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Ohne Esprit. Emre Can und seine Kollegen wurden von den Nordmazedoniern um ihren 1:0-Torschützen Goran Pandev unangenehm überrascht.

© Revierfoto/Imago

1:2-Heimniederlage in der WM-Qualifikation: Deutschland blamiert sich gegen Nordmazedonien

Im letzten WM-Qualifikationsspiel unter Bundestrainer Joachim Löw verliert die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen Außenseiter Nordmazedonien 1:2.

Die deutsche Nationalmannschaft weiß, wie man Spannung aufbaut. Schon vor dem Spiel gegen Nordmazedonien hatten die Fußballer verkündet, sich erneut etwas in Sachen Menschenrechte einfallen lassen zu wollen und die Spannung damit ins Unermessliche getrieben. Was es wohl diesmal werden würde, nach dem Schriftzug „Human Rights“ auf ihren T-Shirts und den verkehrt herum getragenen Trikots?

Die Auflösung gab es unmittelbar nach den Hymnen, als Kapitän Manuel Neuer mit einer Rolle Stoff auf den Platz kam. „Wir für 30“, stand darauf, eine Anspielung auf die 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Das Spiel selbst verhieß eher einen überschaubaren Nervenkitzel. Das aber sollte sich als Trugschluss erweisen. Die Deutschen machten es gegen die Nummer 65 der Welt nicht zuletzt aufgrund eigener Versäumnisse vor allem in der Offensive, spannender als erhofft. Der Außenseiter ging kurz vor der Pause durch den unverwüstlichen Goran Pandev überraschend in Führung, ließ sich auch vom Ausgleich der Deutschen nicht weiter irritieren und gewann durch ein spätes Tor von Eljif Elmas 2:1 (1:0). Nach der erstmaligen EM-Qualifikation konnte das Land damit gleich den nächsten größten Erfolg seiner Fußballgeschichte feiern.

Für Joachim Löw hingegen endete die vorletzte Etappe seiner Amtszeit als Bundestrainer mit der größtmöglichen Blamage. Der schöne Schwung, mit dem er in das EM-Jahr starten wollte, ist erst einmal dahin. „Die Enttäuschung ist erstmal groß, wenn man zuhause so verliert“, sagte Löw nach dem Spiel im Fernsehsender RTL. Und Kapitän Gündogan meinte: „Gefühlt waren sie zweimal vor unserem Tor und haben zweimal getroffen. Das darf natürlich nicht passieren.“

Nachdem Löw gegen Island und Rumänien zweimal dieselbe Startelf aufgeboten hatte, nahm er für das dritte WM-Qualifikationsspiel binnen einer Woche zwei Änderungen vor. Im Tor stand – erstmals seit November 2019 – Marc-André ter Stegen. Dazu rückte Robin Gosens für Lukas Klostermann ins Team. Auch taktisch war einiges neu. Can spielte in der Innenverteidigung, Matthias Ginter übernahm Klostermanns Platz rechts in der Viererkette.

Eine gewisse Nonchalance im deutschen Team war unübersehbar

Anders als in den beiden Spielen zuvor ähnelte die Grundordnung eher einem 4-2-3-1 mit Serge Gnabry in der Spitze, Kai Havertz als Zehner sowie Leroy Sané (rechts) und Ilkay Gündogan (links). Aber die Grundordnung schien nicht mehr zu sein als eine unverbindliche Empfehlung des Bundestrainers an seine Mannschaft. Alle Offensivspieler wechselten munter ihre Position. Der erwünschte Verwirrungseffekt bei den Gästen in der menschenleeren Duisburger Arena aber wollte sich nicht so recht einstellen.

Die Nordmazedonier mit ihrer Fünferabwehr standen erwartbar tief und ließen die Deutschen mit dem Ball zwar weitgehend machen, boten ihnen aber wenig Raum für das Spiel in die Tiefe. Trotzdem kam Löws Mannschaft zu einigen Chancen. Die beste hatte Leon Goretzka, dessen Schuss an der Latte des nordmazedonischen Tores landete. Serge Gnabry wiederum scheiterte entweder am Torhüter, trat am Ball vorbei, verfehlte das Tor – oder drehte noch einen überflüssigen Kringel. Damit stand er an diesem Abend nicht allein. Auch Havertz und Gündogan verfehlten in entscheidenden Momenten den passenden Moment zum Abschluss.

„Schneller! Schneller!“, forderte Torhüter ter Stegen immer wieder, oft ohne den erhofften Effekt. Doch der Anflug einer gewissen Nonchalance, der dieser Generation ohnehin nicht fremd ist, schien sich verschmerzen zu lassen, weil die Defensive mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu Werke ging und die Nordmazedonier nach vorne insgesamt wenig Gefahr verbreiteten. Erst fünf Minuten vor der Pause wurde es einmal brenzlig, als Ezgjan Alioski einen Freistoß so scharf vor das deutsche Tor zirkelte, dass ter Stegen gerade noch in letzter Sekunde reagieren konnte.

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Aber die Nordmazedonier haben eben auch noch Goran Pandev, 37 Jahre alt inzwischen, aber immer noch ein Fuchs auf dem Feld. Selbst Joshua Kimmich scheiterte bei seinem durchaus energischen Versuch, ihm den Ball abzujagen. Pandev ließ Kimmich einfach nicht an sich heran. In der Nachspielzeit stand er genau richtig, als er nach einem Querpass fünf Meter vor dem Tor völlig frei stand und ter Stegen ohne Mühe überwinden konnte.

Auch nach der Pause fahndete das deutsche Team vergeblich nach mehr Tempo. Löw wechselte früh, brachte Timo Werner und Amin Younes, einen ausgewiesenen Experten für enge Räume. Der Ausgleich aber resultierte kurz darauf aus einem Elfmeter, den Sané erzwang und Gündogan souverän verwandelte.

Die Nationalmannschaft mühte sich im Anschluss mit Macht, fand aber viel zu selten einen Weg durch das nordmazedonische Defensivdickicht – bis Gündogan zehn Minuten vor Schluss Werner perfekt freispielte. Doch der vergab geradezu kläglich. Das tat weh. Und nur fünf Minuten später sogar noch viel mehr. Als nämlich Elmas zum 2:1 für die Gäste traf.

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