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So sehen Siegerinnen aus. Die Engländerinnen nach ihrem Triumph in Wembley.

© Reuters/Martinez

Die Wucht der Fußball-EM: Niveau geht auch ohne Multimillionäre auf dem Rasen

Hoffentlich hilft der EM-Etappensieg der Fußballerinnen auch, das Bewusstsein für mehr Gleichberechtigung im gesamten Profisport zu schärfen. Ein Kommentar.

Das schönste Fußballturnier des Jahres ist gespielt. Das Endspiel von Wembley war der finale Höhepunkt von drei Fußballwochen mit unglaublicher Dynamik. Von Tag zu Tag wuchs das Turnier aus unserer Perspektive mit den starken Auftritten des deutschen Teams.

Am Ende hat ein lucky punch gefehlt. Das wäre was für Poppi gewesen. 18 Millionen vor dem Bildschirm - mehr Anerkennung geht nicht!

schreibt NutzerIn KDN

Keine Frage, die Frauen haben gewonnen, der Fußball hat gewonnen. Spannung und Niveau funktionieren auch ohne Multimillionäre auf dem Rasen, ohne prügelnde Fans, Spielerfrauen mit Schminktipps und menschenverachtende Geschäften im Hintergrund: All das werden wir dann im November bei den Männern und ihrer Weltmeisterschaft als Beilage serviert bekommen. All das also, was wir jetzt nicht vermisst haben.

Die Europameisterschaft von England war ein großer Schritt auf dem Wege der Emanzipation des Fußballs der Frauen, der trotzdem weiter am Tropf des Männerfußballs hängen wird. Und da hängt er – zumindest in Deutschland – noch sehr weit unten. Da reicht ein Blick auf den offiziellen Twitteraccount des FC Bayern. Da werden die Frauen am Ende gelistet. Nach Portalen wie FC Bayern Brasilien, Accounts für Fans und Nachwuchs. Sicher, die Frauen des FC Bayern werden zum Auftakt der Bundesliga-Saison im September in der großen Arena von München spielen – dürfen.

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Das ist sehr gut und hat trotzdem etwas Gönnerhaftes, wie überhaupt um das Turnier von England herum, wenn Männer ins Spiel kamen. Sei es per TV-Grußbotschaft von Jürgen Klopp („habe zwei von drei Spielen gesehen, klasse Mädels“), ein „Bild“-Finaltipp von Franz Beckenbauer („Deutschland gewinnt nach Elfmeterschießen“) oder auch ein Agentur-Porträt des Ehemanns von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg („sie merkt gar nicht, wenn ich neben ihr schwimme. So fokussiert ist sie“) – die Männer wollten oder sollten den „Frauenfußball“ wohl adeln.

Dabei ist das gar nicht nötig. Geld ja, aber gutgemeinte Worte braucht es nicht von den Männern aus dem Fußballgeschäft. Es ist wahrscheinlich die einzige Chance, die Fußball-Bundesliga größer zu machen, wenn die mächtigen Klubs ihre Teams bei den Frauen mit ihrer Infrastruktur ins Rennen schicken, wie das immer mehr passiert.

Die deutschen Spielerinnen haben bei der Europameisterschaft überzeugt und begeistert.
Die deutschen Spielerinnen haben bei der Europameisterschaft überzeugt und begeistert.

© IMAGO/Pro Sports Images

In Spanien und England machen sie das ja erfolgreich vor. Das hilft bei der Entwicklung des sportlichen Bereichs. Ins Stadion können dann andere Fans kommen, die Schnittmenge zum Männerfußball muss nicht so groß sein beim Publikum. Beim Blick auf die Tribünen beim Turnier in England wurde klar, dass dort ein anderes, weiblicheres Publikum feierte. Die testosterongesteuerten männlichen Vertreter mit nackten Oberkörpern waren da nicht auszumachen.

Freuen wir uns also schon jetzt auf das nächste schöne Fußballturnier - es wird nicht das von Katar sein

Es gibt sie sicher noch eher selten die Menschen rund um die Bundesliga der Frauen, die in ein Trikot geboren wurden und auf Gedeih und Verderb ihr Seelenheil davon abhängig machen, ob etwa ein Team junger Männer für den MSV Duisburg am Wochenende siegt oder nicht.

Es kann eine Chance sein für den Fußball der Frauen, wenn er sich anders positioniert und positionieren muss, wenn sich das große Fernsehfenster nach dem Turnier von England nun wieder schließen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die kommende Weltmeisterschaft im Juli und August 2023 in Neuseeland und Australien stattfindet, das wird ungünstige Sendezeiten und womöglich geringeres Interesse bedeuten.

Aber mehr als ein Zwischentief sollte das nicht mehr sein – wenn überhaupt. Freuen wir uns also schon jetzt auf das nächste schöne Fußballturnier. Ohne großkopfertes Funktionärsgedöns und Berichte über gestorbene Arbeiterinnen und Arbeiter beim Bau der Stadien für ein Turnier.

Die Fußballspielerinnen sind trotz aller berechtigten Kritik über die große Gehaltsspanne im Vergleich zu den Männern innerhalb des Profisports weit vorne: Die weiblichen Sparten haben es in Deutschland in den populären Sportarten hinter dem Fußball viel, viel schwerer. Von Basketball, Eishockey bis Handball - dort haben die Spielerinnen kaum eine Chance, überhaupt Geld zu verdienen. Und das, obwohl zumindest im Basketball oder Eishockey die männlichen Topstars gewaltige Summen verdienen können.

Vielleicht hilft der EM-Etappensieg der Fußballerinnen auch, das Bewusstsein für mehr Gleichberechtigung im gesamten Profisport zu schärfen.

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