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Mark Fotheringham (Mitte) dürfte Felix Magath (r.) ersetzen.

© IMAGO/Matthias Koch

Mark Fotheringham muss Felix Magath ersetzen: Hertha BSC versucht es mit Energie aus Schottland

Weil Felix Magath sich mit Corona infiziert hat, rückt sein Assistent Mark Fotheringham noch mehr in den Fokus. Wer ist der neue Co-Trainer von Hertha BSC?

Als Werner Leuthard, Spitzname „Der General“, mit seinem Part durch ist, muss sich Fredrik Björkan erst einmal hinlegen. Der neue Fitnesstrainer des neuen Cheftrainers Felix Magath hat die Spieler von Hertha BSC im Sprint über den Rasen gescheucht. Danach kann Björkan nicht mehr. Zwei Physios kümmern sich zwischenzeitlich um ihn, mehrere Minuten liegt er auf dem Rasen, einmal steht er kurz auf – und begibt sich gleich wieder in die Waagerechte. Kurz darauf, das Training läuft noch, wird der Norweger mit dem Golf-Car in die Kabine chauffiert.

Zwei Tage und drei Trainingseinheiten hat es also gedauert, bis Felix Magath dem Felix-Magath-Klischee erstmals vollumfänglich gerecht wird. Dass es hart werden wird für die Fußballer von Hertha BSC, das war allen vom ersten Moment an klar. Dass es noch härter wird, dafür steht Werner Leuthard, der eher Feldwebel ist als General.

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Mit ihm ist Magaths Trainerteam jetzt komplett, und die Zusammensetzung erzählt einiges. Allein drei Fachkräfte – neben Leuthard noch Markus Hödl und Henrik Kuchno – kümmern sich um Fitness und Athletik; dazu sind Torwarttrainer Andreas Menger und Vedad Ibisevic geblieben. Zum wichtigsten Mann aber für die Mission Klassenerhalt könnte der Schotte Mark Fotheringham werden.

Magaths neuer Co-Trainer ist nicht nur generell für den fußballerischen Part auf dem Trainingsplatz verantwortlich. Er wird seinen Chef auch am Samstag im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (15.30 Uhr) vertreten müssen.

Denn Magaths Bundesliga-Comeback nach fast zehnjähriger Pause fällt aus. Herthas neuer Trainer ist am Donnerstag positiv auf das Coronavirus getestet worden. Er steht damit nicht für den Trainings- und Spielbetrieb zur Verfügung. Immerhin ist Magath laut Mitteilung von Hertha BSC „nahezu symptomfrei“.

Die Nachricht von seiner Erkrankung passt in eine Saison, in der bei den Berlinern schiefzulaufen scheint, was schieflaufen kann. Mit dem zweiten Wechsel auf der Trainerposition sollte für die letzten Wochen der Saison noch einmal so etwas wie Aufbruchsstimmung erzeugt werden, nachdem es zuletzt mit fünf Niederlagen hintereinander stetig bergab gegangen ist. Daraus wird erst einmal nichts. Immerhin ist die Gefahr überschaubar, dass sich das Virus innerhalb von Herthas Mannschaft verbreitet. Die meisten Spieler sind gerade erst genesen.

Mittwochnachmittag, die letzte öffentlich einsehbare Einheit vor dem Heimspiel gegen Hoffenheim. Magath hält sich wie gewohnt im Hintergrund, während Fotheringham, 38 Jahre alt, in perfektem Deutsch und mit durchdringender Stimme erklärt, was er von den Spielern sehen will. „In der Stimme von Mark Fotheringham kann man den Stahl hören“, hat die schottische Zeitung „The Herald“ mal über ihn geschrieben. Wenn den Spielern die Pässe zu labberig geraten, ruft er: „Mehr Druck in den Ball!“ Und dann schlägt er einen Pass mit Unterschnitt, der hart und präzise auf sein Ziel zufliegt.

Fotheringham ist ein echter Magath-Fan

Dass Fotheringham im Training alles mit- und vormacht, das hat auch Michael Henke erlebt. „Er denkt teilweise noch wie ein Spieler“, erzählt er. „Und er hat einen guten Draht zu den Spielern.“ Beim FC Ingolstadt haben sie bis zum Sommer zusammengearbeitet, Henke als Sportdirektor, Fotheringham als Assistent von Cheftrainer Tomas Oral. Nach dem Aufstieg in die Zweite Liga haben alle drei den Klub verlassen. „Mark ist ein super Typ“, sagt Henke am Telefon, sei ganz normal und bodenständig. „Ich hoffe, dass ich jetzt nicht zu euphorisch klinge: Aber das ist eine ausgezeichnete Wahl, auch in Ergänzung zu Felix Magath.“

So hat es auch Magath bei seiner Vorstellung in Berlin geschildert. Fotheringham sei schon wegen seines Alters näher an den Spielern als er selbst mit seinen 68 Jahren. Beide kennen sich aus Magaths Zeit als Trainer beim FC Fulham. Im Sommer 2014, nach dem Abstieg aus der Premier League, wechselte Fotheringham als Spieler zu den Londonern. Nur zwei Mal kam er für Fulham zum Einsatz, das letzte Mal im letzten Spiel vor Magaths Entlassung. Danach schaffte er es nicht einmal mehr in den Kader.

Anders als viele seiner damaligen Kollegen, die kein gutes Haar an dem Trainer aus Deutschland ließen, ist Fotheringham seitdem ein echter Fan von Magath und seinen Methoden. „Warum ist Felix so hart von den Spielern kritisiert worden?“, hat er einmal gefragt. „Das kann ich Ihnen sagen. Weil sie am Sonntag lieber frei haben, als zu trainieren, weil sie mit ihren Ferraris durch die Gegend fahren und den ganzen Tag Latte schlürfen wollen.“

Er trainierte bei Magath zur Probe – und fiel durch

Das erste Mal ist Fotheringham seinem heutigen Chef sogar schon in dessen Zeit beim VfL Wolfsburg begegnet. Im Sommer 2012 trainierte er dort zur Probe mit, einen Vertrag bekam er allerdings nicht. Genauso wenig wie bei der TSG Hoffenheim, bei der er es zuvor versucht hatte. „Es war in Ordnung, aber es hat nicht gereicht“, erinnert sich Rainer Widmayer, damals Co-Trainer in Hoffenheim und bei Hertha in dieser Funktion einer von Fotheringhams Vorgängern.

Als Spieler hat Fotheringham mit einem Dutzend Klubs aus Schottland, England, Deutschland, Zypern und der Schweiz eine durchaus bunte Karriere hinter sich. Der Erfolg war mäßig. Für Schottlands U21 kam er ein einziges Mal zum Einsatz, 2004 unter dem Trainer Rainer Bonhof.

„Ich habe ihn als Spieler gemocht. Er war rustikal und konnte kicken“, sagt Herthas früherer Torwarttrainer Richard Golz, der in der Saison 2005/06 mit Fotheringham beim damaligen Zweitligisten SC Freiburg unter Vertrag stand. „Das war eine gute Mischung – so wie man sich einen schottischen Fußballer vorstellt. Aber er war leider einfach zu langsam“. So reichte es für Fotheringham nur zu neun Einsätzen für Freiburg.

Immerhin ist dem defensiven Mittelfeldspieler aus dieser Zeit ein Faible für den deutschen Fußball geblieben. Die Zeit in Deutschland habe seine Einstellung geändert, hat Fotheringham der Zeitung „The Courier“ aus seiner Heimatstadt Dundee erzählt. „Ich liebe die deutsche Haltung, die Fußballphilosophie, die Gewinnermentalität.“

Wenn man Mark Fotheringham in diesen Tagen in kleinen Schritten über Herthas Trainingsplatz laufen und die Übungen vormachen sieht, bekommt man einen Eindruck von der Energie, die in ihm steckt. „Er ist einer, der immer gepowert hat“, erinnert sich Michael Henke. Der FC Ingolstadt hätte ihn im Sommer gern behalten, hat alles versucht, ihn zum Bleiben zu überreden. Aber Fotheringham fühlte sich seinem Chef Tomas Oral verpflichtet und lehnte ab. „Das zeigt, wie geradlinig dieser Typ ist“, sagt Henke. „Wir haben immer sehr intensiv diskutiert, und Mark hatte auch keine Angst, sich mit dem Cheftrainer zu zoffen. Trotzdem war er immer total loyal.“

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