltagen bei 17 Punkten, was einem Schnitt von 0,94 Punkten entspricht und nur zeigt, wie ambitioniert die Vorgabe für Dardai und das Team ist. In seiner ersten Amtszeit (2015 bis 2019) hat der Ungar den jetzt geforderten Schnitt nur in zwei von insgesamt neun Halbserien übertroffen. In einer gesamten Saison ist ihm das nie gelungen.

„Wenn wir mit der Mannschaft noch 20 Punkte holen – Respekt“, sagte Dardai. „In diesen unsicheren Momenten und mit unseren statistischen Werten, wäre das erst einmal gut. Aber natürlich will ich mehr.“

Ob er tatsächlich in den Nachwuchs zurück müsste, wenn es nur 23 Punkte werden, ist nicht unbedingt gesagt. Das hängt vermutlich nicht nur von den harten Zahlen ab, sondern auch von den weichen Faktoren: der Stimmung in der Mannschaft und rund um den Verein. Sportdirektor Friedrich bezeichnete Dardai am Donnerstag noch einmal als Wunschlösung für den Trainerposten. „Man merkt schon, dass gerade ein Ruck durch die Mannschaft geht“, sagte er. „Man spürt eine Aufbruchsstimmung.“

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