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Dajana Jastremska bei der Siegerehrung am Sonntag in Lyon.

© AFP

Erst Flucht aus der Ukraine, dann Finale in Lyon: Die bewegende Geschichte von Tennisspielerin Dajana Jastremska

In Odessa harrt sie in einer Tiefgarage aus, als die ersten russischen Bomben fallen. Wenige Tage später rührt Dajana Jastremska auf dem Tennisplatz zu Tränen.

Zitternd steht Dajana Jastremska vor dem Mikrofon, eingehüllt in eine ukrainische Fahne. Dann spricht die 21-jährige Tennisspielerin zu den 6000 Zuschauern im Palais des Sports de Gerland von Lyon, wo sie gerade das Endspiel gegen die Chinesin Zhang Shuai verloren hat.

„Es war eine sehr harte Woche für mich“, sagt sie mit brüchiger Stimme, ehe sie ihrer Gegnerin gratuliert. Natürlich spiele sie hier nicht nur für sich selbst, sondern für ihr ganzes Land, erzählt Jastremska weiter und kann dann die Tränen nicht mehr zurückhalten.

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Hinter der Ukrainerin liegen emotional aufwühlende Tage. Ende Februar befand sie sich noch in ihrer Heimatstadt Odessa. Dann begann der Angriff der Russen. „Am Morgen des 24. Februar startete der Krieg, die Bomben fielen“, berichtete sie bei Eurosport.

Auf ihrem Instagram-Account postete sie, dass sie mit ihrer Familie zwei Nächte in einer Tiefgarage verbracht hatte. Dann hätte ihr Vater den Entschluss gefasst, sie und ihre jüngere Schwester in Sicherheit zu bringen. „Er wollte mit uns in einem Van über Ismajil nach Rumänien und dann weiter nach Lyon fahren.“

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Die Familie schaffte es bis an die Grenze, dort trennten sich die Wege. Die Mutter blieb beim Vater in der Ukraine, Dajana und Iwanna Jastremska, die ebenfalls Tennis spielt, retteten sich per Schiff über die Donau. Von Rumänien aus flogen die Geschwister nach Lyon, dort hatten sie von den Veranstaltern des Turniers eine Wildcard erhalten. Im Doppel verloren sie gleich in Runde eins, doch Dajana Jastremska gelang in der Einzelkonkurrenz eine schier unglaubliche Leistung.

In der ersten Runde setzte sie sich knapp gegen die Rumänin Ana Bogdan durch, danach fiel sie schluchzend auf die Knie. Wenig später umarmte sie Bogdan am Netz und erzählte ihr dort noch einmal, was sie in den vergangenen Tagen durchgemacht hatte. Ihre Gegnerin schrieb anschließend bei Instagram: „Das war das härteste Match, das ich je gespielt habe, was Gefühle und das Zurückhalten von Emotionen angeht.“

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Jastremska selbst hatte in dem Sozialen Netzwerk zuvor weitere Einzelheiten ihrer Flucht geschildert und Fotos und Videos geteilt. Sportlich folgten in Lyon weitere Siege für die in der Weltrangliste auf Position 140 notierte Ukrainerin und schließlich sogar der Einzug ins Finale. Immer dabei: Ihre ukrainische Fahne und Schweißbänder in den Nationalfarben.

Jastremska galt einst als großes Talent, schon mit 19 belegte sie in der Weltrangliste den 21. Platz. Doch ein positiver Dopingtest Ende November 2020 stoppte sie jäh. Bei einer Kontrolle war die verbotene Substanz Mesterolon bei ihr entdeckt worden, Jastremska beteuerte ihre Unschuld, wurde aber zunächst gesperrt.

Ihr Preisgeld spendete sie für Hilfsorganisationen in der Ukraine

Im Juni 2021 wurde die Suspendierung wieder aufgehoben, ihr konnte kein fehlerhaftes Verhalten und auch keine Fahrlässigkeit nachgewiesen werden. „Ich habe eine Menge durchgemacht in den vergangenen sechs Monaten und es war schwer mit all den negativen Kommentaren umzugehen“, sagte sie später. Doch verglichen mit dem, was sie nun in ihrer Heimat erleben musste, erscheint dies geradezu unwirklich.

Bei der Siegerehrung in Lyon sagt sie am Sonntag den applaudierenden Fans: „Ich versuche, für die Ukraine zu kämpfen und möchte jedem einzelnen Menschen in der Ukraine dafür danken, dass sie die Ukraine verteidigen. Und falls irgendjemand in der Ukraine mir zusieht, möchte ich sagen: ‚Ihr seid so stark und habt einen tollen Spirit.‘“ Ihr Preisgeld in Höhe von etwas mehr als 16.000 Euro wolle sie für ihr Land spenden.

Später schreibt sie bei Instagram, dass sie das Turnier in Lyon so gerne für ihr Land gewonnen hätte. Aber: „Ich habe die ganze Woche mein Bestes gegeben, denn das ist es, was Ukrainer tun.“

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